Stichwahl in München:Schmid wartet auf Reiters Anruf

Stichwahl Oberbürgermeister München

Will Fraktionsvorsitzender bleiben: Josef Schmid.

(Foto: dpa)

"Die CSU wird nicht in der vorderen Reihe stehen": SPD-Sieger Reiter will bis zu den Osterferien ein neues Rathaus-Bündnis beisammen haben - und denkt da eher an die kleinen Parteien. CSU-Mann Schmid wäre dagegen zu Verhandlungen mit dem neuen Oberbürgermeister bereit.

Der Tag nach der Wahl im Newsblog

  • Nach der Wahl zieht die Münchner SPD Bilanz und gibt sich selbstkritisch - ein bisschen zumindest. Und sie appelliert an mögliche Bündnispartner
  • Bayernweit sind die Grünen heimlicher Wahlsieger: Sie stellen nun zwei Landräte und 14 Bürgermeister
  • CSU-Mann Josef Schmid kandidiert wieder für den Fraktionsvorsitz im Rathaus - und würde zumindest über eine große Koalition verhandeln

Bei den Pressekonferenzen von SPD und CSU sind Thierry Backes und Silke Lode. In der Redaktion betreuen Anna Fischhaber und Ingrid Fuchs den Newsblog.

Schmid will Fraktionsvorsitzender bleiben: Die Stichwahl hat CSU-Kandidat Josef Schmid zwar verloren, am Kurs will seine Partei aber nichts ändern. Der Vorstand der Münchner CSU ist sich einig: Wahlkampf, Kampagne und Themen waren genau richtig so. Der gescheiterte OB-Kandidat gab sich schon am Wahlabend kämpferisch. Am Montag kündigt Schmid an, wieder für den Fraktionsvorsitz im Rathaus kandidieren zu wollen. "Wenn er wirklich mit nur einer Stimme Mehrheit regieren will, wäre das ein völlig instabiles Bündnis", sagt er mit Blick auf Reiters rot-grün-rosafarbene Wunschkoalition. Jetzt wartet er auf einen Anruf von Wahlsieger Dieter Reiter, um über Sachthemen zu verhandeln - bei einer einvernehmlichen Lösung könnte man dann auch über eine große Koalition sprechen, sagt Schmid. Auf die Frage nach einer weiteren OB-Kandidatur ging er nicht ein.

Reiter weniger euphorisch: Der neue Oberbürgermeister Dieter Reiter kündigt am Montag an, er wolle möglichst bis zu den Osterferien ein neues Rathaus-Bündnis beisammen haben. Ab heute wolle er mit der Linken, der ÖDP, den Piraten und der Wählergruppe Hut zu sprechen. Er wolle dabei versuchen, "die Kleinen so weit wie möglich einzubinden". Wechselnde Mehrheiten? Nicht ausgeschlossen. Mit der FDP und den Freien Wählern sei eine Kooperation schwierig. "Die CSU wird nicht in der vorderen Reihe stehen." Der Münchner SPD-Parteichef Hans-Ulrich Pfaffmann appelliert an die Verantwortung der kleinen Parteien und richtet sogar eine Drohung an sie. "Das Signal, das ich aussenden möchte, ist: Wer sich (uns) verweigert, verweigert die Gestaltung für sechs Jahre." Das gelte insbesondere für Einzelpersonen wie Wolfgang Zeilnhofer-Rath (Hut). "Es genügt nicht, im Stadtrat zu sitzen und als Einzelkämpfer seine Meinung zu sagen. Das werden wir in den Koalitionsgesprächen auch ganz deutlich machen." Ganz einfach wird es die SPD nicht haben. Die kleinen Parteien und Gruppierungen zeigen sich bisher eher zurückhaltend bis ablehnend. Die ÖDP etwa fürchtet, dass sie als Teil einer bunten Koalition in der Bedeutungslosigkeit versinken könnte.

SPD zieht Bilanz: Pfaffmann wird am Morgen nach der gewonnenen Stichwahl auch ein wenig selbstkritisch: "Die SPD hat (bei der Stadtratswahl) verloren in München, die Grünen haben gewonnen." Das gelte es zu analysieren. "Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir uns neu aufstellen müssen." Aber es gelte am Ende nun mal ein alter Spruch: "Wer gewinnt, hat alles richtig gemacht." Der neue Oberbürgermeister Reiter hat in der Nacht nach seinem Wahlsieg nur drei Stunden geschlafen, heute Morgen hat er Autogramme auf Fahrscheine in der U-Bahn geschrieben. Nun geht die Arbeit aber erst richtig los: Er muss sich eine Mehrheit im Rathaus suchen. Das rot-grün-rosa Bündnis in München hatte bislang 45 von 80 Sitzen, jetzt sind es nur noch 38.

Historischer Abend für die Grünen: So richtig zufrieden sein können nach diesen Stichwahlen die Grünen. Erstmals gewannen sie in Bayern völlig überraschend bei zwei Landratswahlen. Außerdem haben sie nun vierzehn Bürgermeister in Bayern - sechs mehr als bisher. In München hatten sie eine Wahlempfehlung für Dieter Reiter ausgegeben. Sabine Nallinger, die für die Grünen als OB kandidiert hatte, erklärte, dass am Montag Gespräche über die Fortsetzung der Koalition beginnen sollen. "Die Wähler wollen eine deutlichere grüne Handschrift", sagte sie selbstbewusst. Die Frage, ob sie jetzt Zweite Bürgermeisterin wird, beantwortet sie mit einem verschmitzten Lächeln, das aber keinen Raum für Deutungen lässt. Allerdings könnte auch Christine Strobl (SPD), derzeit Zweite Bürgermeisterin, Interesse an diesem Posten haben. Die Entscheidung fällt am 2. Mai bei einer konstituierenden Sitzung.

CSU feiert Erfolge auf dem Land: Auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer lädt am Mittag zu einer Pressekonferenz. Die Christsozialen haben am Sonntag in Bayern vier der fünf wichtigsten Oberbürgermeister-Stichwahlen verloren. Dennoch bemüht sich Scheuer, ein positives Fazit zu ziehen: Die CSU habe "gigantische Ergebnisse in der Fläche" erzielt, sagt er vor der Presse. Die Partei stelle nun 70 Prozent der Landräte im Freistaat. Großer Wehrmutstropfen in der Analyse der Christsozialen: die Landeshauptstadt München, die weiter von der SPD regiert wird. Ob er München nun für immer aufgebe? "Die CSU gibt nie was auf!" Verloren hat die Partei auch die Stichwahlen in Regensburg und Erlangen, der Generalsekretär will den Blick deshalb auch lieber "auf ganz Bayern richten, und da sehe ich sehr, sehr viel Licht und den einen oder anderen Schatten". Trotz der für die Freien Wähler enttäuschend verlaufenen Landrats-Stichwahlen zieht auch Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger am Montag eine positive Bilanz: "Ich sehe mich nicht als Wahlverlierer."

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