Slopestyle bei Olympia:Falsche Kante an der Tankstelle

Sotschi 2014 - Ski-Freestyle

Benedikt Mayr hat das Slopestyle-Finale in Sotschi verpasst.

(Foto: dpa)

Nach einem blöden Fehler am zweiten Hindernis verpasst Bene Mayr das Slopestyle-Finale in Sotschi. Nun ist die Frage: Wie kann der junge Sport in Deutschland erfolgreicher werden? Maßnahmen aus Großbritannien lehnen die Deutschen ab.

Von Carsten Eberts, Krasnaja Poljana

Die Enttäuschung ist schnell verflogen bei Benedikt Mayr, den alle nur "Bene" nennen. Er hat einen Fehler gemacht, das weiß er. Einen blöden sogar, gleich an der Rail. Er hätte sich das Finale im Slopestyle "sehr gewünscht", sagt Mayr, wie er da im Zielbereich steht: gelbe Jacke, Dreitagebart, die langen Haare hinters Ohr geklemmt.

Doch dieser Fehler beim zweiten Hindernis, der "Gas Station", der Tankstelle also. Mit der falschen Skikante aufgekommen, das Gleichgewicht verloren, im Training ist Mayr das nie passiert. "Wenn ich meinen Run zu 100 Prozent runtergebracht hätte, dann wäre ich im Finale", sagt Mayr und lächelt. Es waren nur 90 Prozent an diesem Morgen. Er kann einordnen, was da gerade passiert ist.

Wenn die deutschen Slopestyler bei Olympia ihre Tricks zeigen, geht es ohnehin um etwas mehr als gute Platzierungen oder gar Medaillen. Der Sport feiert in Sotschi seine Olympiapremiere - und für die deutschen Extremsportler ist das eine Standortbestimmung.

Lisa Zimmermann, gerade 17, galt als ernsthafte Medaillenkandidatin, stürzte jedoch. Mayr wurde nicht unbedingt so hoch eingeschätzt, kam erst als Nachrücker nach Sotschi. Erst Anfang Februar, auf der Skipiste, erfuhr Mayr, dass er am nächsten Morgen um fünf im Flieger sitzen sollte. Die Olympia-Teilnahme an sich ist sein größter Erfolg.

Man könne grundsätzlich zufrieden sein, was die junge Verbandssparte innerhalb des DSV in nur anderthalb Jahren auf die Beine gestellt habe, sagt Heli Herdt, der Sportliche Leiter beim DSV. Sotschi sei "die erste wirkliche Standortbestimmung" gewesen. Herdt sagt: "Wir wissen jetzt, wo wir stehen."

Nicht ganz vorne, aber auch nicht ganz weit weg von der Spitze, findet Mayr. "Die Top 25 fahren alle auf dem gleichen Niveau", sagt er. Er sei bei seinem zweiten Run Risiko gegangen. Andere hätten ihre Tricks gestanden, Mayr eben nicht. "Bene hat gezeigt, dass er auf Weltklasseniveau Skifahren kann", sagt auch Bundestrainer Thomas Hlawitschka: "Es gibt keinen Grund, jetzt traurig zu sein. Das war ein cooler Tag."

Kein Geld für Teppichhallen

Wie es besser werden kann, ist trotzdem die Frage, die die deutschen Freestyler beschäftigt. Snowboard-Germany-Präsident Hanns-Michael Hölz hat unlängst Investitionen in die Infrastruktur gefordert. Deutschland brauche eine eigene Halfpipe, sagte Hölz in Sotschi, die Kosten liegen bei 1,5 bis 2,5 Millionen Euro. "Um 2018 in Pyeongchang und 2022 wettbewerbsfähig zu sein, muss man die Wettkampfstätten schaffen", sagt Hölz.

Auch Heli Herdt macht sich im Zielbereich seine Gedanken. Der Sportliche Leiter spricht ebenfalls von verbesserter Infrastruktur und dem Aufbau weiterer Trainerteams. Slopestyle habe nun "den gleichen Stand, den wir nach Vancouver mit Skicross hatten", sagt Herdt. Das war 2010, danach hatten die Skicrosser Zeit, an ihren Strukturen zu arbeiten. "Wir müssen schauen, dass wir im Snowboard und Slopestyle 2018 voll dabei sind", sagt auch Mayr. Er ist erst 24, Olympia in Pyeongchang eine realistische Option.

Vom Bau sogenannter Dry Slopes, wie sie es beispielsweise in Großbritannien zuhauf gibt, hält Mayr nichts. Dry Slopes sind künstliche Teppichhallen, die auf dem flachen Land stehen. Nicht geeignet, um Leistungssport zu betreiben, wohl aber, um die Jugend an den Sport heranzuführen.

"Für Deutschland ist das nichts", sagt Mayr: "Man lernt nicht Skifahren auf den Dry Slopes. Ich bin fest überzeugt, dass die Briten keine guten Allroundskifahrer sind." Auch Bundestrainer Hlawitschka sagt: "Ich kann mir das in Deutschland nicht vorstellen." Gerade der Süden Deutschlands habe seine Berge. Die sollten genutzt werden, und nicht Geld in Teppichhallen investiert werden. Die Frage ist, ob damit eine Chance vertan wird.

Für das Slopestyle-Finale, das der Amerikaner Joss Christensen mit zwei fehlerfreien Runs gewinnt, hat sich auch der Brite James Woods qualifiziert. Er gehört zu den besten der Szene, wird schließlich Fünfter. Woods hat das Slopestyle-Skifahren - so ist überall bekannt - auf englischen Dry Slopes gelernt. Für die Medaillenränge reicht es nicht ganz: Die sind zwei weiteren Amerikanern vorbehalten, Gus Kenworthy und Nicholas Goepper.

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