Berufsziel Formel 1:"Als Fahrer musst du sechs Millionen Euro investieren"

Australia Formula One Grand Prix

Im Rampenlicht: Robin Frijns posiert vor dem Rennen in Melbourne für die Fotografen.

(Foto: dpa)

Für schnelles Fahren bezahlt werden - klingt nach einem Traumjob. Doch wie wird man Rennfahrer? Robin Frijns ist Testpilot in der Formel 1. Ein Interview über den Kampf ums Cockpit und über den Vorteil reicher Söhne im Motorsport.

Von Johanna Bruckner

Am kommenden Wochenende gastiert die Formel 1 in Bahrain. Auch Robin Frijns wird dabei sein, allerdings sitzt der 22-jährige Niederländer im Cockpit, wenn vor allem Formel-1-Fans vor dem Fernseher dabei sind: Er ist Testfahrer beim malaysischen Team Caterham. Wie hart der Weg an die Spitze im Motorsport ist - und warum es nicht nur um Talent geht.

SZ.de: Herr Frijns, wie würden Sie den folgenden Satz beenden: Mein Berufswunsch als kleines Kind war ...

Robin Frijns: Rennfahrer.

Das wussten Sie schon so früh?

Ja, klar. Als ich fünf oder sechs war, hat sich mein Vater ein Quad gekauft, 50 Kubikzentimeter. Ich durfte mich manchmal vorne drauf setzen und wir sind bei uns im Garten herumgefahren. Mit sieben habe ich dann mit Indoor-Kart angefangen. Gleich im ersten Jahr habe ich die lokale Meisterschaft gewonnen. Das war nichts Spektakuläres: Wir sind immer den gleichen Kurs gefahren, immer im Kreis. Hat aber Spaß gemacht - und wer gewinnt nicht gerne? Bald bin ich auch Outdoor-Rennen gefahren, insgesamt zehn Jahre lang, für das gleiche Team.

Wann war Ihnen klar: Das ist der Job, den ich machen will?

Ich denke, das war 2008. Da war ich 17, hatte gerade den zweiten Platz bei der französischen KF2-Meisterschaft gemacht, das ist eine der höchsten Klassen im Kart-Sport. Ich musste entscheiden, ob ich jetzt den Schritt in die Single-Footed-Serien mache.

Warum ist das wichtiger Schritt?

Zum einen verändert sich die Fahrweise. Single-footed, weil man in diesen Rennwagen nur noch mit einem Fuß Gas und Bremse bedient, während man im Kart mit Rechts Gas gibt und mit Links bremst. Zum anderen musst du dich an diesem Punkt fragen: Will ich das mit dem Motorsport durchziehen, bin ich talentiert genug und bin ich mir vor allem der finanziellen Konsequenzen bewusst?

Man muss als angehender Rennfahrer alles selber zahlen?

Ja, und das über Jahre. Schon Kart-Fahren ist ein sehr teures Hobby, wenn man es mit Ehrgeiz angeht. Um konkurrenzfähig mitfahren zu können, brauchst du ein Team. Zu dem gehst du hin und sagst: Das sind meine sportlichen Erfolge - und das ist der Betrag, den ich euch für ein Jahr Rennbetrieb bieten kann. Wenn du Glück hast, passt beides und du hast es fürs Erste geschafft. Leider ist es im Motorsport aber nicht so wie im Fußball, wo die besten Teams automatisch in eine höhere Liga aufsteigen.

Sondern?

Im Kart- und dann später im Nachwuchsbereich für die Formel 1 gibt es verschiedene Serien, die unabhängig voneinander sind. Wenn du es bis ganz nach oben schaffen willst, musst du dich jedes Jahr in eine höhere Serie einkaufen. Die Autos werden größer und schneller, der Motor besser. Und der Betrag, den du als Fahrer mitbringen musst wird immer höher. Davon werden dann das Material bezahlt, die Mechaniker, später auch die Reisen und so weiter.

Von welchen Summen reden wir?

Im oberen Kart-Bereich: etwa 30.000 bis 50.000 Euro pro Jahr. In den Einstiegsserien im Rennsport-Bereich - zum Beispiel der Formel BMW-ADAC (existiert heute so nicht mehr, Anm. der Red.), in der ich gefahren bin - sind es schon sechsstellige Beträge. Das geht rauf bis zu fast zwei Millionen Euro für eine Saison in der GP2, einer unmittelbaren Vorstufe zur Formel 1.

"Das beste Training für die Formel 1 ist die Formel 1"

Das summiert sich.

Als Fahrer musst du bis zu sechs Millionen Euro investieren, bevor du überhaupt in der Formel 1 bist. Vorausgesetzt du bist gut und bleibst nur ein, zwei Jahre in jeder Nachwuchs-Klasse. Bei mir lief es glücklicherweise ziemlich rund und ich bin deutlich günstiger durchgekommen.

Wer kann das bezahlen?

Viele Rennfahrer kommen aus gut situierten Familien, da ist der Vater zum Beispiel Vorstandsvorsitzender in einem großen Unternehmen. Sehr viel schwieriger ist es, wenn du das Geld größtenteils selbst aufbringen musst - wie es bei mir der Fall ist. Ich habe mein Preisgeld immer gleich wieder investiert. Aber du musst auch Klinken putzen gehen und Sponsoren werben. Als Rennfahrer reicht es nicht, gut zu fahren, man muss auch kommunikativ sein, auf Leute zugehen und sie von seinem Traum überzeugen können. Wobei es irgendwann nicht mehr darum geht, den Mittelständler in deinem Ort um Geld zu bitten, der dich und deine Familie kennt und gerne unterstützt. Woher soll der Millionen nehmen, selbst wenn er wollte?

Sie sind heute Testfahrer beim malaysischen Formel-1-Team Caterham. Wie viel hat Sie das gekostet?

Dazu kann ich nichts sagen. Aber so viel: Ich habe das Glück, ein Team zu haben, das nicht nur am schnellen Geld interessiert ist, sondern mich als Rennfahrer aufbauen will. Das ist nicht selbstverständlich. In der Formel 1 gibt es 22 Fahrer - ich schätze, gut ein Drittel bringt ihrem Team mehr ein, als das Team für den Fahrer ausgeben muss. Klar, es gibt Kollegen wie Sebastian Vettel, die sind für ihr Team so viel wert, dass alles getan wird, um sie möglichst lange zu halten. Aber meistens ist der Fahrer froh, ein Team zu bekommen, und nicht umgekehrt.

Als Testfahrer dürfen Sie nur ab und zu hinters Steuer - was machen Sie in der Zwischenzeit?

Ich versuche, mich bestmöglich auf die Minuten vorzubereiten, die ich im Cockpit sitze. Ich halte mich fit, mache Ausdauersport und Krafttraining, vor allem für die Nackenmuskulatur. Leider gibt es kaum Übungen, die die Fliehkräfte im Auto simulieren können. Das beste Training für die Formel 1 ist die Formel 1. Daneben bin ich auch regelmäßig im Fahrsimulator. Den muss man sich vorstellen wie eine riesige Playstation, hier probiere ich verschiedene Dinge aus, bespreche mit unseren Mechanikern, wie wir das Auto weiter verbessern könnten. Als professioneller Rennfahrer hat man meist keine Zeit, eine Ausbildung zu machen oder zu studieren. Aber vieles von dem, was ich tagtäglich mache, könnte Teil einer KFZ-Ausbildung oder eines Ingenieursstudiums sein. Bei mir funktioniert es eben über learning-by-doing.

Sie opfern viel für ihre Karriere. Ist Rennfahrer wirklich ein Traumjob?

Nachwuchsfahrer und vor allem deren Eltern sollten sich der Risiken bewusst sein. Neben Erfolgsstorys wie denen von Schumacher oder Vettel, die jeder kennt, gibt es zig Geschichten von Familien, die viel Geld ausgegeben haben, ohne dass es am Ende zum Profi-Rennfahrer gereicht hat. Die Wenigsten schaffen es ganz nach oben. Aber wenn man tatsächlich in einem Formel-1-Auto sitzt, ist es ein Traumjob, definitiv.

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