Fußball-WM 2014 in Brasilien:Vereint am Zuckerhut

Die Bundesliga-Sportschau live im Ersten; Matthias Opdenhövel

Matthias Opdenhövel in der Kulisse der Sportschau.

(Foto: WDR/Willi Weber)

Matthias Opdenhövel vor Gerhard Delling: Die ARD benennt ihr Moderatoren-Personal für die WM in Brasilien. Dabei kürt der Sender auch eine neue Nummer 1 der Fußball-Präsentatoren.

Von Christopher Keil

Ein Jahrzehnt lang war Gerhard Delling der wichtigste Fußball-Moderator in der ARD. Länderspiele, Pokalkämpfe, Bundesligaduelle: Delling stand gut gescheitelt mit oder ohne Günter Netzer in der ersten Reihe, prägte die Übertragungen mit vorbereitetem Sprachwitz und journalistischem Anspruch. Doch für die 20. Weltmeisterschaft in Brasilien hat ARD-Programmdirektor Volker Herres das Personal neu eingeteilt. Delling, bald 55 Jahre alt, wird im deutschen Quartier Posten beziehen und damit heruntergestuft. Neue Nummer Eins der ARD-Fußball-Präsentatoren wird Matthias Opdenhövel, der früher Stefan Raab und Pro Sieben diente. Mittendrin und dabei ist weiter Reinhold Beckmann.

Beckmann, 58, wird die Partien betreuen, die zu deutscher Zeit um Mitternacht beginnen. Nach der Vorrunde ist für ihn die WM beendet, in der K.o.-Phase des Turniers wird es nur noch Highnoon- und Nachmittagsspiele geben. Beckmann darf wohl auch deshalb schon im April nach Brasilien. Für ein Filmprojekt soll er drei Wochen lang Land und Leute erforschen. Als Reiseführer wurde Giovane Élber verpflichtet, früher Profi des FC Bayern und Stürmer der brasilianischen Auswahl. Élber wird auch Beckmanns WM-Partner sein.

Warum stellte Herres sein Fußball-Team um?

An diesem Donnerstag wird die ARD mit dem ZDF in Hamburg alle WM-Pläne enthüllen (Finale bei der ARD, Kommentator Thomas Bartels) , man wird dann viele Zahlen und Besetzungen erfahren, die dem öffentlich-rechtlichen Engagement in Brasilien zugrunde liegen, und wahrscheinlich werden ARD und ZDF herausstellen, dass sie erstmals seit 1994 wieder ein gemeinsames Panorama-Studio für ihre Hauptsendungen beziehen: ein Appartement mit Dachgarten, hoch über der Copa Cabana, exklusiver Blick auf den Zuckerhut. Sparen ist im Gebührensystem modern.

Warum stellte Herres aber sein Fußball-Team um? Der SZ sagte er: Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen. Er schätze Delling, der "weit über seine Sportkompetenz hinaus ein großartiger Journalist" sei. Noch mehr allerdings, sagt einer aus der ARD, der an bedeutender Stelle bei der WM tätig wird, "schätzt" Herres Mehmet Scholl. Seit 2008 ist Scholl, 43, Fußball-Experte der ARD. Auch in Brasilien wird er die deutsche Elf beobachten und analysieren. Herres hat immer wieder von Scholl, dem ehemaligen Bayern-Spieler, geschwärmt. Auf Anfrage sagte Herres: Scholl sei ein "Glücksfall". Mit ihm verbreite sich "Frische, Leichtigkeit, ein Schmunzeln". Matthias Opdenhövel habe es gut verstanden, Scholl "eine Rampe zu bauen". Und auf dieser Rampe schoss Opdenhövel an die Spitze der ARD-Sportmoderatoren.

Delling wollte sich auf Anfrage zu seiner Versetzung nicht erklären. Beckmann bewertete seine Aufgabe bei der WM als "völlig okay". Beide standen schon mit Scholl vor der Kamera. Das Ergebnis: Mit Opdenhövel fühlt Scholl sich wohl. Opdenhövel ist spruchsicher, ein Facebook-Insasse, stets mehr am Gag als an der Taktik interessiert. Für die Taktik hat er Scholl. Scholl wiederum braucht klare Vorlagen für seinen Humor, zuweilen schwarzen Humor, der seine Kritik kleidet. Warum nicht.

Andererseits: Mit Opdenhövel an der Spitze der Moderatoren hat sich die ARD auf die Unterhaltung als Merkmal ihrer Fußball-Übertragungen festgelegt. Das ist konsequent. Sport ist heute in allen Sendern Quotenprogramm. Der Sportjournalismus im Fernsehen ist seit 20 Jahren im Sinkflug. Wenn es live wird, ist er jedenfalls kaum noch sichtbar. Ein verblasster Mythos.

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