Drohende Insolvenz bei Strauss Innovation:Unterm Schutzschirm durch den Winter

Strauss Innovation unterm Schutzschirm

Sale bei Strauss Innovation: Mit Rabattaktionen hat die Modekette versucht, gegen die Krise zu kämpfen. Nun muss ein neues Konzept her.

(Foto: dpa)

Der gesamte Textilhandel hatte in Deutschland ein schwieriges Jahr. Die Modekette Strauss Innovation reagierte mit Rabatt-Aktionen - nun droht die Insolvenz. Ein Schutzschirm-Verfahren soll dem Traditionsunternehmen die nötige Zeit verschaffen, ein neues Konzept zu entwickeln.

Von Kirsten Bialdiga, Düsseldorf

Wer auf die aktuelle Internet-Seite von Strauss Innovation klickt, findet viel Rosa und Rot. T-Shirts, Blusen, Schuhe - alles in fröhlichen Farben. Mitten im Winter läutet die Einzelhandelskette schon das Frühjahr ein, während Konkurrenten noch versuchen, ihre Winterware zu verkaufen.

Die gute Stimmung im Netz hat seit Donnerstagmittag mit der Realität im Unternehmen nicht mehr viel zu tun. Die Kette mit derzeit rund 1400 Beschäftigten hat beim Amtsgericht Düsseldorf ein Schutzschirmverfahren beantragt, um eine Insolvenz abzuwenden. Damit hat Strauss Innovation zwei Monate Zeit, einen Sanierungsplan auszuarbeiten und drei Monate Aufschub. "Dieser Schritt ist nicht einfach, bietet jedoch dem Unternehmen in der jetzigen Situation die größtmöglichen Chancen", sagte Strauss-Geschäftsführerin Paula Minowa.

Nicht nur Strauss, der gesamte Textileinzelhandel in Deutschland hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Der Branchenumsatz sank durchschnittlich um zwei Prozent. Auch Karstadt und Kaufhof hatten zuletzt über ein schwaches Weihnachtsgeschäft berichtet. Neben der immer stärkeren Konkurrenz durch Online-Händler wie Zalando macht den Unternehmen vor allem der - zu späte - Wintereinbruch in diesem Jahr und die lange Kälteperiode im letzten Winter zu schaffen.

Schwacher Absatz bei Frühjahrskollektion und Gartenmöbeln

Strauss führt als Hauptgrund für die drohende Zahlungsunfähigkeit denn auch den deutlich schwächeren Absatz der Frühjahrskollektion 2013 und der Gartenmöbel an. Das Unternehmen habe mit deutlichen Rabattaktionen reagiert. Dies habe zu einem signifikanten Verlust im vergangenen Geschäftsjahr geführt, teilte Strauss mit, ohne konkreter zu werden.

Die Kette, die bundesweit 96 Filialen betreibt - vor allem in Nordrhein-Westfalen - und zuletzt rund 175 Millionen Euro Umsatz erzielte, wanderte in den vergangenen Jahren von einem Finanzinvestor zum anderen. Keimzelle des Unternehmens war 1902 ein Geschäft für Kurz- und Wollwaren in Düsseldorf, das die Eheleute Maria und Heinrich Strauss gründeten. Heute gehört die Kette zu hundert Prozent dem europäischen Arm des US-Investors Sun Capital Partners. Nach eigenen Angaben stärkte der Fonds das Eigenkapital mit einem zweistelligen Millionen-Euro-Betrag.

Sun Capital habe zu sehr darauf gesetzt, den Umsatz auszuweiten, und darüber Kostensenkungen vernachlässigt, heißt es in der Branche. Immer neue Sortimente und zu viele Artikel, die beim Kunden nicht den gewünschten Anklang fanden, hätten Strauss Innovation zuletzt in Schieflage gebracht. Die Probleme hätten sich schon seit einiger Zeit abgezeichnet.

Die Arbeitsagentur zahlt die nächsten drei Monate die Gehälter

Am Donnerstagabend wurde der Kölner Anwalt Andreas Ringstmeier als Sachwalter bestellt, der die Sanierung zusammen mit Arbeitnehmervertretern, Gläubigern und Geschäftsführung begleiten soll. Das Schutzschirmverfahren biete dem Unternehmen mehr Gestaltungsspielräume und drei Monate Aufschub, hieß es. So übernehme die Bundesagentur für Arbeit in den nächsten drei Monaten die Zahlung der Gehälter. Ein Schutzschirmverfahren kann dann beantragt werden, wenn absehbar ist, dass ein Unternehmen zum Zeitpunkt X voraussichtlich in Zahlungsschwierigkeiten gerät.

Die Strauss-Geschäftsführung setzt nun darauf, dass bereits eingeleitete Konzepte in den nächsten Wochen greifen. Dazu zählen neu gestaltete Shops, die klarer als bisher nach Themen strukturiert sein sollen und mit dem Eindruck eines Gemischtwarenladens aufräumen sollen.

Ob der Plan aufgeht, werden die Beschäftigten spätestens in drei Monaten erfahren, wenn die Frist abläuft.

Bei Neckermann war die Rettung nicht geglückt

Sun Capital ist im deutschen Einzelhandel kein Unbekannter. Der Finanzinvestor war auch beim Versandhändler Neckermann engagiert und konnte dort eine Insolvenz am Ende nicht verhindern.

Dort warf die Gewerkschaft Verdi dem Finanzinvestor vor, eine Sanierung zum Teil blockiert zu haben. So sollen die Amerikaner durchgesetzt haben, dass sie an den Verkaufserlösen für die Markenrechte beteiligt wurden.

Der US-Fonds habe zudem keinen Schritt auf die Beschäftigten zu gemacht. Ein weiterer Vorwurf lautete, dass zu geringe Investitionen getätigt wurden und der Finanzinvestor aus Neckermann vor allem Geld herausgezogen habe. Am Donnerstag wollte sich Sun Capital dazu nicht äußern. Die Inhaber-Familie hatte sich Ende der 90er Jahre von ihrem Unternehmen getrennt. 2008 ging das Unternehmen an den schwedischen Finanzinvestor EQT und erst danach an Sun Capital. Nach Informationen der Welt war der Verkauf an einen Investor vor Kurzem geplatzt.

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