Streit um "heute"-Fanfare:Piep, piep

App der heute-Nachrichten des ZDF

Die App der heute-Nachrichten des ZDF.

(Foto: dpa)

Ist die aktuelle Erkennungsmelodie der "heute"-Nachrichten vom Original aus den sechziger Jahren abgekupfert oder eine Neuschöpfung? Der 91-jährige Komponist ist verärgert - und der juristische Streit um die Fanfare noch nicht beendet.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Kaum etwas ist so einprägsam wie eine gute Erkennungsmelodie - jene Werbung etwa, in der eine Werkstattkette Autofahrern Angst vor Steinschlägen macht. Bei heute, den ZDF-Nachrichten, dürfte wahrscheinlich auch gleich bei den meisten Fernsehzuschauern der typische Fanfaren-Blues vor dem inneren Ohr auftauchen: mit den pulsierenden Morsezeichen-Piep-Piep am Anfang und am Ende. Um den wurde am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) in München gestritten: Ist die moderne Fassung von der geschützten Komposition aus den 1960er Jahren bloß abgekupfert oder eine Neuschöpfung?

Kläger ist der Gräfelfinger Richard-Birnbach-Musikverlag, der zugleich auch seinen Vertrags-Komponisten Klaus Wüsthoff vertritt. Der Berliner Musiker hat neben Opern, Musicals und Orchesterwerken 1962 auch die Titelmusik der heute-Nachrichten komponiert.

Im Laufe der Zeit wurde der Jingle mehrmals modernisiert, so passte Wüsthoff selbst den Fanfaren-Blues 1980 dem Zeitgeschmack an. Dieses Notenbild wurde dann 1984 noch einmal modernisiert. Vor fünf Jahren beauftragte das ZDF dann eine niederländische Produktionsfirma mit der erneuten Modernisierung der Erkennungsmelodie. Alle Soundelemente der ZDF-heute-Familie sollten weiter oder gar neu entwickelt werden. Wüsthoff wurde nicht beteiligt oder um Zustimmung gefragt.

Die Musikfirma legte die aktuelle Erkennungsmelodie vor und diese wurde vom ZDF der Gema gemeldet. Der heute 91-jährige Wüsthoff reagierte verärgert: Im Zuge der Umstellung auf das neue Studio sei das bekannte Musik-Logo verschwunden, ohne auf die Hörgewohnheiten der Zuschauer Rücksicht zu nehmen, schrieb er dem Sender 2011. Nur Überreste der Morsezeichenidee erinnerten noch daran. Abschätzig spricht er von einem "Kino-Sound", der seinem alten Motiv nicht gewachsen sei. "Die musikalische Kennung von heute soll wieder hergestellt werden", forderte er.

2013 reichte der Birnbach-Verlag Klage beim Landgericht München I ein: Die neue Melodie stelle eine unzulässige Bearbeitung des alten Werks dar. Die 21. Zivilkammer wies diese jedoch ab, da es sich bei der jetzigen Melodie um eine neue Komposition handele. Allenfalls könne sie als freie Benutzung der ursprünglichen Melodie angesehen werden - dem klagenden Verlag stünden daher weder Unterlassungs- noch Schadensersatzansprüche zu. Dieselbe Kammer hatte zuvor schon Schlagzeilen gemacht und eine Klage des Dachauer Komponisten Stephan Obinger gegen McDonald's abgewiesen: Der Burgerbrater habe das bekannte Werbe-Lied "Ich liebe es" nicht von Obinger abgekupfert.

Im Berufungsverfahren am Donnerstag nun hörte der 6. OLG-Senat zwar die umstrittenen Jingles an. Es gibt aber noch so viele Sach- und Rechtsfragen zu klären, dass erst im Juli bekannt gegeben werden soll, wie das Verfahren fortgesetzt wird - eventuell mit der Beauftragung eines Sachverständigen. Bis dahin sei Zeit, regte der Senat an, über eine vernünftige Kompromisslösung nachzudenken.

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