Olympisches Silber für Kombinierer:"Ich konnte einfach nicht vorbei"

Nordic Combined - Winter Olympics Day 13

Der Norweger Jørgen Graabak jubelt, Fabian Rießle liegt geschlagen im Schnee.

(Foto: Getty Images)

Seit 26 Jahren warten die deutschen Kombinierer auf olympisches Gold im Teamwettbewerb - diesmal fehlen 0,3 Sekunden. Grund: Die Norweger verhalten sich im kurvigen Zielbereich cleverer.

Von Carsten Eberts, Krasnaja Poljana

Fabian Rießles Ski steckte im Schnee, der andere lag im rechten Winkel daneben. Auch Rießle hatte sich abgelegt, seine Lungen arbeiteten wie wild. Er war gesprintet, so schnell er konnte, doch er hatte das Duell verloren. Einen Zielsprint, den er eigentlich nicht gewinnen konnte.

Als Erster war der norwegische Schlussläufer Jørgen Graabak ins Russki-Gorki-Skisprungstadion eingelaufen. Rießle direkt dahinter - und das war sein Problem. Er versuchte zu attackieren, auf der Außenbahn vorbeizukommen, nach jeder Kurve. Doch Graabak machte sich breit.

Am Ende fehlten wenige Zentimeter. Oder 0,3 Sekunden.

Die Anlage in Krasnaja Poljana hat ihre Tücken. Die Organisatoren wollten die Langlaufstrecke der Nordischen Kombinierer unbedingt im Skisprungstadion enden lassen, um den Zuschauern dieses Spektakel zu ermöglichen. Drei sehr enge Kurven schlängeln sich durch den Aufsprungbereich, in denen das Überholen kaum möglich ist.

Wer am Anfang des Kurvengewirrs in Führung liegt, gewinnt mit hoher Wahrscheinlichkeit das Rennen. So kam es dann auch. Rießle hatte nach der letzten Kurve noch 40, vielleicht 50 Meter, um Graabak zu überholen. Zu wenig, wenn der Norweger nach der Kurve zwei bis drei Meter Vorsprung hat. "Jørgen ist ein großer Athlet", sagte Rießle, "er hat das gut gemacht."

Nach dem Skispringen am Mittag, das die Deutschen noch gewonnen hatten, war Eric Frenzel mit 25 Sekunden Vorsprung auf den drittplatzierten Norweger in die Loipe gegangen. Dazwischen lagen die Österreicher, sieben Sekunden zurück. Doch Frenzel ist nach seinem Infekt nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, jeder konnte es sehen.

Schon nach zwei Kilometern war der Vorsprung aufgebraucht. "Es wäre ein Traum gewesen, wenn Eric ein bisschen was vom Vorsprung hätte weitergeben können", sagte Bundestrainer Hermann Weinbuch. Björn Kircheisen und Johannes Rydzek hielten die Mannschaft in eben dieser Dreiergruppe mit Norwegen und Österreich, bis der sprintstarke Rießle schließlich übernahm. Der hatte sich einen anderen Plan zurechtgelegt, erzählte er später.

Kircheisen will noch nicht an die Zukunft denken

Diesmal sollte die Taktik aufgehen, nicht wie im Einzelrennen vor wenigen Tagen, als sich die Deutschen auf der Zielgerade selbst über den Haufen rannten und um mehr als eine Bronzemedaille brachten. Rießle wollte diesmal schon am Berg attackieren, sich in die zweite Position bringen, um auf der Geraden vor dem Stadion vorbeizuziehen. Er sei "ein bisschen eingeklemmt" gewesen, berichtete Rießle: "Ich konnte einfach nicht vorbei. Das hatte ich mir anders vorgestellt."

Auch Bundestrainer Weinbuch haderte kurz mit der Olympia-Loipe. "Die Streckenführung ist ein bisschen unglücklich", sagte er. Dies sei auch schade für die Zuschauer: "Das ist kein Zieleinlauf, bei dem noch was passiert." Doch die Deutschen wussten vorher, welche Möglichkeiten die Strecke bietet - und welche eben nicht. "Die Cleverness hat gewonnen", urteilte Weinbuch. Und die Norweger waren cleverer.

So sprang am Ende wieder nur Platz zwei heraus. Seit 26 Jahren warten deutsche Kombinierer bei Großereignissen nun schon auf Mannschaftsgold. Um 0,3 Sekunden hielt die Serie auch diesmal. "Eines Tages werden wir ganz oben stehen", sagte Sportdirektor Horst Hüttl ein wenig trotzig.

Kircheisen, für den es ebenfalls zum wiederholten Male Silber ist, mochte noch nicht an die Zukunft denken. Sein Fazit des Tages fiel denkbar knapp aus: "Irgendetwas fehlt immer."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: