Prozess in Den Haag:UN-Gericht eröffnet Völkermord-Verfahren gegen Serbien

Zehntausende Kroaten waren im Krieg im früheren Jugoslawien in die Flucht getrieben und getötet worden, Dörfer wurden zerstört. Kroatien macht dafür Serbien verantwortlich - das Land reicht eine Gegenklage ein. Jetzt muss das höchste UN-Gericht entscheiden.

Mehr als 20 Jahre nach dem Bürgerkrieg im früheren Jugoslawien hat der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag ein Völkermord-Verfahren gegen Serbien eröffnet. Das Land habe sich von 1991 bis 1995 schuldig an "systematischem Genozid" gemacht, sagten die Rechtsvertreter Kroatiens am Montag vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen.

"Serbien schürte, organisierte und ermöglichte den Völkermord", sagte die Völkerrechtsprofessorin Vesna Crnic-Grotic. Mehr als 13 500 Kroaten seien getötet worden. Das Land forderte eine Verurteilung Serbiens wegen Verletzung der Völkermord-Konvention sowie Entschädigungszahlungen.

Bei der bis zum 1. April dauernden Verhandlung will Kroatien nachweisen, dass Serbien die sogenannte "ethnische Säuberung" in Kroatien geplant hatte. Ziel der Führung unter dem damaligen jugoslawischen Staatspräsidenten Slobodan Milosevic war demnach "ein ethnisch homogenes Groß-Serbien". Mit militärischer Gewalt sollte der nicht-serbische Teil der Bevölkerung vernichtet werden. Im Mittelpunkt der Beweisführung Kroatiens soll die Zerstörung der ostkroatischen Stadt Vukovar im Jahr 1991 stehen.

Serbien reicht Gegenklage ein

Kroatien hatte die Klage bereits 1999 eingereicht. "Dies sind keine historischen Ereignisse", betonte die Rechts-Vertreterin des EU-Mitgliedstaates. Serbien weigere sich, seine Verantwortung für die Verbrechen anzuerkennen und Schuldige anzuklagen. Versuche beider Länder, den Konflikt außergerichtlich zu lösen, waren gescheitert.

2010 hatte Serbien daher eine Gegenklage vor dem Internationalen Gerichtshof eingereicht, die ebenfalls während des Verfahrens behandelt werden soll. Das Land verweist auf mehr als 6500 Tote, etwa 1600 Vermisste und auf mehr als 200 000 vertriebene Landsleute. Sie waren bei der Rückeroberung der Serbenrepublik Krajina vom kroatischen Militär aus dem Land geworfen worden, wie die Deutsche Welle zum Prozessauftakt berichtet. Die Vertriebenen gehörten demnach der serbischen Minderheit in Kroatien an, die vor dem Krieg etwa 600 000 Personen umfasste.

2007 hatte das UN-Gericht Serbien in einem ähnlichen Völkermord-Verfahren, das damals von Bosnien angestrengt worden war, freigesprochen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: