CDU-Parteitag zur Europawahl:Kännchen und Kanzlerin

Vorbereitungen zum CDU Parteitag

Letzte Vorbereitungen für den CDU-Parteitag in Berlin.

(Foto: dpa)

Nur 75 Minuten will die CDU auf ihrem Parteitag in Berlin über das Programm zur Europawahl debattieren, mehr nicht. Im Kampf um die Stimmen setzen die Christdemokraten ohnehin fast ausschließlich auf eine Person, die gar nicht kandidiert.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die Junge Union ist ein wunderlich Ding. In anderen Parteien ist der Nachwuchs gerne mal ungestüm und kratzbürstig. Bei der CDU ist dagegen kaum jemand so angepasst wie die JU. Philipp Mißfelder, der Vorsitzende, wurde wahrscheinlich pubertätslos erwachsen. Das gilt auch für viele seiner Mitstreiter. Die eigenartige Adoleszenzlosigkeit der Union ist oft beschrieben worden - und zeigt sich auch jetzt wieder.

An diesem Samstag kommen die Delegierten der CDU in Berlin zum Parteitag zusammen. Auf der Tagesordnung stehen neben der Beratung des Europawahlprogramms auch 19 sonstige Anträge, neun davon stammen von der Jungen Union. Der Nachwuchs spricht sich darin gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, gegen die Freigabe der "Pille danach", gegen ein Tempolimit, für den Sonntag als Familienruhetag, für die Kernfusion und für Schützenvereine aus. Schöner hätten es auch die Partei-Konservativen vom Berliner Kreis nicht fordern können.

Im Mittelpunkt des Parteitags steht aber natürlich nicht die JU, sondern die Europawahl Ende Mai. Die Abstimmung wird der erste landesweite Stimmungstest für die CDU seit der Bundestagswahl. Die Umfragen sehen für die Union bisher ganz gut aus, CDU und CSU liegen durchgehend bei knapp 40 Prozent. Die meisten Bürger haben sich mit der Europawahl allerdings noch gar nicht beschäftigt, die Zahlen der Institute sind also noch nicht sonderlich aussagekräftig. Außerdem gibt es diesmal keine Fünf-Prozent-Hürde. Die Konkurrenz im Kampf um die Mandate ist also größer als 2009. Damals bekam die Union drei Sitze geschenkt, weil deren eigentliche Gewinner an der Hürde gescheitert waren. Und dann ist da ja noch die Alternative für Deutschland (AfD).

Die CSU hat den Euro-Kritiker Peter Gauweiler zurück in die erste Reihe geholt. Mit dem neuen Parteivize und Parolen à la "Wer betrügt, der fliegt" versuchen die Bayern, die AfD klein zu halten. Die CDU hält von derlei wenig. Die Christdemokraten wollen im Wahlkampf als überzeugte Europäer auftreten - alles andere wäre wegen der Rolle Angela Merkels in Brüssel auch nicht glaubwürdig. Die CDU Konrad Adenauers, Helmut Kohls und inzwischen auch Merkels war immer eine Europa-Partei.

Auch europakritische Wähler ködern

Sie grenzt sich in ihrem Programmentwurf deshalb deutlich von der AfD ab, allerdings ohne diese zu erwähnen. Eine Politik, "die sich vom Euro abwendet", sei "ökonomisch und politisch völlig unverantwortlich", heißt es in dem Entwurf. "Wir wollen ganz bewusst ein positives Bild dieses Europas, so wie wir es uns für die Zukunft wünschen, zeichnen", sagt Generalsekretär Peter Tauber. Seine Partei werde deshalb die Themen Arbeitsplätze, stabiler Euro, Industriepolitik und "Chancen für den Einzelnen" in den Vordergrund stellen.

Gleichzeitig will die CDU aber auch mit Kritik an der EU-Bürokratie punkten. Sie fordert, dass die EU-Kommission Vorschläge für eigene Gesetze zurückziehen muss, wenn die Mehrheit der nationalen Parlamente auf eine eigene Zuständigkeit pocht. Außerdem kritisiert die CDU bildhaft die vielen Vorschriften aus Brüssel. "Wir haben erfolgreich die Regulierung von Ölkännchen in Restaurants oder Sonnenschirmen in Biergärten verhindert", heißt es im Programmentwurf. Jetzt werde man sich auch "gegen die Überregulierung von Duschköpfen" durch die EU einsetzen. Mit den Ölkännchen, Sonnenschirmen und Duschköpfen will die CDU auch europakritische Wähler ködern. Auf manch einer CDU-Veranstaltung der vergangenen Wochen gab es bei diesen Forderungen den größten Applaus.

Noch wichtiger als das Programm dürfte aber das Gesicht des CDU-Wahlkampfs werden - und das wird Merkel sein. David McAllister ist zwar deutscher Spitzenkandidat, Jean-Claude Juncker der Frontmann der europäischen Konservativen. Auf den CDU-Plakaten wird aber fast nur die Kanzlerin zu sehen sein, obwohl sie bei der Europawahl gar nicht antritt. Am Freitag präsentierte Tauber die Motive der ersten bundesweiten Plakatwelle. McAllister und Juncker tauchen noch nicht einmal im Hintergrund auf, für Merkel gibt es dagegen ein eigenes Plakat. "Gemeinsam erfolgreich in Europa" steht unter ihrem Porträt.

Die CDU setzt fast ausschließlich auf ihre Vorsitzende. Kein Wunder also, dass die Parteitagsregie für die gesamte Debatte über das Wahlprogramm nur 75 Minuten eingeplant hat. Größere Kontroversen sind sowieso nicht zu erwarten. Das gilt auch für die drei anstehenden Wahlen. McAllister soll ins Präsidium aufrücken, durch den Weggang Eckart von Klaedens wurde ein Platz frei. Philipp Murmann soll neuer Schatzmeister werden, er ersetzt den wegen dubioser Geldanlagen zurückgetretenen Helmut Linssen. Und Tauber soll jetzt auch offiziell zum Generalsekretär gewählt werden, bisher ist er nur vom Vorstand ernannt. Der 39-Jährige galt in seiner Zeit bei der JU übrigens auch als stramm konservativ.

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