Zum Ende von "Wetten, dass..?":Das ZDF hat verstanden

'Wetten, dass..???' Ende Offenburg Markus Lanz

Markus Lanz moderiert bald die letzte Ausgabe von "Wetten, dass..?"

(Foto: Andreas Rentz/Getty Images)

Noch drei Ausgaben und dann ist Schluss! Moderator Markus Lanz verkündet in seiner Abmoderation das Ende von "Wetten, dass..?". Die vorangegangene Show aus Offenburg beweist jedoch eindrücklich, dass niemand traurig sein muss über das baldige Verschwinden des Formates.

Eine TV-Kritik von Matthias Kohlmaier

Und Markus Lanz sagte: "Wir sehen uns wieder am 4. Oktober in Erfurt. Wir gehen jetzt in die Sommerpause und sehen uns wieder am 4. Oktober mit den letzten drei Ausgaben von 'Wetten, dass..?'. Das war's. Ihnen allen einen schönen Abend und bis bald." Am 13. Dezember 2014 wird in Nürnberg das allerletzte "Wetten, dass..?" aufgezeichnet und dann die ehemals heilige Kuh deutscher Fernsehunterhaltung tatsächlich geschlachtet.

Und nein, Lanz hat sich nicht missverständlich ausgedrückt, denn das ZDF lancierte mit Ende der Ausgabe aus Offenburg eine Pressemitteilung. "Wir haben gemeinsam entschieden, dass wir noch die drei geplanten Ausgaben in 2014 machen. Danach ist Schluss", lässt sich ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler dort zitieren. "Endlich!", werden viele sagen, "Schade!" ein paar wenige.

Fast bis zuletzt hatte das ZDF seine 33 Jahre alte Samstagabendshow und ihren Moderator noch gegen jedwede Kritik verteidigt. Wobei die Betonung auf dem "fast" liegt. Denn Intendant Thomas Bellut hatte dem Handelsblatt vor zwei Wochen auf die Frage, wie es denn mit "Wetten, dass..?" weitergehe, gesagt: "Ich weiß es wirklich nicht. In diesem Jahr werden wir sehen, wie stark die Marke noch ist." Aus diesem Nicht-Wissen ist offensichtlich sehr schnell eine Entscheidung gegen das Format erwachsen.

Lanz blieb aber Profi und ließ sich während der Show aus Offenburg absolut nicht anmerken, dass er an deren Ende Großes zu verkünden hatte. Das bedeutet nun nicht, dass das gestrige "Wetten, dass..?" ungleich besser als die vergangenen Ausgaben der kurzen Ära Lanz gewesen wäre. Es bedeutet auch nicht, dass der Moderator plötzlich seine Entertainer-Qualitäten entdeckt hätte und mit einem Mal Pointen auf den Punkt bringen oder eine mit Publikum gefüllte Halle unterhalten könnte. Und es bedeutet schon gar nicht, dass diese - nach neuer Zeitrechnung: viertletzte - "Wetten, dass..?"-Ausgabe irgendeinen Anlass geliefert hätte, traurig über das baldige Verschwinden der Show aus Deutschlands TV-Landschaft zu sein.

"Ach, so schlecht war es doch gar nicht" - Von wegen

Freilich wird schon sehr zeitnah die Verklärung beginnen. "Ach, so schlecht war es doch gar nicht", "War ja schon toll, was da immer für interessante Gäste gekommen sind" oder "Und diese tollen Wetten, sowas findet man heute einfach nicht mehr im Fernsehen" wird es heißen. Das Gedächtnis spielt einem eben manchmal einen Streich. So wie Schmerzen, körperliche wie psychische, irgendwann einfach aus der Erinnerung gelöscht werden - welche Mutter würde sich sonst für ein zweites Kind und damit eine Wiederholung der Geburtsschmerzen entscheiden.

Damit das mit dem spätestens seit Dienstantritt von Lanz dahinsiechenden "Wetten, dass..?" nicht passiert, damit wenigstens die Leser dieses Textes nicht die marternde Ödnis dieses Formates in seinen letzten Zügen vergessen, folgen fünf Zitate aus der Offenburger Ausgabe. (Zu Gast waren übrigens Guido Maria Kretschmer, Cameron Diaz, Hape Kerkeling, Veronica Ferres, Anastacia und Annette Frier; das aber nur der Vollständigkeit halber.) Manche der Sprüche sollten witzig sein, manche geistreich.

"Ich schicke Geld zurück: Ein Satz, der Schäuble nie über die Lippen kommen würde." (Markus Lanz zu Designer Guido Maria Kretschmer, der von Fans kein Geld annimmt)

"Dr. Stefan Frank; der Arzt, den die Frauen verhauen." (Markus Lanz zu Sängerin Anastacia, nachdem er ihren Knopf im Ohr befestigt und sie ihm dafür gedankt und gesagt hatte, er sei talentiert wie ein Doktor)

"Luai hat irakische Wurzeln, Ha vietnamesische, geboren sind sie aber alle hier in Deutschland. Ja, auch das ist Deutschland!" (Markus Lanz über die Wettkandidaten Luai Baker und Ha Van Duc)

"Es soll Menschen geben, die ihre Kinder in der FAZ einwickeln." (Markus Lanz über frühkindliche Förderung)

"Kleiner sachdienlicher Hinweis: Dieses Teil ist dafür da, um es zu treffen." (Markus Lanz, nachdem Guido Maria Kretschmer offensichtlich erstmals in seinem Leben mit Pfeil und Bogen auf eine Zielscheibe geschossen und diese knapp verfehlte hatte)

Schauderhaft und zufällig unterhaltsam

Auf Markus Lanz ist in den letzten Monaten wahrlich genug eingeprügelt worden (der Autor dieses Artikels nimmt sich da keinesfalls aus). Aber genau das ist leider das humoristische Niveau, das nicht nur in Offenburg, sondern auch in den vergangenen Ausgaben dargeboten wurde. Schauderhaft und bestenfalls zufällig unterhaltsam. Dennoch ist nicht einzig und allein Lanz für den Tod von "Wetten, dass..?" verantwortlich. Wäre das Format noch immer das große Samstagabend-Fernseh-Lagerfeuer, das es einst wirklich war, hätte es auch einen mäßig witzigen Moderator ertragen. "Format schlägt Moderator", hat selbst ZDF-Unterhaltungschef Oliver Fuchs in der aktuellen SZ gesagt.

Mit der Absetzung von "Wetten, dass..?" räumt das ZDF also ein: Wir haben verstanden, diese Show hat sich überlebt. Es reicht einfach nicht mehr aus, ein paar Prominente in eine Halle zu karren, ein wenig zu singen und zu plaudern und dazwischen Menschen bei ihren obskuren Hobbys zuzusehen. Das sind alles Dinge, die auf youtube zu jeder Tages- und Nachtzeit in Hülle und Fülle verfügbar sind. Vor allem rechtfertigt Frank Elstners mehr als drei Jahrzehnte altes Konzept keine Show mehr, die laut ZDF-Intendant Bellut pro Ausgabe zwei bis 2,5 Millionen Euro kostet.

"Ich hab ein gutes Gefühl", "Alles gut, alles gut, alles gut" und "Ein großer Spaß" hat Markus Lanz während seiner "Wetten, dass..?"-Moderationen immer wieder mantraartig wiederholt. Schwer zu glauben, dass auch nur eines davon aus seiner Perspektive als ZDF-Angestellter je gestimmt hat. Auch in Offenburg hieß es irgendwann: "Das war ein großer Spaß!"

Dieses Zitat ist zumindest im übertragenen Sinn sehr treffend. Möchte man über "Wetten, dass..?" und seine Unterhaltungsfunktion sprechen, ist das Präteritum die ideale Zeitform.

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