Thomas Bach in Sotschi:Das alte neue IOC

Sotschi 2014 - Rodeln

IOC-Präsident Thomas Bach lässt sich mit Franz Beckenbauer in Sotschi ablichten.

(Foto: dpa)

Erst eine Debatte zur Olympischen Agenda, dann auch noch eine engagierte Rede zur Eröffnungsfeier in Sotschi: IOC-Präsident Thomas Bach will den Eindruck vermitteln, er mache vieles anders. Doch substanzielle Veränderungen sind nicht zu erwarten - und das sollte auch niemanden wundern.

Ein Kommentar von Johannes Aumüller

Thomas Bach macht vieles anders. Das ist die Botschaft, die Thomas Bach gerne von Thomas Bach vermitteln möchte. Deswegen hat der neue Präsident des Internationalen Olympischen Komitees in Sotschi zuerst stolz eine Debatte zur Olympischen Agenda 2020 moderiert. Und dann unterschied sich auch noch die Rede bei der Eröffnungsfeier am Freitag von der bekannten Form. Bach gab sich engagiert, erhob oft bedeutungsschwer seine Stimme und redete ungewöhnlich lang.

Doch abseits der Form ist nicht zu erwarten, dass sich im IOC etwas Substanzielles ändert - und das sollte auch niemanden wundern. Denn Bach ist nun keiner wie Papst Franziskus, der überraschend ins Machtzentrum rückte. Sondern eher ein karrierebewusster Aufsteiger. Über Jahre war Bach an zentraler Stelle im IOC tätig und damit mitverantwortlich für die Lage, wie sie heute ist.

Die Eröffnungsrede war da gleich ein gutes Beispiel. Für die kritische Weltöffentlichkeit hatte Bach kleine Köder integriert wie den Dank an die Arbeiter "unter manchmal schwierigen Bedingungen" - wobei mit Blick auf die menschenunwürdigen Umstände während der Bauarbeiten die Frage ist, ob die Formulierung nicht grenzwertig verharmlosend ist. Grund für ausführlichen Jubel war sie jedenfalls nicht, zumal Bachs Auftritt fast ausschließlich aus zwei Dingen bestand: überschwänglichem Lob für die Gastgeber trotz all der bekannten Verfehlungen - sowie Rechtfertigungsformeln für das Verhalten des IOC.

Entlarvend war dann, wie Bach die (abwesenden westlichen) Politiker ermahnte, ihre Kritik nicht auf den Schultern der Athleten auszutragen - wie aber ein paar Minuten später die letzten Stationen der Fackel gleich vier Personen ausführten, die für die Regierungspartei "Einiges Russland" in der Duma sitzen. Für solche politische Propaganda sind die Schultern der Athleten immer stark genug.

Ein anderer Aspekt: In Sotschi gab es im IOC auch zwei Personalwahlen. Bachs Nachfolger als Vize-Präsident wurde Yu Zaiqing, der in China unter anderem ein hohes Regierungsamt und einen wichtigen Posten im Bewerbungskomitee für die Spiele 2022 innehat. Und der allgemein geschätzte Kanadier Richard Pound verlor zum zweiten Mal binnen weniger Monate eine Wahl um einen Platz in der IOC-Exekutive - diesmal gegen den Türken Ugur Erdener.

Aber die nächste Chance, etwas anders zu machen, kommt schon bald: In fünf Monaten bestimmt der IOC-Vorstand, welche Städte sich Hoffnung auf die Ausrichtung der Winterspiele 2022 machen dürfen. Bisher sind Oslo, Peking, Krakau, Lemberg und Almaty im Rennen. Mal sehen, wer übrig bleibt.

Sotschi 2014
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