Unternehmerin Tory Burch:Uniformen für die Upper East Side

Tory Burch Portrait In New York

Tory Burchs Erfolgsgeschichte erscheint perfekt

(Foto: Bloomberg)

Strandblondes Haar, Dauerlächeln, grenzenlose Nettigkeit. Modemacherin Tory Burch hat ihren ersten Laden in Deutschland eröffnet. Das "All American Girl" verkauft Tuniken und Ballerinas an Frauen, die gerne so wären wie sie.

Von Lena Jakat

Die Ware in dem goldgerahmten Regal, das bis zur Decke reicht, gibt es nicht zu kaufen. Ordentlich nebeneinander werden darin Pompons aus Hortensien präsentiert, Blumenkugeln wie aus Zuckerwatte. Sie passen zur Gastgeberin - zu den Nelken auf ihrem sportlich-eleganten dunkelblauen Kleid, zu ihrem zuckersüßen Lächeln. Tory Burch ist zur offiziellen Eröffnung ihres ersten deutschen Ladens nach München gekommen. Vor dem Empfang in der Theatinerstraße hat sie die Porzellanmanufaktur Nymphenburg besucht.

Auf der Suche nach einem Gesprächseinstieg inmitten des Pulks von Fans und Journalisten die Frage: "Sie sammeln doch Porzellan, nicht wahr, Frau Burch?" "Yeah", antwortet sie. Wieder dieses Lächeln. Und dazu verdreht sie die Augen, kokettes Schuldbewusstsein. Als wäre für diese Frau teures Porzellan, was für andere Alkohol, Zigaretten oder New York Super Fudge Chunk-Eiscreme ist: das größte aller Laster.

Alles an dieser Frau schreit All American Girl. Die zierlich-sportliche Figur, das strandblonde Haar, das Zahnpastalächeln. "Wenn man sie nicht kennt, möchte man sie hassen", sagte die New Yorker Society-Dame und Duftkerzenfabrikantin Marjorie Gubelmann Raein einst über Burch. "Sie wacht auf, geht Duschen, verlässt das Haus mit nassem Haar und sieht zauberhaft aus - Schlampe!" Doch sie sieht nicht nur perfekt aus - auch die Geschichte ihres Labels lässt sich mit dem Wort perfekt auf den Punkt bringen.

Preppy Bohemian für Frauen in ganz Amerika

Im Februar 2004, Burch ist 37 Jahre alt, eröffnet sie ein Geschäft im schicken New Yorker Viertel Nolita. Klassisch geschnittene, bunt bedruckte Hosen, Tuniken und Accessoires. Am Ende des ersten Tages hatte Burch 80 000 Dollar (knapp 60 000 Euro) eingenommen und keine Ware mehr in den Regalen. Preppy Bohemian wird ihr Stil genannt, eine Ethno-Interpretation des traditionellen Chics der Elite-Schulen. Die Rede ist auch von WASP Chic, Mode für White Anglo-Saxon Protestants, privilegierte weiße Amerikanerinnen. Das Town & Country Magazine bezeichnete Burchs Tuniken als "Uniform für alle - von der Upper-East-Side-Dame, die sich mit Freundinnen zum Lunch trifft, bis hin zu den vielen Frauen in ganz Amerika, die gern Upper-East-Side-Damen wären, die sich mit Freundinnen zum Lunch treffen." Die Frauen, die bei Burch einkaufen, wollen Eleganz und den Besitzerstolz eines Designerteils - zu einigermaßen moderaten Preisen.

Neben den halblangen Blusen mit dem typischen Schlitzkragen war es der Reva-Ballerina, der Burch Erfolg brachte. Der im Grunde schlichte Schuh ist nach ihrer Mutter benannt, auf seiner runden Spitze prangt protzig das goldene Logo der Unternehmerin - zwei Ts, Kopf an Kopf. Burchs Mode ist von viel Gold, vielen Glassteinen und auffälligen Drucken geprägt und Lichtjahre entfernt von der skandinavischen Zurückhaltung vieler Hipster. Das charakteristische Doppel-T findet sich im Münchner Geschäft auf Schuhen, Taschen, Sonnenbrillen. In den Umkleiden, wo sich dicke türkisfarbene Vorhänge unangenehm mit dem dicken moosgrünen Teppich beißen, prangt das Logo sogar an den goldfarbenen Garderobenstangen.

Rosenkrieg um Macht und Marken

2005 macht Burch ein Auftritt in der Talkshow von Oprah Winfrey schlagartig bekannt, 2006 verkauft sie erstmals nach Übersee. 2009 eröffnet sie einen Laden in Tokio, 2010 stellt sie ihre Sonnenbrillen-Kollektion vor, 2011 gibt es den 50. Laden in Peking, 2013 ein eigenes Parfum. Jetzt eröffnet sie das Geschäft in München, mehr als 100 Läden sind es mittlerweile weltweit. Im vergangenen Jahr wurde der Wert ihres Konzerns auf 3,25 Milliarden Dollar (2,3 Milliarden Euro) geschätzt, ihr persönliches Vermögen auf mehr als eine Milliarde Dollar (720 Millionen Euro). Gerne berichtet die Mode-Unternehmerin, wie sie anfangs die Nächte durcharbeitete, wie die ersten Entwürfe in ihrer Küche in New York entstanden sind (einer Küche, das sollte man dazu sagen, die in einem Apartment des Luxus-Hotels Pierre liegt). Menschen, die sie kennen, attestieren ihr enormen Ehrgeiz, der weit über das Maß anderer aufstrebender Unternehmer hinausgehe. "Sie ist eine Kategorie für sich", hieß es in der Vanity Fair.

1996 hatte sie den Unternehmer Chris Burch geheiratet, mit dem gemeinsam sie zwei Millionen Dollar in ihren ersten Laden investierte. Schon lange ist die 47-Jährige nicht mehr die Frau eines millionenschweren Investors, deren Kinder aus dem Gröbsten raus sind und die mal was Eigenes will. Und das nicht nur, weil sie sich 2006 von ihm scheiden ließ. Bis die berufliche Trennung vollzogen war, dauerte es sieben Jahre und etliche Gerichtsprozesse. Er - anfangs neben seiner Ex-Frau Chef des Tory-Burch-Konzerns - warf ihr vor, ihn bei seinen Geschäften zu behindern. Sie - der schon mal Anleihen an die Entwürfe großer Modehäuser nachgesagt werden - warf ihm vor, mit seinem neuen Modelabel C. Wonder ihre Konzepte und Entwürfe zu kopieren (das Magazin Vanity Fair hat in dieser Angelegenheit einen erstaunlichen Bildvergleich angestellt).

Gleich, was man von Burchs recht lauter Mode halten mag: Ihr unternehmerischer Aufstieg ist keine Geschmackssache. Er ist die perfekte Erfolgsgeschichte.

Lächelnd, lächelnd, lächelnd

Perfekt ist auch die Inszenierung auf Burchs Instagram-Feed. Aus Paris postet sie Fotos von Notre Dame und Schaufenstern, aus München Porzellan, das Cuivilliés-Theater und eine Breze. "München ist wunderschön", sagt Burch an diesem Dienstagabend in München auf die zweite Frage. Nur leider, leider habe sie kaum Zeit - nicht für weitere Fragen, und auch nicht, um die Stadt näher kennenzulernen. Sie sei ja schließlich auch Mutter (die Zwillinge Henry und Nicholas sind 17, Sohn Sawyer ist 13). Wenngleich die Jungs München selbstverständlich auch lieben würden.

Tory Burch ist nett, sehr nett. In einem Interview mit der Welt am Sonntag lobte sie neulich den Stil deutscher Frauen, die "sehr selbstsicher und zufrieden sind, mit der Art, wie sie sich kleiden". So viel Nettigkeit, so viel Perfektion, dazu die Art, wie sie vorbildlich die Rollen der Mutter und der Unternehmerin vereint: Das macht Burch zum modischen und moralischen Vorbild für ihre Kundinnen.

Und so steht die Milliardärin aus Manhattan vor den rosa Hortensien in München und posiert neben Lokalpromis wie Melissa Faber-Castell und Minu Barati-Fischer für die Fotografen. Sie selbst ist ihr bestes Verkaufsargument. Tory Burch verkauft Tory Burch, lächelnd, lächelnd, lächelnd.

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