Pisa-Studie:Mysterium Fahrkartenautomat

Die Pisa-Studie zeigt: Jeder fünfte Schüler hierzulande ist mit dem Lösen von banalen Alltagsproblemen überfordert. Hektik ist jetzt trotzdem falsch, denn Bildungspolitik braucht Zeit - und darf die Kinder nicht vergessen, die zu Hause keine Förderer haben.

Von Johann Osel

Gerade hatte sich Deutschland endgültig aus der Bildungsdepression verabschiedet, bei der Pisa-Studie vor vier Monaten war den Schülern in Mathe und Deutsch ein Satz nach vorne gelungen.

Und nun das: Jeder fünfte 15-Jährige ist mit dem Lösen von Alltagsproblemen überfordert. Die kluge Bedienung eines Fahrkartenautomaten oder das Prinzip eines Staubsaugers sind ihnen ein Mysterium, wie eine weitere Pisa-Auswertung zeigt. Ein neuer Grund für die hektische Suche nach Schuldigen? Bitte nicht!

Der Pisa-Schock zu Anfang des Jahrtausends hat viel bewirkt. Der Weg zu besserem Unterricht ist aber keine Sprintstrecke, Panik ist unangebracht. Die neuen Befunde verdeutlichen nur: Die Gruppe der Schüler mit schlechten Leistungen bleibt fast konstant. Schon beim Rechnen und Lesen gehörte gut ein Fünftel zu den Abgehängten - diese Schüler mühen sich also auch mit den Alltagsaufgaben ab. Dieser Sockel an sogenannten Risikoschülern scheint betoniert zu sein, während die gut rechnenden Gymnasiasten fröhlich am Automaten das günstigste Ticket ziehen.

Das sind Dinge, die man im Elternhaus lernen kann; geschieht das nicht, müssen Schulen Reparaturbetriebe sein - mit Ganztag, Förderstunden, notfalls Familienersatz. Nur so besteht die Chance, den Sockel aufzulösen. Hier wird wenig getan; Gymnasialreformen treiben die Politik dagegen um - Luxusprobleme im Vergleich zu denen am Ende der Leistungsskala.

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