Rücktritt von Tory-Ministerin Miller:Blamage für Premier Cameron

FILE - Maria Miller Quits As Culture Secretary

Die britische Kulturministerin Maria Miller ist zurückgetreten - sie war in der eigenen Partei wegen eines Spesenskandals zunehmend unter Druck geraten.

(Foto: Getty Images)

Großbritanniens Premier Cameron verteidigte Maria Miller bis zuletzt - das fällt nun auf ihn zurück: Die Kulturministerin tritt wegen eines Spesenskandals zurück. Kritik an ihr gibt es viel, nur wenige halten zu ihr und warnen vor einer "Hexenjagd".

32 Sekunden - so kurz war die Entschuldigung von Kulturministerin Maria Miller am vergangenen Donnerstag im britischen Unterhaus. Unter dem Raunen der Abgeordneten stand sie auf und erklärte:

"Der Ausschuss hat empfohlen, dass ich mich für mein Verhalten den Ausschussmitgliedern gegenüber vor dem Haus entschuldige. Ich akzeptiere die Empfehlungen des Ausschusses vollkommen und bedanke mich, dass diese Sache nun zu einem Ende gebracht wird."

Man könnte allerdings sagen, dass damit die Sache erst so richtig begonnen hat. Nun, wenige Tage später, hat sie ihren Rücktritt erklärt. Großbritanniens Premier David Cameron hatte ihr so ziemlich als Einziger mehrfach seine Unterstützung zugesichert. Jetzt steht er blamiert da.

Was war geschehen? Kulturministerin Miller, bei den Rechten in der eigenen Partei sowieso schon umstritten wegen der Einführung der Homo-Ehe, ist über einen Spesenskandal gestolpert. Sie soll privat ein Haus gekauft und mit einem Gewinn von mehr als einer Million Pfund wiederverkauft haben. Für dieses Haus im Süden Londons, in dem unter anderem ihre Eltern lebten und das sie als "Zweitwohnsitz" gemeldet hatte, hat sie aber Spesen aus dem Fonds für Abgeordnete von mehr als 90 000 Pfund (rund 110 000 Euro) bezogen.

Ein Untersuchungsausschuss hatte sie zunächst zur Rückzahlung von 45 000 Pfund aufgefordert, ein weiterer Ausschuss reduzierte diese Summe auf 5800 Pfund. Vergangene Woche erklärte sich Miller bereit, diese Summe zurückzuzahlen. Dann folgte die Entschuldigung im Unterhaus und Miller dachte, die Sache sei erledigt.

Von wegen: Am Wochenende veröffentlichte die Daily Mail on Sunday eine Umfrage, wonach 78 Prozent der Befragten und sogar 82 Prozent der Tory-Unterstützer Millers Rücktritt forderten. Mehr als 180 000 Menschen unterzeichneten eine Online-Petition, in der Miller aufgefordert wird, ihren Ministerposten aufzugeben oder die beanstandeten Ausgaben von ursprünglich 45 000 Pfund (54 600 Euro) zurückzuzahlen. Parteifreund Iain Duncan Smith gab zu bedenken, dass sich Miller eine Menge Antipathie eingehandelt habe. Man müsse aufpassen, dass es keine Hexenjagd gebe.

Und Miller? Brachte im Unterhaus eine recht dürre Entschuldigung, weil sie sich gegenüber einem Ausschussmitglied "drohend" verhalten habe. Zu knapp, zu wenig demütig. Fanden auch Parteifreunde, darunter Beschäftigungsministerin Esther McVey. Das hätte bei ihr "anders" ausgesehen, sagte McVey dem Fernsehsender ITV. "Aber jeder hat seinen Stil und macht die Dinge auf seine Weise."

Im rechten Parteiflügel ist Miller nicht gerade beliebt, weil sie sich erfolgreich für die Homo-Ehe eingesetzt hat. Auch bei der Presse hält sich die Sympathie für die Ministerin in Grenzen, denn sie hatte sich nach dem Abhörskandal um die Zeitung News of the World und der folgenden Leveson-Untersuchung für ein neues Aufsichtsgremium zur Presseregulierung in Form einer sogenannten "Royal Charter" eingesetzt.

Unterstützung erhielt Miller lediglich noch vom Londoner Bürgermeister Boris Johnson. Er empfinde Mitleid mit Personen, die "gejagt" würden, erklärte der als exzentrisch geltende Politiker.

Für die Briten dürfte der Fall Miller unschöne Erinnerungen wecken: Bereits 2009 war Großbritannien durch eine Spesenaffäre im britischen Parlament erschüttert worden. Infolge von Medien-Enthüllungen waren etwa ein Dutzend Regierungsmitglieder und zahlreiche Abgeordnete zurückgetreten. Parlamentarier ließen sich vom Steuerzahler unter anderem die Ausgaben für verschiedene Wohnsitze, ein Entenhäuschen oder für Poolreinigungen erstatten. Die Briten waren erschüttert über die Selbstbedienungsmentalität der Parlamentarier, man dachte, dass so etwas nicht wieder passieren würde.

Miller hat nun eindrucksvoll das Gegenteil bewiesen. Und David Cameron? Schreibt ihr zurück, dass sie stolz auf ihre Arbeit in der Regierung sein kann.

Linktipp: Der Guardian dokumentiert Millers Rücktrittsschreiben und Camerons Antwort im Wortlaut.

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