Maria Höfl-Riesch im Slalom:Pech und Blech

Skirennfahrerin Maria Höfl-Riesch

Traum geplatzt: Maria Höfl-Riesch gewinnt in ihrem letzten Olympia-Rennen keine Medaille

(Foto: dpa)

Tränen zum Abschluss: Maria Höfl-Riesch beendet ihre letzten Olympischen Spiele mit einem fehlerhaften zweiten Slalomlauf und landet auf Platz vier, hinter Mikaela Shiffrin, Marlies Schild und Kathrin Zettel. Immerhin: Viel Zeit zum Trauern hat sie nicht.

Von Michael Neudecker, Krasnaja Poljana

Es bieten sich allerlei Wortspiele mit dem Begriff "Blech" an, am Freitag ist in dieser Hinsicht vieles schon zu lesen gewesen. "Blech und Pech" war das Naheliegendste, "Deutschlands Blechsträhne" dagegen schon etwas inspirierter, auch nicht schlecht: "Pleiten, Blech und Pannen".

Das mit dem Blech ist ein bisschen gemein, Blech ist ja der symbolisch gemeinte Preis für den Viertplatzierten, also denjenigen, der sich bei sportlichen Großereignissen immer als erster Verlierer fühlt. Maria Höfl-Riesch ist Vierte geworden im Slalom am Freitag, und jetzt ist es tatsächlich so, dass Deutschland dadurch die alleinige Führung in der inoffiziellen Blechwertung übernommen hat. Zehn vierte Plätze, das hat sonst keine Nation in Sotschi geschafft.

"Man muss in der Niederlage die Fairness haben zu sagen, die anderen waren besser", sagt Maria Höfl-Riesch, als sie eine halbe Stunde nach ihrem Lauf in der Interviewzone steht, "und nichts anderes ist der vierte Platz bei Olympia: eine Niederlage". Sie hätte das Kapitel Olympia gerne anders abgeschlossen, natürlich, aber "so ist es halt", sagt sie. Ihrer Stimme ist anzuhören, dass die letzten Tränen noch nicht lange getrocknet sind.

Die Slalomstrecke in Krasnaja Poljana ist 572 Meter lang, Maria Höfl-Riesch ist am Freitagabend um kurz nach halb neun Uhr Ortszeit also auf ihre letzten 572 Meter Olympia gestartet, "eine tolle Atmosphäre" sei es gewesen, fand sie. Die Slalomrennen bei diesen Spielen sind Flutlichtrennen, und auch wenn die Tribüne im zweiten Lauf kaum halbvoll war, reicht schon die Nacht über der Strecke, um ein besonderes Flair zu erschaffen. Maria Höfl-Riesch hat schon vorher häufiger gesagt, dass dies ihre letzten Olympischen Spiele sein werden, "eine Medaille zum Abschluss wäre ein Traum", das hat sie noch nach dem ersten Lauf gesagt.

572 Meter, das ist nicht viel, es gibt kaum kürzere Slalomstrecken. Aber manchmal können 572 Meter trotzdem quälend lang sein.

Schnell weg aus Sotschi

Nach dem ersten Durchgang sah es noch gut aus: Höfl-Riesch war Zweite, nur 49 Hundertstelsekunden hinter der Amerikanerin Mikaela Shiffrin. Gewiss hatte sie da auch von ihrer Startnummer drei profitiert, die Piste war wegen des stundenlangen Regens vor dem Rennen stark aufgeweicht, "man ist richtig eingesunken", sagt Höfl-Riesch. Alle sanken ein bisschen ein, alle hatten Probleme mit der gebrochenen Piste, alle, außer Mikaela Shiffrin.

Die Amerikanerin fuhr, wie sie immer fährt, schnell, direkt, ohne ihre Linie zu verlieren. "Mikaela ist unter allen Bedingungen gut", sagt Marlies Schild, die Österreicherin, nach dem Rennen, sie blickt zu Shiffrin, die neben ihr sitzt. Schild ist Zweite geworden, vor der Österreicherin Kathrin Zettel, und hinter Shiffrin. Marlies Schild hat damit in drei aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen stets eine Medaille im Slalom gewonnen, Mikalea Shiffrin ist nun mit 18 Jahren und 345 Tagen die jüngste Slalom-Olympiasiegerin der Ski-Geschichte.

Maria Höfl-Riesch hätte mit einer Goldmedaille gleichziehen können mit dem Norweger Kjetil-Andre Aamodt und der Kroatin Janica Kostelic, den einzigen Alpinen, die bislang vier Goldmedaillen bei Olympia gewannen, aber so kam es nicht. Shiffrin war nicht zu schlagen an diesem Tag. Shiffrin sei "der Wahnsinn", sagt Maria Höfl-Riesch.

Im zweiten Durchgang machte Shiffrin zwar einen Fehler, der sie beinahe aus dem Kurs katapultiert hätte, aber sie fand schnell zurück in ihre Spur, am Ende hatte sie 0,53 Sekunden Vorsprung auf Schild. Maria Höfl-Riesch war da schon klar, wie dieser Abend für sie ausgehen würde.

Bessere Piste, mehr Fehler

Sie sei aufgeregt gewesen vor dem zweiten Durchgang, zugleich aber auch konzentriert, sagt Höfl-Riesch, "sie war gut drauf", sagt Wolfgang Maier, der Alpindirektor. Dann aber machte sie - trotz der wegen der abendlichen Kälte inzwischen deutlich besseren Pistenverhältnisse - mehrere Fehler. Platz drei und am Start noch eine wie Shiffrin, die Hoffnung auf ihre insgesamt elfte Medaille bei Großereignissen war da nur noch winzig. "Sehr bitter", sagt Maier, "aber so ist der Sport", es fällt ihm so schwer wie Maria Höfl-Riesch, die Enttäuschung zu verbergen.

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Eigentlich hatte Höfl-Riesch ihren Rückflug nach Hause erst für Sonntag gebucht, "aber wir versuchen jetzt, umzubuchen", sagt sie: auf Samstag. Sie will schnell weg aus Sotschi, sie muss, es geht ja gleich weiter in ihrem Terminplan: Am Montag ist sie beim Empfang der deutschen Athleten durch Bundespräsident Joachim Gauck, am Mittwoch fliegt sie nach Crans Montana, zum Weltcuprennen, danach reist sie gleich weiter nach Are in Schweden, und die Woche drauf ist das Weltcupfinale in Lenzerheide. "Das wird heftig", sagt Maria Höfl-Riesch, aber ein enger Terminkalender hat auch Vorteile: Er kann dabei helfen, Blech zu vergessen.

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