Analyse des Gewerkschaftsbundes:Gehälter von Beamten driften auseinander

Gymnasium in Niedersachsen

Lehrer beim Unterricht: Die 16 Bundesländer bezahlen ihre Beamten trotz gleicher Arbeit immer unterschiedlicher.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Wie gut deutsche Beamte verdienen, hängt davon ab, wo sie arbeiten: Bezüge von Lehrern oder Polizisten können je nach Bundesland voneinander abweichen - um mehrere tausend Euro im Jahr.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Lehrer stehen im Norden nicht anders vor Klassen als im Süden. Polizisten suchen im Osten nicht anders nach Mördern als im Westen. Trotzdem gibt es große Unterschiede - jedenfalls auf dem Kontoauszug. Die 16 Länder bezahlen ihre Beamten nicht mehr gleich. Ob Lehrer, Polizist oder Gerichtsvollzieher: Die Unterschiede in der Besoldung zwischen den Bundesländern sind in den vergangenen Jahren gewachsen. Dies geht aus dem "Besoldungsreport" des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Von den 4,6 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind 1,9 Millionen Beamte. Gewerkschaften können für diese Staatsdiener keine Tarifverträge abschließen. Die Beamten müssen sich darauf verlassen, dass ihre Dienstherren die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst auf sie übertragen. Das gilt auch für die gerade laufende Tarifrunde für die Angestellten beim Bund und den Kommunen.

Das Salär der Beamten ist, wie es im Besoldungsgesetz heißt, regelmäßig anzupassen - "entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse". Seit 2002 können die Länder dabei bestimmen, wie die jährlichen Sonderzahlungen ausfallen und Weihnachts- und Urlaubsgeld streichen oder kürzen.

Unterschied von 18,5 Prozent

Außerdem können sie seit 2006 - wie der Bund - entscheiden, ob und in welcher Form sie die Tarifabschlüsse für die eigenen Beamten übernehmen wollen. Der DGB kommt in seiner Studie nun zu dem Schluss: Die Länder nutzen diesen Spielraum, "um den beamteten Beschäftigten - vor allem angesichts der zum Teil diffizilen Haushaltslagen - wiederholt Sonderopfer abzuverlangen".

Wie weit die Gehälter inzwischen auseinanderklaffen, zeigt der Report an drei Musterfällen. Beispiel eins, ein Polizeihauptwachtmeister, Besoldungsgruppe A 5: Im Schnitt beläuft sich der Verdienst auf 28 135 Euro im Jahr (bestehend aus Grundgehalt, Stellenzulage und gegebenenfalls Einmal- und Sonderzahlungen). Während in Bayern der Hauptwachtmeister auf 30 656 Euro kommt, sind es in Berlin nur 25 869 Euro. Zwischen dem knausrigsten und dem großzügigsten Dienstherrn beträgt damit der Unterschied 18,5 Prozent.

Fall Nummer zwei, ein Oberstraßenmeister mit A 9: In Rheinland-Pfalz verdient dieser Beamte 36 880 Euro, in Bayern sind es fast 3000 Euro mehr. Beispiel drei, ein Lehrer, A 13: Spitzenreiter ist wieder Bayern mit einem Jahresbruttosold von 60 064 Euro, beim Schlusslicht Berlin sind es 52 913 Euro. So wurden im Freistaat die Bezüge der Beamten seit 2012 um insgesamt sieben Prozent erhöht. In Nordrhein-Westfalen (NRW) oder Rheinland-Pfalz erhielt zumindest der Lehrer in der Summe nur zwei Prozent mehr.

Nur in Bayern herrscht das "vorgezeichnete Niveau"

Die Wochenarbeitszeiten sind je nach Dienstherr allerdings unterschiedlich: Im Schnitt belaufen sie sich auf 40 Stunden, beim Bund, in Baden-Württemberg, in NRW und Schleswig-Holstein ist es eine Stunde mehr, in Hessen sind es sogar zwei. Aber selbst wenn man diese berücksichtigt, bleiben die Gehaltsunterschiede groß. "16 von 17 Dienstherren sind bei der Übertragung der tarifvertraglich vereinbarten prozentualen Erhöhungen auf die Besoldung ihrer Beamten seit 2008 nach unten abgewichen", heißt es in dem Report. Nur die Entwicklung der Bezüge der bayerischen Beamten bewege sich "auf dem durch die Tarifentwicklung vorgezeichneten Niveau". Die in Bremen, NRW und Rheinland-Pfalz beschrittenen Wege könnten dagegen die verfassungsrechtlichen Grenzen verletzen. So hätten Bremen und NRW den Grundsatz "Besoldung folgt Tarif" für den gehobenen und höheren Dienst 2013 und 2014 aufgekündigt.

Die stellvertretende DGB-Chefin, Elke Hannack, sagt: Schon nach acht Jahren Föderalismusreform zeige sich, dass die Verlagerung der Kompetenzen hin zu den Ländern äußerst negative Folgen habe. "Ausgerechnet der öffentliche Dienst, welcher lange als vorbildlicher Arbeitgeber galt, bezahlt bei seinen Beamten gleiche Arbeit nicht mehr gleich." Nicht nur bei den Ländern, sondern auch beim Bund habe sich durch die nicht vollständige Übertragung der Tarifergebnisse mittlerweile eine Lücke aufgetan.

Hannack erwartet deshalb vom Bundesinnenminister, dass er die womöglich noch in dieser Woche fälligen Tarifergebnisse auf die 200 000 Beamten des Bundes und seine 180 000 Soldaten überträgt. Außerdem wünscht sie sich, dass die Staatsdiener des Bundes nur noch 39 statt 41 Stunden arbeiten müssen. Dass es dazu kommt, ist jedoch äußerst unwahrscheinlich. Im Koalitionsvertrag steht dazu kein Wort.

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