BVB-Pleite bei Real:Aussetzer gegen die Feuerwehr

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176 Sekunden bis zum 0:1: Gareth Bale (M.) trifft gegen BVB-Torwart Roman Weidenfeller. (Foto: dpa)

Im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League hat Borussia Dortmund der Wucht von Real Madrid nur wenig entgegenzusetzen. Vor allem wegen einer schwachen ersten Hälfte unterliegt der BVB mit 0:3.

Als Isco jubelnd abdrehte, war der Moment für einen für Dortmund-Fans bitteren Quervergleich gekommen. Mit dem Schuss ins linke Toreck hatte der Mittelfeldmann Real Madrid 2:0 in Führung gebracht, doch es war erst die 27. Minute des Spiels, und Real hatte sich bis dahin immens dominant gezeigt - da lag es nahe, noch einmal an jenen gar nicht allzu fernen Abend zu denken, an dem Dortmunds ewiger Rivale Schalke 04 in der Königsklasse auf die Königlichen getroffen war und mit 1:6 verloren hatte.

Die gute Nachricht für alle Dortmund-Fans beim Abpfiff war: So schlimm wie Schalke war es ihrer Elf dann doch nicht ergangen. Die schlechte Nachricht für alle Dortmund-Fans war: Der Einzug ins Halbfinale ist in etwa so wahrscheinlich wie eine baldige Fusion von BVB und S04. Mit 0:3 (0:2) verloren die Dortmunder.

"Wir sind nicht selbstbewusst genug aufgetreten und haben es Real zu leicht gemacht", sagte Torwart Roman Weidenfeller.

Die Ausgangslage war für den BVB ob der zahlreichen Verletzten und der Gelbsperre von Robert Lewandowski ja ohnehin schon schwierig gewesen, und dann erwischte er auch noch einen fatalen Start. Dritte Minute, erste Real-Chance, erstes Tor. Drei Madrider waren in den Angriff involviert, acht Dortmunder in die Verteidigung, und doch gelang es den drei Madrilenen, den Ball von der rechten Seite von Karim Benzema über Daniel Carvajal zum mittig wartenden Gareth Bale zu bringen - ein Spitzler des Walisers ins linke Eck, 1:0.

Loslegen wie die Feuerwehr hat die Kommentatorensprache für solche Anfangsminuten in ihrem Sprachgebrauch etabliert. Doch zum Leidwesen der Dortmunder hatte sich Real Madrid auf eine besonders gemeine Feuerwehr-Strategie verlegt. Zum einen, weil es sich wie eine Feuerwehr verhielt, die einmal ganz laut Tatü macht und dann anhält und auf das Tata erst einmal verzichtet.

Und zum zweiten, weil es trotzdem andauernd das Gefühl vermittelte, ganz schnell wieder Tatü machen zu können. Angesichts der Wucht, die Cristiano Ronaldo, Benzema und Bale ausstrahlten, sowie der ständigen feinen Pässe von Regisseur Luka Modric in der Ebene dahinter, gab es gefühlt eine permanente Torgefahr, selbst wenn der Ball weit weg vom BVB-Tor war.

Die Dortmunder taten aber auch ihr Übriges, um den Madrilenen einen idealen Spielablauf zu ermöglichen. Nach dem frühen Tor hatte Real noch zwei Schüsse durch Cristiano Ronaldo (10./12.), dann kam etwas Ruhe ins Spiel. Doch kaum hatte sich der BVB etwas stabilisiert, unterlief ihm ein blöder Doppelfehler. Erst verlor er nach einer Ecke den Ball, weshalb Real einen Konter ansetzen konnte; und als dieser Konter eigentlich schon gestoppt war, patzte Mkhitaryan, was Isco dankend zum 2:0 nutzte (27.). Bale zeigte noch einen starken Freistoß (30.), dann war wieder Ruhe.

Die Dortmunder hingegen fanden zunächst nur schwer in die Zweikämpfe. Vor allem war ihnen anzumerken, dass Lewandowski Gelbsperre fehlte und sich dem Vernehmen nach auf Haussuche in München befand. Weil der Pole bekanntlich der beste Torschütze der Schwarz-Gelben ist. Und weil er wie kaum ein anderer Akteur in der Lage ist, Bälle zu halten und zu binden und sie dann an die nachrückenden Spieler zu verteilen.

Doch diesmal stand vorne niemand, der die Bälle halten und binden konnte, sondern standen da Reus, Aubameyang und Mkhitaryan, denen es trotz ihrer Schnelligkeit nicht gelang, die Madrider Abwehr zu irritieren. Wer das Wort Chance ernst nimmt und nicht großzügig irgendwelche Schussversuche dazu zählt, musste nach der ersten Hälfte feststellen: Chancen BVB - null.

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:"Wir waren nicht chancenlos"

BVB-Profi Nuri Sahin trauert den Konterangriffen nach, sein Trainer Jürgen Klopp will keine große Kampfansagen mehr machen, während Real-Trainer Carlo Ancelotti sehr zufrieden ist.

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Das immerhin änderte sich nach der Pause schnell, das Spiel wurde nun etwas ausgeglichener. Auf der einen Seite versuchte es Aubameyang nach Reus-Vorlage, auf der anderer Seite schaffte es Sokratis kurz vor der Torlinie in einer Mischung aus Gefoultwerden und Sich-in-den-Ball-Werfen, eine scharfe Hereingabe vor dem lauernden Benzema übers Tor zu bugsieren (54.).

Auf der einen Seite kam Mkhitaryan zu einer großen Chance und vergab (56.), auf der anderen Seite kam Ronaldo zu einer großen Chance - und traf. Erneut war ein übler Aussetzer der BVB-Abwehr vorausgegangen, diesmal von Piszczek. 3:0 stand es nach 57 Minuten, und wieder befand sich Dortmund angesichts der Zahl der Gegentore zur aktuellen Spielzeit auf bestem Schalker Sechserpack-Kurs. Für den Portugiesen war es bereits der 14. Treffer in der laufenden Saison, womit er mit den bisherigen Rekordschützen Lionel Messi (Champions League 2011/12 für Barça) und José Altafini (1962/63 im Meister-Cup für den AC Mailand) gleichzog.

Auch nach dem 3:0 ging es munter weiter. Mkhitaryan hatte noch eine große Chance (59.), Weidenfeller wiederum zeigte eine seiner vielen starken Paraden (61.). Danach gelang es dem BVB trotz bemerkbarer Bemühungen nicht, das mit Blick auf etwaige Rückspiel-Hoffnungen so wichtige Auswärtstor zu erzielen - und hatte auf der anderen Seite Glück, dass bei einem Konter nicht noch das vierte Gegentor fiel. Das Einzige, was den BVB freuen dürfte: In einer Woche in Dortmund ist Angreifer Lewandowski dann wieder dabei. Dafür fehlt aber Kehl gelbgesperrt. "Wir haben uns keine Situation geschaffen, um große Kampfansagen zu machen, aber wir werden trotzdem antreten", scherzte Jürgen Klopp.

© SZ vom 03.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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