Paris St. Germain in der Champions League:Im Schaufenster der Scheichs

Barcelona v Paris St Germain - UEFA Champions League Quarter Final

Verschaffte PSG fast im Alleingang einen Platz auf der Fußball-Weltkarte: Zlatan Ibrahimovic

(Foto: Getty Images)

In rasender Geschwindigkeit ist Paris St. Germain zu einer Größe des europäischen Fußballs geworden. Dank Topspielern wie Zlatan Ibrahimovic gilt die Mannschaft im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Chelsea schon als Favorit. Der Aufstieg zählt zum Masterplan der Geldgeber aus Katar.

Von Oliver Meiler

Man wird wohl nie erfahren, wie oft am Tag die Verantwortlichen des französischen Fußballmeisters Paris Saint-Germain die Klicks und Likes auf ihrer Seite bei Facebook zählen. Doch wahrscheinlich tun sie das recht oft und studieren die Provenienz der Fans, der Sympathisanten, der "Likers". Neun Millionen sind es schon - vor einem Jahr waren es noch zwei Millionen gewesen.

PSG gehört jetzt also auch in dieser sonderbaren Kategorie zu den Top Ten des europäischen Fußballs. Folgt man den Überlegungen der reichen Klubbesitzer aus Katar, dann ist das aber erst der Anfang, sozusagen das Präludium einer Eroberung. PSG soll eine der größten Marken der Sportwelt (englisch: Brand) werden. Vergleichbar mit Real Madrid, Manchester United, Ferrari, den Los Angeles Lakers, den New York Yankees.

Natürlich hilft es da, wenn auch die Körperertüchtigungen der Angestellten, dieser rennenden Litfass-Säulen der Marke mit dem Eiffelturm, erfolgreich sind. Und das sind sie. Die Ligue 1, die französische Meisterschaft, überfliegt das Team ungefährdet. Und Paris steht nun auch wieder im Viertelfinale der Champions League, wie schon 2013, als man knapp an Barcelona scheiterte. Diesmal empfängt PSG im Pariser Prinzenpark den FC Chelsea. Dessen Trainer, José Mourinho, ein Meister des psychologischen Vorspiels, schiebt den Parisern sogar die Favoritenrolle zu.

Klar, ganz ernst ist es "Mou" damit wohl nicht. Aber auch nicht ganz unernst. PSG ist in Rekordzeit eine fußballerische Größe geworden. Es ging so schnell, in zweieinhalb Jahren nur, dass der Verein inzwischen auch ein Objekt universitärer Studien ist, vor allem in Marketing.

Früher gehasst, bestenfalls ignoriert

Paris war früher nie eine große Fußballstadt. Museen, Theater, Cabarets, Konzerthallen, gefühlte tausend Kinosäle - das kulturelle Angebot der französischen Hauptstadt ist so groß, dass es der Sport immer schwer hatte. Der Fußball ganz besonders. In den vergangenen Jahrzehnten gab es in Paris nur einen Verein, der national oben mitspielte; manchmal wenigstens, aber selten begeisternd. London zählt sechs starke Vereine, Madrid zwei, Rom auch. Und dieser Klub PSG, gegründet erst 1970, machte auch noch öfter mit seinen unsäglichen Ultras Schlagzeilen als mit den Künsten seiner Spieler. Im übrigen Frankreich wurde PSG stets liebend gerne gehasst, in Paris selber bestenfalls ignoriert.

Dann kam Katar über die Stadt. Wie genau, das weiß man noch immer nicht.

Platinis wundersamer Meinungswechsel

Einige bekannte Elemente der Geschichte deuten auf den Plot eines nicht sehr lauteren Geschäfts hin, mit hochrangiger politischer Beteiligung. Jedenfalls beschleunigte sich der Verkauf des Vereins an den katarischen Staatsfonds QIA kurz nachdem Nicolas Sarkozy, damals französischer Staatspräsident und immer schon passionierter Anhänger von PSG, den Emir aus dem Golfstaat empfangen hatte. Es war auch die Zeit, da sich bei Michel Platini, dem Franzosen an der Spitze der europäischen Fußball-Union (Uefa), die Meinung zur Austragung der WM 2022 in Katar radikal und scheinbar wundersam änderte. Auch Platini hatte am Treffen mit dem Emir teilgenommen.

Katar kam also im Sommer 2011 über Paris. PSG war dabei nur die auffälligste Akquise, die Katarer kauften auch Beteiligungen an großen französischen Firmen, Luxushotels, teure Immobilien in Paris und an der Côte d'Azur. Man bereitet sich vor auf die Zeit, wenn die Millionen aus dem Öl- und Gasgeschäft mal nicht mehr so üppig fließen werden, und diese Zeit wird kommen unweigerlich. Man diversifiziert daher die Einnahmequellen und die Strahlmöglichkeiten. Der Masterplan beinhaltet eine sportliche Komponente, PSG dient als Vitrine. Im zweiten Jahr schon investierte Katar 144 Millionen Euro in neue Spieler; der gesamte Rest der Ligue 1 wandte damals 15 Millionen auf. Paris holte unter anderem Ezequiel Lavezzi, Thiago Silva und - natürlich - Zlatan Ibrahimovic.

"Ich kenne die Ligue 1 nicht, aber die Ligue 1 kennt mich"

Diese Topspieler verdrängten die einheimischen Akteure. Seither steht nur noch ein Franzose, Mittelfeldspieler Blaise Matuidi, in der Stammelf. Torjäger Ibrahimovic führte sich so ein: "Ich kenne die Ligue 1 nicht, aber die Ligue 1 kennt mich." In diesem Satz war schon alles drin von dem, was die Franzosen erwartete. Der schwedische Superstar verschaffte dem französischen Vereinsfußball ein Plätzchen auf der Weltkarte, fast im Alleingang.

Das war das Ziel der Katarer. Ibrahimovic ist ihr Brand-Beschleuniger. Um der Marke noch etwas Glamour beizumischen, sie noch globaler zu gestalten, verpflichteten sie für eine Weile auch David Beckham. Asien und die USA dankten es mit vielen Likes auf Facebook. Hatte PSG bis dahin nur einen Prozent seiner Trikots im Ausland verkauft, waren es nun, mit "Becks", zehn Prozent. Diese Quote blieb nach dessen Pensionierung stabil.

PSG setzt jetzt 400 Millionen Euro im Jahr um. Auch hier gehört der Klub nunmehr zur europäischen Spitze. Wobei ein stattlicher Beitrag aus einer Kasse kommt, die Fragen aufwirft: Die katarische Tourismusbehörde QTA, wie QIA ein Arm des katarischen Staates, pumpt jährlich 200 Millionen in den Verein. Wie verträgt sich das mit den Uefa-Regeln des Financial Fairplay? Der Vereinspräsident, der smarte und scheu wirkende 40-jährige frühere Tennisprofi Nasser al-Khelaïfi, weist die Kritik schroff von sich: "Die sollen sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern", sagte der Emissär des Emirs, als mal wieder ein Anwurf aus München kam.

Der kam von Karl-Heinz Rummenigge, dem FC-Bayern-Boss und größten PSG-Skeptiker. Doch in Paris kümmert das keinen. Der Prinzenpark ist immer voll, auf der Ehrentribüne sitzen Politiker, Unternehmer, Schauspieler, Sänger. Man geht heute auch schon mal nach dem Louvre in den Parc des Princes. Die grauen Mauern sind zwar noch die alten, das schmuddelige Image ist die Schüssel im XVI. Arrondissement aber los, ebenso wie die schlimmsten Abteilungen der Ultras. Die Katarer wollen das Stadion zur modernen Arena ausbauen, das Fassungsvermögen von 47 000 auf 60 000 erhöhen, Logen für die Vermögenden einrichten. Elegant soll es sein, das Schaufenster, es soll zu Paris passen.

Populär ist PSG mittlerweile überall in Frankreich. Seine internationalen Erfolge dämpfen das Gefühl des wirtschaftlichen und geopolitischen Abstiegs, das in diesen Krisenjahren das Land gefangen hält und verunsichert. Selbst in Marseille, Frankreichs zweitgrößter Stadt und Gegenentwurf von Paris, der Heimat vom alten Rivalen OM, sieht man neuerdings junge Menschen mit Leibchen von PSG. Früher war das unvorstellbar. Früher hätte man dafür böse Blicke abgekriegt, im besten Fall.

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