Gesetzentwurf zu Mietsteigerungen:Das Bremsmanöver beginnt

Mehrfamilienhaus in Mainz

Wer hier künftig mit Hilfe eines Maklers Mieter sucht, soll für diesen Service auch selbst zahlen - so will es der Gesetzentwurf.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Anstieg neuer Mieten soll begrenzt werden, das Justizministerium hat seinen Gesetzentwurf fertiggestellt. Vom Bestellerprinzip für Makler bis zur Zehn-Prozent-Schranke - eine Übersicht über alle geplanten Regelungen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Bei den Kundgebungen im vergangenen Bundestagswahlkampf waren Maklerprovisionen und Mieten ein populäres Thema. Vor allem die SPD und ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wollten damit punkten. Zur Überraschung ihrer eigenen Partei forderte spät im Wahlkampf auch Bundeskanzlerin Angela Merkel die Einführung einer Mietpreisbremse. Im Wirtschaftsflügel der CDU löste diese Kehrtwende Entsetzen aus. Er konnte sie aber nicht mehr verhindern, die Mietpreisbremse kam auch ins Wahlprogramm der Union.

Erfinder der Preisbremse sind aber nicht die Sozialdemokraten, sondern die Grünen. Deren Abgeordneter Hans-Christian Ströbele hatte bereits im Jahr 2011 einen solchen Eingriff in den Markt verlangt. Nach der Wahl haben Union und SPD die Mietpreisbremse in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen. Verantwortlich für die Umsetzung ist das Bundesjustizministerium. Das Ressort hat jetzt seinen Gesetzentwurf fertiggestellt. Er enthält auch neue Vorschriften zu den Maklerprovisionen. Hier die Details aus dem Entwurf:

Was ändert sich bei den umstrittenen Maklerprovisionen?

Bisher werden die Makler in der Regel von den Vermietern beauftragt, bezahlen müssen sie aber die Mieter. Dies soll sich künftig ändern. Mit dem Gesetzentwurf wird das sogenannte Bestellerprinzip eingeführt. Künftig muss also der den Makler bezahlen, der ihn beauftragt hat. Dazu soll das "Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung" geändert werden. Verstöße sollen künftig mit Bußgeldern geahndet werden. Außerdem sollen alle Vereinbarungen, mit denen die Zahlungspflicht trotzdem auf den Mieter abgewälzt wird, für unwirksam erklärt werden. Dadurch sollen die in der Regel schwächeren Mieter vor Eigentümern geschützt werden, die ihre Wohnung trotz des neuen Rechts nur gegen Übernahme der Provisionskosten vermieten wollen. Das Justizministerium geht davon aus, dass Mieter durch die Neuregelung bundesweit insgesamt 571 Millionen Euro jährlich sparen werden.

Was ändert sich bei neu abgeschlossenen Mietverträgen?

Bisher können die Eigentümer die Mieten beim Abschluss neuer Verträge praktisch frei festlegen. Abgesehen von den "Wucherparagrafen" im Strafgesetzbuch und im Wirtschaftsstrafgesetz gibt es keine Schranke. Diese Regelungen sind allerdings so weich formuliert, dass sie Mietern nur in seltenen Fällen helfen. In vielen Orten gab es seit Jahren keine einzige Strafe auf Grundlage der beiden Paragrafen. In der Praxis gibt es also keine Vorgaben für Vermieter. Dies führt in begehrten Wohnungsmärkten zu drastischen Preissprüngen. Davon sind vor allem Metropolen wie Berlin, München und Hamburg, aber auch kleinere Universitätsstädte betroffen. In einigen Regionen liegen die durchschnittlichen Neumieten um 30 Prozent über den Bestandsmieten. Mit dem Gesetzentwurf soll deshalb eine Mietpreisbremse eingeführt werden. Neue Mieten sollen künftig nur noch um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen.

Gibt es Ausnahmen von der Mietpreisbremse?

Beim Erstbezug von Neubauten soll die Bremse nicht gelten. Dadurch soll vermieden werden, dass sich der Bau von Wohnungen für Investoren nicht mehr lohnt. Auch "umfassend modernisierte Wohnungen" werden bei der Erstvermietung nach der Renovierung von der Regel ausgenommen. Außerdem sollen Eigentümer bei Neuvermietungen immer mindestens den Preis verlangen dürfen, den bereits der Vormieter bezahlt hat - auch wenn dieser über der Zehn-Prozent-Schranke liegt. Es wird also kein Eigentümer gezwungen, die Miete für seine Wohnung zu senken.

Wie kann der Mieter prüfen, ob der Preis zulässig ist?

Die Mietspiegel der Städte sind öffentlich zugänglich. In ihnen sind die ortsüblichen Vergleichsmieten je nach Lage, Größe und Ausstattung der Wohnung ausgewiesen. Für alle relevanten Informationen, die der Mieter nicht selbst ermitteln kann, soll ein gesetzlicher Auskunftsanspruch gegenüber dem Vermieter eingeführt werden.

In welchen Regionen soll die Mietpreisbremse gelten?

Die neue Mietpreisbremse wird nicht im gesamten Bundesgebiet eingeführt, sie soll lediglich in "angespannten Wohnungsmärkten" gelten. Schließlich sind die Mieten in Deutschland im vergangenen Jahr durchschnittlich nur um 1,3 Prozent gestiegen, die Teuerung lag damit sogar unter der allgemeinen Inflationsrate. Der Bund regelt auch nicht selbst, welche Städte besonders geschützt werden. Der Gesetzentwurf ermächtigt stattdessen die Landesregierungen, "Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten auszuweisen". Nur in diesen soll dann die Mietpreisbremse gelten. Die Länder müssen dazu eine Rechtsverordnung erlassen, die jeweils höchstens fünf Jahre gelten darf. Dadurch soll garantiert werden, dass die Lage in den einzelnen Regionen regelmäßig überprüft wird.

Wer profitiert von der neuen Regelung?

Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass gut vier Millionen der 21,1 Millionen deutschen Mietwohnungen in angespannten Märkten liegen. In der Begründung zum Gesetzentwurf präsentiert das Justizministerium eine umfangreiche Rechnung. Demnach würden Mieter wegen der Preisbremse jährlich gut 282 Millionen Euro sparen.

Ändert sich auch bei bestehenden Mietverhältnissen etwas?

Unmittelbar nicht. Für diese gibt es aber schon jetzt vergleichsweise strenge Vorschriften. Unter anderem dürfen die Mieten bei laufenden Verträgen höchstens bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben werden. Durch die Preisbremse für Neuvermietungen wird der Anstieg dieser Vergleichsmieten aber gedämpft. Dadurch werden auch die Bestandsmieten nicht mehr so schnell erhöht werden können.

Wann soll das Gesetz in Kraft treten?

Der Entwurf ist am Dienstag vom Justizministerium zur Abstimmung in die anderen Ressorts versandt worden. Da es sich um ein komplexeres Gesetz handelt, wird das Kabinett das Vorhaben vermutlich erst im Sommer beschließen. Es soll im Lauf des kommenden Jahres in Kraft treten.

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