Parlamentswahl in Ungarn:Regierungschef Orbán gewinnt deutlich

Viktor Orban bei der Wahl

Stimmabgabe nur vor ausgewählten Journalisten: Ungarns Regierungschef Viktor Orbán in Budapest.

(Foto: REUTERS)

Seine Fidesz-Partei ist wieder mit Abstand stärkste Kraft in Ungarn. Auch eine Zweidrittelmehrheit konnte Ministerpräsident Viktor Orbán letzten Hochrechnungen zufolge wieder erringen. In der letzten Amtszeit hat er diese massiv zu seinen Gunsten ausgenutzt.

Sieben Wochen vor der Europawahl haben die Ungarn über ihr neues Parlament abgestimmt. Klarer Sieger ist der rechts-nationale Regierungschefs Viktor Orbán. Der ungarische Ministerpräsident erklärte sich am späten Sonntagabend zum Sieger: "Alle Zweifel, alle Sorgen sind zerstreut - wir haben gewonnen!", rief er vor Tausenden Anhängern in Budapest.

Nach Auszählung von 84 Prozent der Stimmen kamOrbáns rechtsnationaler Bund Junger Demokraten (Fidesz) auf 44,8 Prozent der Stimmen. Letzte Hochrechnungen sagten Fidesz auf dieser Basis 133 der 199 Sitze im Parlament voraus. Damit hätte Orbáns Partei - wie schon vor vier Jahren - eine Zweidrittelmehrheit errungen.

Das Mitte-Links-Bündnis von fünf Parteien, das die Sozialistische Partei (MSZP) anführt, kam Hochrechnungen zufolge auf 25,3 Prozent. Die rechtsradikale Jobbik (Die Besseren) könnte mit 20,9 Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft werden. Die Partei war unter anderem durch ihre verbalen Attacken gegen die Minderheit der Roma in die Kritik geraten. Die Öko-Partei Politik kann anders sein (LMP) kam mit 5,1 Prozent knapp über die Fünf-Prozent-Hürde.

Nach Angaben der Wahlbehörde gaben bis 13 Uhr 34,3 Prozent der 8,2 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Damit gaben etwas weniger Wähler ihre Stimme ab als zum selben Zeitpunkt vor vier Jahren. Um die 199 Sitze in der deutlich verkleinerten Volksvertretung bewerben sich 18 landesweite Parteilisten und 1554 Einzelkandidaten.

Mit demokratie- und marktpolitisch bedenklichen Gesetzen hatte die Regierung Orbán in den letzten Jahren wiederholt Besorgnis in der EU ausgelöst. So gab Orbán der von ihm abhängigen Medienbehörde mehr repressive Möglichkeiten zur Gängelung von Zeitungen oder Internetportalen. Die ungarische Notenbank ist faktisch nicht mehr unabhängig von der Regierung.

Nach der Abgabe seiner eigenen Stimme sagte der 50-Jährige in Budapest, er hoffe auf eine hohe Wahlbeteiligung und damit auf ein starkes Mandat für die künftige Regierung. Zeit und Ort der Stimmabgabe Orbáns wurden entgegen bisheriger Gepflogenheiten geheim gehalten. Nur Vertreter von äußerst regierungsfreundlichen Medien durften beim Urnengang des Regierungschefs dabei sein.

Ungerechtes Wahlsystem

Orbáns Fidesz-Partei kann wegen einer von ihr durchgesetzten Wahlrechtsreform mit einem überproportional hohen Anteil der Parlamentssitze rechnen. 106 Sitze werden der Reform entsprechend in den Wahlkreisen nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben, nur bei den übrigen 93 Sitzen kommt es auf den landesweiten Stimmenanteil nach dem Verhältniswahlrecht an. Für den Gesamtsieger der Wahl gibt es zudem Bonus-Mandate, der Zuschnitt der Wahlkreise wurde bei der Reform zu Ungunsten der Opposition verändert.

"Das Wahlsystem ist ungerecht", beklagte der frühere Regierungschef Gordon Bajnai, eine der Führungsfiguren der linken Opposition. "Es ist, als liefe die Fidesz ein 100-Meter-Rennen und die Opposition 400 Meter Hürden."

Bei den bisher sechs Wahlen seit der demokratischen Wende 1989/90 ist es in Ungarn erst einmal einer Regierung gelungen, nicht abgewählt zu werden. Der links-liberalen Koalition unter dem sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsany gelang 2006 die Wiederwahl, um vier Jahre später vom Wähler besonders hart abgestraft zu werden. Auch Orbán traf 2002 bereits einmal das Schicksal einer Abwahl.

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