Fall Edathy:Verzicht auf Zwillen und Luftballons

Es werde keinen Kuhhandel geben, haben SPD, CDU und CSU nach dem Spitzentreffen im Kanzleramt im Fall Edathy versprochen. Trotzdem hat die Affäre Folgen für das Kräfteverhältnis in der großen Koalition. Was die Union jetzt von den Sozialdemokraten verlangt.

Von Robert Roßmann und Christoph Hickmann, Berlin

Der Union hätte kaum etwas Besseres als die Edathy-Affäre passieren können: Ihre Mitglieder sind im Furor gegen die SPD jetzt vereint wie lange nicht mehr. Den geschassten Hans-Peter Friedrich vermisst seit seinen "Winkeladvokaten"-Ausfällen kaum noch einer.

Und die gerade noch enteilten Sozialdemokraten sind auf einmal in der Defensive. Kein Wunder also, dass selbst den Nicht-Mehr-Doktor Andreas Scheuer an diesem Montag der Übermut treibt. SPD-Chef Sigmar Gabriel müsse schauen, "dass er seinen Laden in den Griff bekommt", ätzt der CSU-Generalsekretär über den Koalitionspartner.

Die Union will die neue Schwäche der Sozialdemokraten auskosten. Nach dem Spitzentreffen im Kanzleramt vor einer Woche hatte Horst Seehofer zwar verkündet, es dürfe jetzt "unter keinen Umständen einen Kuhhandel geben", dies sei "die Auffassung aller drei Parteivorsitzenden". Damals war gemutmaßt worden, die SPD müsse wohl einige Konzessionen an den CSU-Chef machen - etwa bei der Energiewende oder der Pkw-Maut.

Einen solchen offenen Kuhhandel scheint es jetzt wirklich nicht zu geben, das würde bei den Wählern auch nicht gut ankommen. Inzwischen zeichnet sich jedoch ab, was die Union als Gegenleistung verlangt: Die SPD soll aufhören, Dinge zu fordern, die nicht im Koalitionsvertrag stehen. Und sie möge ihre Attacken auf die Union beenden.

Gabriel und sein Fraktionschef Thomas Oppermann müssten endlich "erkennen, dass es nicht hilft, jeden Tag einen SPD-Luftballon steigen zu lassen", sagt CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Unabgesprochene Vorstöße wie der von Manuela Schwesig für eine Familienzeit hatten die Union ziemlich verärgert - genauso wie die Attacken von SPD-Vize Ralf Stegner oder SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi.

"Dem Kollegen Stegner die Zwille wegnehmen"

Tauber kleidet den Unmut seiner Partei über die SPD in den Satz, es gebe "Freunde in der Union, denen eine kleine Träne aus dem Auge läuft, wenn sie daran denken, dass sechs Mandate zur absoluten Mehrheit gefehlt haben". Der CDU-Generalsekretär hat deshalb gleich noch eine zweite Forderung an die SPD: Wenn Gabriel und Oppermann es schafften, "dem Kollegen Stegner die Zwille wegzunehmen, mit der er immer mal auf die Falschen schießt", wäre das ziemlich hilfreich.

Die SPD allerdings ist am Montag mehr mit sich selbst als damit beschäftigt, auf den Koalitionspartner zu schießen. In einer Telefonkonferenz des Präsidiums geht es noch einmal um das Parteiordnungsverfahren gegen Sebastian Edathy. Der SPD-Vorstand hat dieses Verfahren eine Woche zuvor mit dem einstimmigen Beschluss eingeleitet, Edathys Mitgliedsrechte von sofort an ruhen zu lassen.

Nun macht sich das Präsidium daran, eine Begründung für den umstrittenen Beschluss zu formulieren. Das Verfahren kann theoretisch mit dem Rauswurf Edathys enden. Es kann aber auch ganz anders ausgehen, wie etwa bei Thilo Sarrazin, der am Ende in der SPD blieb.

Generalsekretärin Yasmin Fahimi hat nach der Schaltkonferenz die Aufgabe, das harte Vorgehen der SPD-Spitze zu begründen. Was Edathy bereits eingeräumt habe (also den Erwerb von Bildern nackter Jungen), widerspreche eindeutig "unserer politischen Programmatik", sagt sie. "Es kann hier nicht um Meinungsfreiheit gehen." Man gehe aber "ergebnisoffen" in das Verfahren.

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