Deutsche Stürze bei Olympia:Auftritt der Super-Clowns

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Tragisch: Stefan Luitz fädelt am letzten Tor ein. (Foto: REUTERS)

Langläufer Tscharnke, Alpinist Luitz, Kombinierer Rydzek: Die Deutschen fallen bei Olympia mit kuriosen und tragischen Stürzen auf. Von Konkurrenten werden sie bisweilen ausgelacht - sie selbst reagieren mit Humor.

Von Carsten Eberts, Krasnaja Poljana

Deutsche Sportler werden in fremden Ländern gerne als Maschinen bezeichnet. Der FC Bayern dient da nun wieder als Beispiel, der in der Champions League über alles und jeden hinwegwalzt. Oder früher die Nationalelf, wenn ein Länderspiel - frei nach Gary Lineker - 90 Minuten dauerte und am Ende doch wieder die Deutschen gewannen.

Zu den Maschinen gehören auch deutsche Rodelschlitten, die wie an einer Schnur gezogen durch den Eiskanal flitzen und am Wegesrand sämtliche Goldmedaillen einsammeln. Nun sind deutsche Rodelschlitten so ziemlich die einzig verbliebenen Wintersport-Maschinen, die das Land noch hat. Andernorts geht es eher unmaschinig zu.

"Die sind für mich die Super-Clowns", hat Magnus Moan über die Deutschen gesagt. Ein hartes Urteil, aber er durfte sich das erlauben. Der Norweger war zuvor in der Nordischen Kombination auf die Zielgerade eingelaufen, drei Deutsche sprinteten vor ihm, ehe Fabian Rießle und Johannes Rydzek in der letzten Kurve kollidierten. Moan, der wohl nur Vierter oder Fünfter geworden wäre, staunte über so viel Uneinigkeit und schlüpfte vorbei zu Silber.

Die slapstikhaften Gebrüder R (Rießle & Rydzek) sind kein Einzelfall. Seit Tagen fallen die Deutschen bei Olympia durch kuriose Stürze auf, die Bilder gehen um die Welt und amüsieren diejenigen, die noch das Bild der unbeirrbaren Maschinen im Kopf haben. Etwa der Skifahrer Stefan Luitz, der seinen Riesenslalom-Lauf beinahe ins Ziel gebracht hatte, ehe er am letzten Tor ohne Not einfädelte. Oder Tim Tscharnke, der Langläufer, der sich im Zielsprint bäuchlings in den Schnee legte und statt auf dem Podest nur auf Platz sieben landete.

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:Der Horror lauert am letzten Tor

Der Pechvogel im Riesenslalom heißt Stefan Luitz. Der deutsche Skifahrer ist auf Medaillenkurs, fährt eine hervorragende Zeit heraus, nur der US-Amerikaner Ted Ligety ist schneller. Doch dann kommt das verflixte letzte Tor.

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Super-Clowns also, so heißen die Deutschen jetzt. Die Stürze selbst sind kaum zu vergleichen, auch ein generelles Kopfproblem scheidet als Ursache aus. Luitz war einen Moment lang sehr unkonzentriert, die Kombinierer taktisch nicht sonderlich geschickt. Tscharnke wurde vom Spurwechsel eines Finnen überrascht. Stürze gehören zum Wintersport dazu, so wird es immer sein.

Die Deutschen begegnen ihren Tölpeleien mit Galgenhumor, und da sind sie schon wieder sehr nah bei Magnus Moan. Luitz stand nach seinem Einfädler im Zielbereich, kratzte sich am Kopf und ernannte sich selbst in aller Öffentlichkeit zum "Vollidioten". Er war mit dem Kopf wohl schon über der Ziellinie, sagte Luitz, und hatte mal eben das letzte Tor vergessen.

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:Gerangel auf den letzten Metern

Fabian Rießle kegelt Johannes Rydzek aus den Medaillenrängen, Björn Kircheisen gerät ins Straucheln: Die deutschen Kombinierer bringen sich selbst um den Sieg in Sotschi.

"Hätte ich gewusst, dass wir so viel Vorsprung haben, hätte ich mir beim Aufstehen mehr Mühe gegeben", kommentierte der Langläufer Tscharnke. Er hatte den anderen beiden Läufern aus dem Spitzentrio so lange ungläubig hinterhergeblickt, bis ihn noch vier weitere überholten.

Die Slapstick-Kombinierer motzten sich im Zielbereich noch kurz an, ehe sie sich vor laufender Kamera zum "Friedensbier" verabredeten. Am Donnerstag wollen sie gemeinsam Gold in der Staffel holen.

Für den Medaillenspiegel wäre es aus deutscher Sicht nicht schlecht gewesen, hätten sich Luitz, Tscharnke und die Gebrüder R ihre Fehler gespart, wie Maschinen das so tun. Doch das Bild der sympathischen Verlierer, das gerade um die Welt geht, ist auch nicht so schlecht.

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