Odelzhausen:Der Thron wackelt

Lange Jahre regierte der CSU-Bürgermeister Konrad Brandmair unangefochten die Gemeinde Odelzhausen, aber in der Kläranlagen-Affäre hat er viel an Symphatie verloren. BGO und Freie Wähler wollen ihn nun mit einem gemeinsamen Kandidaten stürzen.

Von Helmut Zeller

Odelzhausen: Konrad Brandmair versteht es, sich in Szene zu setzen, und war immer ein verlässlicher Spieler der CSU im Landkreis. In dieser Kommunalwahl aber könnte es für ihn eng werden.

Konrad Brandmair versteht es, sich in Szene zu setzen, und war immer ein verlässlicher Spieler der CSU im Landkreis. In dieser Kommunalwahl aber könnte es für ihn eng werden.

(Foto: DAH)

Eine Kommunalwahl in der Gemeinde Odelzhausen ist nicht gerade der Aufreger. Bisher. Diesmal aber blickt der Landkreis auf Odelzhausen, vor allem die CSU, deren Bürgermeister Konrad Brandmair angeschlagen ist. Das hat mit dem Streit über die Kläranlage zu tun, aber auch mit der etwas eigenwilligen Amtsführung des 57-jährigen Kommunalpolitikers, der zum vierten Mal antritt. Schon 2008 kündigte sich für Brandmair eine Zeitenwende in der beschaulichen, 4600 Einwohner (Stand: Juni 2013) zählenden Gemeinde an. 28 Prozent schrieben auf den Stimmzettel irgendwelche Namen - Brandmair hatte keinen Gegenkandidaten. Diesmal hat er einen: Markus Trinkl, der für die Bürgergemeinschaft Odelzhausen (BGO) ins Rennen geht. Es könnte eng werden für den einst unangefochten regierenden König von Odelzhausen.

Deshalb hilft die CSU-Prominenz im Landkreis ihrem Kandidaten kräftig. Sogar Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, kam eigens nach Odelzhausen. In sechs Gemeinden, in denen langjährige Bürgermeister nicht mehr kandidieren, setzt die CSU zum Sprung an. Aber ein Wahlsieg in Altomünster, Erdweg, Hebertshausen, Röhrmoos, Markt Indersdorf und Vierkirchen ist längst nicht sicher. Und dann noch der Problemfall Odelzhausen. Zu seiner erneuten Kandidatur sagte Brandmair auf einer Wahlveranstaltung: "Wenn mich schon sonst keiner lobt, dann mach ich das halt selber." Der Bürgermeister verhehlt nicht, dass ihn die anhaltende Kritik vor allem von BGO und Freie Wählern kränkt. Im Juli 2013 floss tagelang eine milchige Brühe aus der Kläranlage in die Glonn. Brandmair verharmloste den Vorfall in der Öffentlichkeit zu einem quasi winzigen Störfall. Das Gegenteil war der Fall. Monate später klärte das Wasserwirtschaftsamt München über den "Totalausfall" auf, der nur wegen glücklicher Umstände nicht zu einem massenhaften Fischsterben geführt habe.

Doch die Affäre hat eine für Brandmair weitaus gefährliche Dimension angenommen. In der Debatte über den Ausbau der Anlage, die dann auch von der Gemeinde Sulzemoos genutzt werden würde, war zunächst von 600 000 Euro Kosten für Odelzhausen die Rede. Die Kapazität von 16 000 Einwohnergleichwerten (EW) würden sich beide Kommunen zur Hälfte teilen. Jetzt sind es plötzlich 20 000 Einwohnergleichwerte, Odelzhausen braucht schon alleine 14 000 - und die Erweiterung kostet ein Vielfaches, geschätzte 3, 7 Millionen Euro. Wie kann das sein und vor allem, wer soll das bezahlen? Seit zwei Jahren verweigert Brandmair eine umfassende Antwort auf die Frage, welche Gewerbebetriebe in welchem Umfang Abwasser einleiten.

BGO und Freie Wähler fügten Mitte Februar dem Bürgermeister eine empfindliche Niederlage zu - vor ungefähr 150 Zuhörern in der Gemeinderatssitzung. Im Wasserzweckverband mit Sulzemoos forderte knappe Mehrheit der Odelzhausener Gemeinderäte eine Zwei-Drittel-Mehrheit - nur so könne Odelzhausen eine Satzungsänderung durchsetzen, hieß es. Brandmair reagierte verärgert: "Diese Forderung ist unanständig." Sulzemoos werde sich niemals mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit Odelzhausens abspeisen lassen. Der Sulzemooser Bürgermeister Gerhard Hainzinger (CSU) bezeichnete denn auch "eine vernünftige Regelung der gemeinsamen Abwasserentsorgung" als sein "Herzensprojekt". Das klingt noch freundlich. Aber der Odelzhausener Streit fällt wie ein Schatten auf die Beziehung zur Partnergemeinde. Odelzhausen bildet eine Verwaltungsgemeinschaft mit Sulzemoose und Pfaffenhofen. Schuld an der Verstimmung, sagen die Kritiker, ist der selbstherrliche Politikstil Brandmairs. Der ehemalige Autobahnpolizist ist von eher barockem Zuschnitt und gehört damit der aussterbenden Spezies oberbayerischer CSU-Politiker an, die sich nur ungern dreinreden lassen. Der kernige Typ pflegt eine patriarchalische Amtsführung, der es aber nicht an Menschlichkeit mangelt. Im Gegenteil: Sorgen und Nöte der Bürger nimmt Brandmair sehr ernst. Es ist bekannt, dass seine Tür immer offen steht, und er sich auch mal zwei Stunden Zeit für ein Gespräch nimmt. Deshalb schätzen ihn die Wähler: 1996 und 2002 war Brandmair noch als parteiloser Kandidat angetreten - mit überwältigendem Erfolg. 2002 bekam er bei einem Gegenkandidaten noch satte 83 Prozent. Sechs Jahre später dann ohne Konkurrenten sogar weniger, nur noch 72 Prozent.

Brandmair passt in die Gemeinde mit ihrer 1200 Jahre alten Geschichte, deren einstiges Kloster im Ortsteil Taxa 1665 einer der meistbesuchten Wallfahrtsorte in Altbayern war. Auf seine Heimatverbundenheit spielt auch der Wahl-Flyer an: ein Bild von Konrad Brandmair mit seinem aufgezwirbelten Schnauzbart vor dem Hintergrund des Kirchturms. Und es wäre unfair zu vergessen, dass Brandmair, wie er selbst sagt, in 18 Jahren "viele positive Spuren" hinterlassen hat. Neue Feuerwehrhäuser, Geh- und Radwege, die Ortsmitte, der Bau des Pflegeheimes und Ärztehauses, die Erweiterung des Gewerbegebietes mit neuen Firmen, Arbeitsplätzen und Wohnraum für Einheimische und Zuzügler.

Aber in der Kläranlagen-Affäre könnte bei Wählern die Bilanz des Bürgermeisters verblassen. Sein Herausforderer Markus Trinkl, Beamter im Finanzamt Fürstenfeldbruck, steht dennoch vor einer schwierigen Aufgabe. Der parteilose gebürtige Dachauer, 31 Jahre ist er alt, kandidiert für die BGO und die Freien Wähler. Die beiden haben keine Liebesheirat geschlossen - unterstützen aber einen gemeinsamen Kandidaten, um Brandmair zu stürzen. Im Vergleich zu ihm muss ein Politneuling wie Trinkl zwangsläufig etwas farblos wirken. Aber er führt einen engagierten Wahlkampf und steht für mehr Transparenz und Diskurs in der Gemeindepolitik. Seine schärfste Waffe ist die Kläranlagen-Affäre. "Kostenaufteilung nach Verursacherprinzip", fordert Trinkl. Das dürfte vielen Bürgern in Odelzhausen gefallen.

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