Fahri Yardim im "Tatort":Genial aus dem Hintergrund

Lesezeit: 2 min

Guter Cop: Fahri Yardim als Yalcin Gümer. (Foto: NDR/Marion von der Mehden)

Til Schweiger ballert, schreit, drischt und plustert sich durch den "Tatort", als würde er gegen den Rest der Welt antreten. Gut so - denn damit lässt er Platz für den eigentlichen Hamburger Helden.

Von Carolin Gasteiger

Mit bedeutungsschwangerer Miene blickt Nick Tschiller über Hamburg und sagt den ebenso bedeutungsschwangeren Satz: "Und dann ficken wir sie alle." Spätestens in der Szene, als der Hamburger Ermittler in seinem jüngsten Fall " Kopfgeld" in markiger Sprache einen Feldzug für Gerechtigkeit heraufbeschwört, gegen die Albaner, die Mafia und die Päderasten - zu diesem Zeitpunkt ist Tschiller endgültig der Hybris verfallen.

Auch in seinem zweiten "Tatort"-Auftritt schert sich der cholerische SEK-Beamte einen Dreck um Vorschriften oder Absprachen, lässt seine Kollegen immer wieder stehen, um die Dinge im Alleingang zu klären. Tschiller gegen den Rest der Welt. Die vulgäre Sprache (den Verteidiger des Astan-Clans nennt er "Fotze") und Tschillers finsterer Blick tun ein Übriges. Aber Schweiger das nun vorwerfen? Iwo. Denn trotz aller Kritik muss man ihm eines zugutehalten: Er tut das nicht für sich. Er tut das für Fahri Yardim.

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Der gibt als Yalcin Gümer einen hervorragenden Gegenpol zum knallharten Kommissar und schafft es, dass der "Tatort" trotz all dem Geballer funktioniert. Sein gewieftes Taktieren und sein Witz kommen umso besser heraus, je absurder Tschillers Superhelden-Gehabe wird. Wo Schweiger vor lauter Pathos zu platzen droht, liefert Yardim die Gags, Tschillers Attitüden entzaubert Gümer mit einem lockeren Spruch ("Du hast sie gestanzt").

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Fahri Yardim ist Schauspieler und spielt in "Almanya - Willkommen in Deutschland". Ein Interview ohne Worte über Hamburg, Selbstverliebtheit und Prügeleien.

Der gebürtige Hamburger machte seine Ausbildung am Hamburger Bühnenstudio, spielte später unter anderem am Ernst-Deutsch-Theater. Bekannt wurde er mit deutsch-türkischen Kinofilmen wie dem Gangster-Drama "Chiko" oder der Komödie "Almanya", zuletzt war er in der Verfilmung des Bestsellers "Der Medicus" als zwielichtiger Universitätsaufseher zu sehen. Wie sehr Yardim seinen Kiez kennt und die schnoddrige Sprache, wird klar, als er den Spruch des "Tatorts" loslässt: "Samma, wie talkst du eigentlich mit mir?" "Dieses Lokalkolorit kannst du dir nur schwer anlernen, das kommt aus dem Inneren" sagt er den Stuttgarter Nachrichten.

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Nun war schon nach Schweigers erstem Fall klar, wer im neuen Hamburger Team der Star ist. Aber in "Kopfgeld" entwickelt sich Yalcin Gümer im Gegensatz zu seinem Kompagnon weiter, sieht in Tschiller nicht mehr nur den bewunderswerten Kumpel-Chef, sondern gibt ihm als Einziger Kontra ("Radikale Verhältnisse schaffen radikale Verlierer", spöttelt er einmal). Ihm kommen die entscheidenden Einfälle, um die Astans dranzukriegen, er durchschaut die Verflechtungen im Clan und den Maulwurf im Team findet schließlich auch er. Und das alles scheinbar mühelos, aber nicht ohne Abgeklärtheit: "Meine matrosenhafte Leichtigkeit kommt immer mit einem gewissen Fatalismus daher, das finde ich spannend."

Weitsichtig, schlau und witzig: Mit diesen Attributen funktioniert Gümer auch als ideale Identifikationsfigur für den Zuschauer. Wo man im Dickicht des Hauen und Stechens den Überblick verliert, bietet Gümer die passende Einordnung. Von ihm hätte man in "Kopfgeld" gern mehr gesehen. Bleibt zu hoffen, dass Nick Tschiller sich mit seinem Feldzug gegen das Böse bald übernimmt - wir wüssten da schon einen würdigen Nachfolger. Oder wie es der Spiegel-Kollege formuliert: " Lass das mal den Türken machen."

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