"Der Wagner-Clan" im ZDF:Alles mit Musik

Der Clan. Die Geschichte der Familie Wagner - Iris Berben und Justus von Dohnányi

Iris Berben als Cosima Wagner und Justus von Dohnányi als Richard Wagner im ZDF-Film "Der Wagner-Clan".

(Foto: Hannes Hubach/ZDF)

Eifersucht, Neid und Machtgier in einer Künstlerfamilie - das ist herrlicher Stoff für eine deutsche Seifen-Oper. "Der Wagner-Clan" im ZDF erzählt von den Kindern der Elternmonster Richard und Cosima.

Von Harald Eggebrecht

Dass Richard Wagner zwar ein Genie, aber gewiss alles andere als sympathisch war, hat sich herumgesprochen. Dass seine zweite Ehefrau Cosima, Tochter des großen Franz Liszt, eine machtbewusste, starrsinnige, dabei hochbegabte Person war, die das Erbe ihres vergötterten Gatten mit allen Fasern und Mitteln verteidigt und damit bewahrt hat, ist unumstritten. Aber angenehm war sie gewiss auch nicht.

Kinder solcher Elternmonster haben es schwer. Die Töchter Isolde und Eva und der Sohn Siegfried konnten und durften sich nur in deren Schatten entwickeln, immer im Bewusstsein, Kinder des "Meisters" und seiner Prophetin zu sein. Tatsächlich zeigt die Geschichte dieser Wagner-Brut wie die ihrer Nachkommen bis heute, dass es zwischen den Mitgliedern dieser Familie nach außen vermeintlich vornehm, pietätvoll und hochsinnig der Kunst Wagners geweiht zugehen mochte, nach innen aber Rivalität, Eifersucht, Neid, Intrigantentum, Verlogenheit, Scharlatanerie und Machtgier die stärksten Impulse gesetzt haben. Für Melo- und Kinodramen wie geschaffen - ein herrlich vielfiguriger und vielschichtiger Stoff.

Erfolgreiche Intrigen

Der von Oliver Berben und Gero von Boehm fürs ZDF produzierte Film Der Wagner-Clan in der Regie von Christiane Balthasar versucht, diesen Stoffschatz ein wenig zu heben, indem er Wagners Genie und Musik lieber gleich an den Rand schiebt, zum Glück jegliche Stabreimerei beiseite lässt und sich exklusiv auf die Familienverstrickungen der ersten Nach-Wagner-Generation und die beherrschende Rolle Mutter Cosimas konzentriert.

Es geht um die Leitung der Festspiele und des Clans nach Cosima. Isolde scheint alle Voraussetzungen zu besitzen, eine phantasievolle, starke Persönlichkeit und vor allem Mutter des ersten Wagner-Enkels, hervorgegangen aus ihrer Ehe mit dem jungen Dirigenten Franz Beidler. Doch die Schwester Eva und ihr Gatte, der Antisemitismustheoretiker Houston Stewart Chamberlain intrigieren erfolgreich bei Cosima. Schließlich versucht Isolde, obwohl sie de facto unzweifelhaft Wagners und Cosimas erstes Kind ist, per Vaterschaftsklage ihre Anrechte auf Bayreuth und das Wagnererbe zu sichern. Vergeblich, weil sie de jure keine Wagner-Tochter ist, denn Cosima war bei ihrer Geburt noch mit Hans von Bülow verheiratet. Da die Eva-Ehe kinderlos bleibt, muss Siegfried trotz Homosexualität ran, den die Festspiele für den Clan erhaltenden Nachwuchs zu zeugen mit Winifred, die dann Hitler fanatisch unterstützt. Die Isolde-Linie bleibt ausgeschlossen, die Siegfried-Linie gewinnt.

Das Bonmot von Karl Kraus, dass das Wort Familienbande einen Beigeschmack von Wahrheit habe, trifft das, was sich bei den Wagners in Bayreuth abspielte, wie die Faust aufs Auge. Iris Berben soll "Herrin" Cosima sein, diese aggressive Antisemitin und unerbittliche "Gralshüterin" von Wagners Geist und Idee. Doch für die Härte, scharfe Kontur, Unnahbarkeit und berechnende Raffinesse dieser monumentalen Frauengestalt hat Berben vor allem Starrheit parat, Gesicht und Aura bleiben bei aller verkniffenen Unerbittlichkeit zu freundlich-sympathisch. Und ganz so steif wird Cosima, diese leidenschaftliche, durchaus von enormen Gefühlsenergien durchpulste "Herrin" nicht gewesen sein. Heino Ferch verkörpert einen stets nach neuester Schnurrbartmode hergerichteten Gentleman-Drahtzieher, den fürchterlichen, sich wissenschaftlich gebenden Antisemiten Houston Stewart Chamberlain. Der möchte gern Isolde, muss sich aber mit der weniger attraktiven Eva begnügen.

Eheliche Pflichten im Anzug

Sehenswert machen diese redlich bemühte Wagner-Soap-Opera vor allem die strahlende Petra Schmidt-Schaller als beschwingte und dann kämpferische Isolde und Lars Eidinger als Siegfried. Die Facetten des Wagner-Sohns von seiner Homosexualität über die Mutterhörigkeit bis zum Einknicken vor der Familienräson mit nachfolgender Heirat vermag Eidinger ungemein geschmeidig und flexibel darzustellen. Man glaubt ihm die zaghaften Dandykühnheiten genauso wie die willensschwachen Feigheiten, wenn es darum geht, seine ihn immer verteidigende Schwester Isolde aus dem Clan auszustoßen. Das Dirigieren allerdings ist lachhaft.

Eine der besten Sequenzen charakterisiert die drei Paare - Isolde und Beidler, Eva und Chamberlain, Siegfried und seinen Freund Dorian - in witziger Parallelmontage fast ohne Worte beim Eheakt: Chamberlain vollzieht die ehelichen Pflichten im Anzug, Siegfried gibt sich Dorian im Wasser hin, und Isolde und ihr Künstler treiben es vergnügt nackt auf zusammenbrechendem Bett.

Während die erste Hälfte der Produktion passabel geraten ist, hat man's gegen Ende hin sehr eilig, Schlag auf Schlag: Winifred kriegt Siegfried, die vier Wagner-Enkelkinder sind schwuppdiwupp da, Friedelind ist rebellisch, Cosima stirbt in schwerem Kitsch, und vor der Tür steht schon Onkel Wolf, wie Hitler bei den Wagner-Enkeln hieß.

Der Wagner-Clan, ZDF, Sonntag, 20.15 Uhr.

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