Vegan in Berlin:Fleischlos glücklich

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Traurig - oder Grund zu guter Laune? Vegane Spinat-Suppe auf der Messe "Veggie-World" in Wiesbaden. Die größte Veganer-Welt allerdings findet man in Berlin. (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)

Burger, für die kein Tier sterben musste, eifreie Crêpes: Nirgendwo in Europa ist die vegane Szene größer und lebendiger als in Berlin. Und sie wächst und wächst. Tipps für Fast und Slow Food.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

Wie viele es genau sind, kann man kaum beziffern. Sobald ein veganes Restaurant in einen der Berliner Onlineführer aufgenommen wurde, kann es sein, dass es einen Nachfolger neuen Namens oder schon wieder geschlossen hat. Berlin ist die Vegan-Hauptstadt Europas. Nirgendwo sonst gibt es so viele Imbisse, Cafès, Bars und Restaurants, in denen ausschließlich tierfreie Kost serviert wird. Hinzu kommen zahllose vegetarische Restaurants, die mittlerweile auch veganes Essen anbieten. Und immer mehr ganz normale Gaststätten tischen neben der Schweinshaxe mit Blaukraut für den zunehmend vegan orientierten Großstädter auf Nachfrage auch den komplett tierlosen Soja-Teller auf - oder werben gar damit.

Denn eines ist klar: Veganes Essen ist ein Riesen-Trend. Nicht nur in Berlin, hier aber besonders. Das mag zum einen an der alternativen Szene liegen, die traditionell stark ausgeprägt ist und sich schon lange mit ethischen Fragen beschäftigt, auch bei der Ernährung. Dazu kommt die Hipster-Kultur, die generell von Trends lebt und in der Hauptstadt zuhause ist. Zum Dritten boomt gerade in Berlin die Yoga-Szene - und Yoga und vegane Ernährung sind fast schon wie Yin und Yang.

Veganer sind anspruchsvoll: Sie wollen keinen Fisch essen, auch wenn er nicht riecht, kein Rührei und auch kein kleines bisschen Käse. Am liebsten ganz gesund, nämlich frische, pflanzliche, aber dennoch nicht geschmacksfreie Kost, also geschickt kombiniert, schonend verarbeitet und gut gewürzt. Das täglich selbst zu kochen, ist etwas mühsam, weshalb viele Veganer gerne auf externe Angebote zurückgreifen - wenn sie denn etwas taugen. Hat man sie gefunden und ist dafür stundenlang durch die halbe Stadt gefahren - um dann doch vor geschlossenen Türen zu stehen, wegen Geschäftsaufgabe, geänderten Öffnungszeiten oder Überfüllung, ist der Frust groß.

Deswegen präsentieren wir Ihnen in einer Mini-Serie hier aktuell Empfehlenswertes aus der Vegan-Hauptstadt. Teil 1: Imbisse und Slow Food.

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Vegane Imbisse: ein Widerspruch in sich? Weil Veganer doch so viel Wert auf gesunde Ernährung legen und sich ergo nicht mit Fastfood vollstopfen sollten? Nicht unbedingt. Erstens gibt es unterschiedliche Motivationslagen für Veganer. Viele wollen einfach nur keine Tiere und auch keine tierischen Erzeugnisse essen, um damit die Massentierhaltung zu boykottieren. Denen ist relativ egal, ob die Pommes fettig sind und der Bacon-Cheese-Burger mit gesundheitlich womöglich genauso bedenklichem Fleisch- und Käseersatz wie beim konventionellen Fastfood belegt wurde. Hauptsache, es schmeckt.

Und das tut es verblüffend gut, etwa im Vego in Prenzlauer Berg (Lychener Straße 63). Viele Fans schwören auf die hauseigene Schokolade, die vielfältig belegten Burger und auf die Thousand-Island-Sauce - am überraschendsten sind aber die Calamares, die fast exakt so schmecken wie echte. Ein Geschmackserlebnis sind auch die Gemüse-Pommes. Klassische Kartoffelecken, gemischt mit Möhren, Auberginen, Zucchinispalten oder frittiertem Brokkoli, garniert mit Avocadomayo oder Erdnusssauce - sehr lecker.

Imbissfans neben Gesundheitsaposteln

Fast dasselbe bietet das Yoyo in Friedrichshain (Gärtnerstr. 27). Viele Veganer halten ihn gar für den besten Imbiss der Stadt - allerdings kommt es hier wohl auf die Tagesform an. Da kann schon mal das Öl ranzig, die Pommes zu fettig, die Bedienung leicht überfordert sein.

Trotzdem: In beiden Imbissen kann der Veganer für wenig Geld (die Speisen kosten zwischen 2,50 und 7,50 Euro) entweder ausgiebig schlemmen - oder schnell satt werden. Dementsprechend findet man im leicht runtergerockten Yoyo am "Boxi" (Boxhagener Platz, Szeneviertel und Ausgehmeile in Friedrichshain) die typischen Alternativ-Hipster, gerne in Gruppen. Im vergleichsweise etwas schickeren Vego am Prenzlauer Berg sitzen szenetypische Muttis mit ihren Kleinen und Prenzlberg-Pärchen, denen die Röhrenjeans aufgrund ihrer veganen Ernährung noch besser passt.

In unmittelbarer Nähe zum Boxhagener Platz gibt es auch den Gegenentwurf zum klassischen Imbiss: das Funk You (Gärtnerstr. 21). Hier wird größtmöglicher Wert auf gesunde Kost gelegt. Sandwiches, Suppen und Salate - alles fast ausschließlich aus Obst, Gemüse, dem vollen Korn und "Superfoods" wie Goji-Beeren, Ingwer oder Spirulina. Das Angebot orientiert sich an den aktuellsten Trends der veganen Ernährungsphilosophie: möglichst frisch, möglichst roh, möglichst wenig verarbeitete Kohlenhydrate - und trotzdem viel Geschmack plus angenehmes Aussehen.

Seine Zucchini-Spaghetti (nicht Spaghetti mit Zucchini, sondern Spaghetti aus Zucchini) speist der Veganer hier in hipperem, helleren Ambiente als im alternativ angehauchten Imbiss ums Eck, die Bedienung ist bemühter. Ein DJ-Pult verheißt ab und zu zusätzliche Hipness - so viel Trend kostet extra. Aber nicht viel: Ein Gemüse-Smoothie ist für um die drei Euro zu haben, ein Gemüsegericht für um die sieben Euro.

Kichernde Schulmädchen, süße Kuchen

Noch ein Gegenentwurf, fast gegenüber: Das Ohlàlà rühmt sich, die erste Vegan-Créperie Deutschlands zu sein. Hier gibt es vor allem sehr süße Tartes und Patisserie (für drei bis vier Euro), außerdem gratinierten Flammkuchen oder Quiches mit grünem Spargel.

Weil die Einrichtung - rosa Wände, plüschige Sessel, rosa Tische - in dem französisch-veganen Café genauso zuckrig ist wie die Kuchenspezialitäten, gastieren hier einzelne Veganerinnen mit viel Sinn für Mode, die erhobenen Hauptes in ihrer Torte stochern. Und Oberstufenschülerinnen, die mit den doch sehr mächtigen Küchlein kämpfen, und sich dabei kichernd die schmachtenden SMS ihrer Verehrer laut vorlesen. Alles sehr niedlich - am Geschmack der Speisen darf allerdings hier und da noch ein wenig gearbeitet werden. Samstags gibt es Brunch für knapp zwölf Euro, jeden letzten Samstag im Monat zusätzlich glutenfrei.

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Von Ruth Schneeberger
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