Chemieunfall in den USA:Brennendes Leitungswasser

Leitungswasser - so verseucht, dass es brennt? Nach dem Chemieunfall in West Virginia kursiert ein unglaubliches Video im Netz. Was aussieht wie eine Fälschung, könnte durchaus echt sein.

In den USA sorgt ein Video aus dem US-Bundestaat West Virgina für Aufsehen, das am Samstag auf Youtube hochgeladen wurde. Das Video zeigt einen Mann, der ein Glas mit frischem Leitungswasser füllt und ein Feuerzeug an die Flüssigkeit hält. Daraufhin beginnt das Wasser zu brennen.

Youtube-Nutzerin Marci Wandling, die das Video online gestellt hat, erklärt:

"This video was taken by my husband in the morning hours of Saturday, 1/11/14, 3 days after the Charleston WV, chemical spill, as an experiment to check our water quality. They say our situation is not that bad. You be the judge."

In West Virginia wurde vergangenen Donnerstag der Notstand ausgerufen, nachdem bei einem Unfall in einer Chemieanlage das Lösungsmittel 4-Methylcyclohexanmethanol ins Leitungswasser gelangt war. Amerikanische Medien wie das Onlinenachrichtenportal The Wire verweisen auf das Video, um zu belegen, wie stark die Verseuchung sein muss.

Viele Youtube-Nutzer sind dennoch überzeugt, dass sie hier eine Fälschung gezeigt bekommen. "Das ist doch Wodka", kommentiert einer. Tatsächlich ist das Glas einige Sekunden nicht im Bild - genügend Zeit, um das Wasser gegen Alkohol oder eine Chemikalie auszutauschen.

"Das Video muss nicht zwangsläufig eine Fälschung sein", sagt dagegen Hans Böttcher, Professor für Chemie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Das Lösungsmittel 4-Methylcyclohexanemethanol ist leicht brennbar und hat eine geringere Dichte als Wasser. Daher könne es durchaus sein, dass kleine Mengen des Stoffes an die Wasseroberfläche gelangt seien und dort einen Ölfilm gebildet hätten, der angezündet werden konnte, so der Experte.

Für Süddeutsche.de tröpfelte Böttcher zwei vergleichbare Substanzen in ein Wasserglas und zündete sie an. "Ich war selbst überrascht, wie stark es bereits bei geringer Konzentration gebrannt hat", so der Chemieprofessor.

Obwohl die Behörden in West Virgina am Sonntag mitteilten, dass der Lösungsmittelgehalt im Leitungswasser gesunken sei, versorgt der Katastrophenschutz die Bevölkerung weiterhin mit unbedenklichem Trinkwasser aus Kanistern.

Wie gesundheitsschädlich die ausgetretene Chemikalie ist, steht nicht abschließend fest. Bisher werden zehn Menschen stationär behandelt, niemand von ihnen befindet sich jedoch in Lebensgefahr, berichtet CNN. Etwa 170 Patienten seien mit Beschwerden wie Übelkeit oder Schwindel in der Notaufnahme versorgt und wieder nach Hause geschickt worden.

Die Bürger dürfen mit dem Wasser aus ihren Leitungen weder duschen noch kochen oder ihre Kleidung waschen. Laut Gouverneur Earl Ray Tombling darf das Leitungswasser momentan nur für zwei Dinge benutzt werden: für die Toilettenspülung und zur Brandbekämpfung.

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