Alarmierender Trend:Wenn der Schwimmunterricht ins Wasser fällt

Buben und Mädchen sollen schwimmen lernen, denn das ist gesund und gibt den Kindern Sicherheit. Doch für den Besuch im Hallenbad fehlt es etlichen Schulen an Zeit und Geld

Von Julia Bergmann

Tuerkenfeld: SCHUL-SCHWIMMBAD

Schulleiter Markus Istenes und Sportlehrerin Katja Bienert im Türkenfelder Schwimmbad

(Foto: Johannes Simon)

Gong! Stundenwechsel. Auf dem Stundenplan steht Schwimmunterricht. Eine lang ersehnte Abkühlung für die Schüler, sollte man meinen. Tatsächlich bedeutet der Schwimmunterricht an Grundschulen aber meist nur eines - Stress. "Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das Schulschwimmen einen gewaltigen zeitlichen und auch personellen Aufwand bedeutet, und dann sind da noch die Kosten", sagt Schulamtsdirektor Karl Grünauer. Deshalb gebe es mittlerweile einige Schulen im Landkreis, die keinen Schwimmunterricht mehr anbieten können. Von den 31 Grundschulen im Landkreis sitzen acht auf dem Trockenen.

Die Nachfrage an einigen Grundschulen bestätigt Grünauers Aussage. Da ist zum einen die Anfahrt mit dem Bus für die Schulen, die kein Schwimmbad in der Nähe haben. Dazu kommt die Umkleidezeit und die Zeit, die die Kinder zum Haareföhnen benötigen. "Unterm Strich bleiben da oft nur noch 20 Minuten Zeit im Wasser", sagt Grünauer. "Der zeitliche Aufwand steht zum Nutzen oftmals in keinem Verhältnis mehr." Überdies sind die Kosten für Busfahrten und Schwimmbadeintritt enorm. Die Grundschule an der Richard-Higgins-Straße in Fürstenfeldbruck bietet sowohl Schwimmunterricht als auch Eislaufen an. Tanja Stock die Schulleiterin erklärt, dass dafür etwa 3000 Euro im Jahr allein für Busfahrten und noch einmal etwa 4000 Euro für den Eintritt bezahlt werden müssen. Die Kosten beziehen sich sowohl auf das Eislaufen, als auch das Schwimmen. Stock schätz, dass etwa die Hälfte der genannten Beträge für den Schwimmunterricht ausgegeben wird. Freilich setzen sich die Beträge je nach Schule unterschiedlich zusammen, da die Fahrkosten steigen, je weiter der Anfahrtsweg zur Halle ist und je mehr Klassen pro Schuljahr zum Schwimmen geschickt werden.

Vor allem für einige Gemeinden im östlichen Landkreis bedeute das, dass ein effektiver Schwimmunterricht nicht mehr gewährleistet werden kann. Die Schwimmmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe fehlen, die Anfahrt zum nächsten Schwimmbad dauert zu lange und die Kosten dafür wären ohnehin zu hoch. Dabei ist laut Stock der Unterricht für die Sicherheit der Kinder sehr wichtig. Viele hielten sich in ihrer Freizeit an Gewässern auf. "Und wir sehen immer wieder, dass nicht alle Kinder in der dritten Klasse schon schwimmen können. Deshalb ist es gut, wenn Schulen es als ihre Aufgabe sehen, den Kindern das Schwimmen beizubringen."

Die Relevanz des Schwimmunterrichts bestätigt auch Petra Krieger, Schulleiterin der Grundschule an der Kirchenstraße in Germering. Dennoch, betont sie, könne es nicht alleinige Aufgabe der Schulen sein, den Kindern die nötigen Fertigkeiten zu vermitteln. "Es ist auch die Aufgabe der Eltern, sicherzustellen, dass das Kind schwimmen kann. Wenn man es realistisch sieht, reicht ein halbes Jahr Unterricht in der Grundschule nicht aus, die Kinder zu sicheren Schwimmern zu machen", betont die Rektorin. Grünauer hingegen schätzt, dass etwa 80 bis 90 Prozent aller Schüler nach einem halben Jahr Schwimmunterricht tatsächlich schwimmen können. Allerdings, so räumt er ein, sei Übung essenziell. Dafür sei es notwendig, dass die Kinder sich regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinweg im Wasser bewegten.

Wie sich der Unterricht genau gestaltet, hänge von der jeweiligen Schule ab, sagt der Schulamtsleiter. Die meisten Schulen bieten Schwimmen ab der dritten, vereinzelt ab der zweiten Klasse an. An Grundschulen sind in der Regel drei Stunden pro Woche für den Sportunterricht eingeplant. Ein Drittel dieser Zeit sei üblicherweise fürs Schwimmen vorgesehen, so dass der Unterricht in der Regel über ein Halbjahr verteilt, alle 14 Tage stattfindet. Den Unterricht dürfen nur Lehrkräfte geben, die eine Schwimmausbildung haben und den Rettungsschwimmschein besitzen. Wer als Grundschullehrer Sport studiert, erwerbe diese Voraussetzungen, erklärt Grünauer. Ein nachträglicher Erwerb sei allerdings auch möglich. Die Bayerische Landesstelle für den Schulsport bietet Fortbildungen an, in denen die Zusatzqualifikation erlangt werden kann. Darüber hinaus benötigt man das Rettungsschwimmabzeichen. Die Prüfung dafür kann bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) abgelegt werden.

In einem Punkt sind sich alle Beteiligten einig: Der bestehende Schwimmunterricht müsse aufrecht erhalten werden. Denn nur auf diese Weise sind die Kompetenzen und Fähigkeiten der Schüler nachhaltig verankert und die Sicherheit der Kinder im Wasser gewährleistet, betont Grünauer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: