Konflikt in der Ukraine:Obama erwägt weitere Sanktionen gegen Russland

Ukraine Russland Nato Militärpräsenz Flugzeuge

Mögliche Bedrohung für die Ukraine: Ein Satellitenbild zeigt nach Angaben der Nato Militärflugzeuge auf einer Basis im südlichen Russland.

(Foto: AFP)

USA drohen mit Verschärfung der Sanktionen +++ "Hohe Einsatzbereitschaft": Nato legt Satellitenaufnahmen über russische Militärpräsenz vor +++ Russische Armee bezeichnet Bilder als veraltet - Firma widerspricht +++ G7 beraten in Washington +++

Die Entwicklungen im Newsblog

  • Merkel und Obama beraten am Telefon über Ukraine-Krise
  • Nato spricht von bis zu 40 000 einsatzbereiten russischen Soldaten
  • Russische Armee spricht von veralteteten Bildern, Anbieter widerspricht
  • Putin versucht, über Gaslieferungen den politischen Druck auf EU zu erhöhen
  • Europarat entzieht russischen Abgeordneten bis Ende des Jahres das Stimmrecht

Obama stimmt Westen auf weitere Sanktionen gegen Russland ein: In einem Telefongespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel betont US-Präsident Barack Obama nach Angaben des Weißen Hauses, die USA, die Europäische Union und andere globale Partner müssten darauf vorbereitet sein, einer weiteren russischen Eskalation mit zusätzlichen Sanktionen zu begegnen. Obama und Merkel sprachen vor allem über die besorgniserregende Lage in der Ostukraine.

Nato warnt vor russischem Militärpotential: Etwa 35 000 bis 40 000 russische Soldaten sind nach Ansicht hoher Nato-Militärs im Grenzgebiet zur Ukraine jederzeit einsatzbereit. "Dies sind beachtliche Streitkräfte von hoher Einsatzbereitschaft. Und sie sind in der Lage, sich sehr rasch zu bewegen", sagte der britische Brigadegeneral Gary Deakin, Direktor des Zentrums für Krisenmanagement im militärischen Nato-Hauptquartier in Mons (Belgien). Er sei überzeugt, dass die russischen Soldaten innerhalb von zwölf Stunden nach einer politischen Entscheidung marschbereit seien. Deakin legte erstmals bei der Nato Satellitenaufnahmen über die russische Truppenkonzentration vor. An mehr als 100 Standorten seien Artillerie, Panzerfahrzeuge, Hubschrauber, Spezialeinheiten, Kampfflugzeuge sowie die dazugehörenden Logistikeinheiten stationiert, sagte der General. "Das sind keine Truppen, die sich immer dort befinden, wo sie gerade sind", sagte er. Die Einheiten würden seit drei bis vier Wochen auch nicht - etwa zu Manöverzwecken - bewegt: "Es ist sehr ungewöhnlich, eine so große Truppe so lange einfach in der Landschaft stehen zu lassen." (Sehen Sie hier die von der Nato veröffentlichten Bilder)

Russische Armee bezeichnet Bilder als veraltet - Anbieter widerspricht: Die von der Nato veröffentlichten Bilder sollen nach Angaben eines Mitglieds des russischen Generalstabs bereits im August 2013 gemacht worden sein. Dies berichtet die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti mit Berufung auf den Generalstab. "Auf den Bildern sind Einheiten des Südlichen Wehrbezirks zu sehen, die im Sommer vergangenen Jahres geübt haben. Manöver fanden auch im Raum der ukrainischen Grenze statt", wird ein ranghoher Militär zitiert. Der Anbieter der Satellitenbilder, die Firma Digitalglobe, verweist auf einen militärischen Vertreter der Nato, der sagte, die Aufnahmen stammten von einem Satelliten der Firma Digital Globe und seien zwischen Ende März und Anfang April 2014 aufgenommen worden. Die Bilder seien nicht als geheim eingestuft und seien im kostenpflichtigen Archiv von Digital Globe öffentlich zugänglich.

G7 beraten in Washington: Die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrieländer (G7) sprechen in Washington über die Ukraine-Krise und etwaige Folgen für die Weltwirtschaft gesprochen. In der G7 besteht im Grundsatz Einigkeit darüber, dass Russlands Eingliederung der Krim-Halbinsel unrechtmäßig sei und Sanktionen gegen die Regierung in Moskau berechtigt seien. Echte Wirtschaftssanktionen haben die G7-Länder zwar bislang nicht beschlossen. Aber sie drohen, dass es dazu kommt, wenn Russland für eine weitere Eskalation der Lage sorgen sollte.

Ungarn will der Ukraine mit Erdgaslieferungen beispringen: Technisch seien dafür die Voraussetzungen geschaffen, sagt Außenminister Janos Martonyi am Abend in Budapest. Ungarn deckt seinen Gasbedarf überwiegend mit Lieferungen aus Russland, die über die Ukraine in das EU-Mitgliedsland gepumpt werden. Es sei aber auch möglich, das Gas in umgekehrter Richtung über die Pipeline von Ungarn in die benachbarte Ukraine zu transportieren, sagt Martonyi. Er fügt laut einem Bericht der Nachrichtenagentur MTI hinzu, dass Ungarn die territoriale Einheit der Ukraine unterstütze und die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation für illegal halte.

Putin droht EU mit Gas-Drosselung: Russlands Präsident Wladimir Putin hat im Schuldenstreit mit der Ukraine eine Drosselung der Erdgaslieferungen über das Nachbarland in die EU ins Spiel gebracht. Dies könnte geschehen, wenn die Regierung in Kiew nach einer Umstellung auf Belieferung nur gegen Vorkasse ihre Schulden nicht begleiche, hieß es in einem Brief Putins an mehrere europäische Staats- und Regierungschefs. Die Nachrichtenagentur Reuters erhielt Einblick in das Schreiben. Es bestehe das Risiko, dass die Ukraine dann russisches Gas abzapfe, das eigentlich für Europa vorgesehen sei, hieß es darin. Es müssten dringend Gespräche über die Sicherung der Gasversorgung aufgenommen werden. Der staatlich kontrollierte russische Energie-Konzern Gazprom beziffert die Schulden der Ukraine auf 2,2 Milliarden Dollar. Das Unternehmen hat seit Ausbruch der Krise die Preise für die Ukraine deutlich erhöht. Die Regierung in Kiew spricht von einem politisch motivierten Schritt. Die EU erhält ein Drittel ihres Erdgases aus Russland. Davon fließen 40 Prozent über die Ukraine. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums kritisierte, Russland nutze das Thema Energie, um die Ukraine zu nötigen.

Europarat entzieht Russland Stimmrecht: Die parlamentarische Versammlung des Europarates hat den russischen Abgeordneten wegen der Ukraine-Krise vorläufig das Stimmrecht entzogen. Die Sanktion gilt bis Ende des Jahres. Eine weitergehende Forderung, die 18 russischen Abgeordneten komplett auszuschließen, wurde zurückgewiesen. In der Debatte wurde die Annexion der Krim als Verstoß gegen internationales Recht scharf verurteilt. Zu den 47 Mitgliedsländern des Europarates zählen auch Russland und die Ukraine. Erst gestern hatte der Rat Russland vor militärischer Aggression gegen die Ukraine gewarnt. "Jede weitere nicht provozierte militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine ist inakzeptabel", hieß es in einer Entschließung, die die Versammlung gegen den Widerstand russischer Vertreter verabschiedete.

Republik Moldau will Mitglied der EU werden: Der moldawische Ministerpräsident Iurie Leancă drängt auf einen Beitritt seines Landes zur Europäischen Union. Nach einem Gespräch mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagt er der Nachrichtenagentur Reuters, die EU "sollte ihr gesamtes Konzept der 'östlichen Partnerschaft' überdenken". Leancă fordert Deutschland auf, für diese Position innerhalb der EU einzustehen. "Die Vision sollte Moldawien und anderen Ländern die Beitrittsperspektive bringen. Sonst bleiben wir in der Zone der Unsicherheit." Er betont weiter, gute Beziehungen zu Russland halten zu wollen, verwahrt sich aber der Agentur zufolge dagegen, dass Russland über den westlichen Kurs seines Landes mitentscheidet. Bislang hat die EU sowohl Moldawien als auch der Ukraine kein Beitrittsangebot unterbreitet. Im Juni will die mit einem eigenen Territorialkonflikt belastete Republik Moldau das bereits paraphierte Assoziierungsabkommen unterschreiben.

Mögliche Straffreiheit für Separatisten: Die ukrainische Regierung hat den prorussischen Demonstranten im Osten des Landes für den Fall ihres Rückzugs Straffreiheit in Aussicht gestellt. "Wenn sie ihre Waffen niederlegen und die Verwaltungsgebäude verlassen, garantieren wir, dass wir keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen sie einleiten", sagte Übergangspräsident Alexander Turtschinow im Parlament in Kiew. Die prorussischen Aktivisten, die für eine Abspaltung der Ostukraine kämpfen, halten Verwaltungsgebäude in Donezk und Lugansk noch immer besetzt. Am Mittwoch hatte die ukrainische Regierung den Separatisten ein Ultimatum von 48 Stunden gestellt, ihre Aktionen zu beenden - andernfalls drohe ein gewaltsames Ende. Die Besetzer erklärten sich zu weiteren Gesprächen bereit, bezeichneten das Angebot Turtschinows aber als nicht ausreichend. Sie fordern die Zusage eines Referendums über die Unabhängigkeit der betroffenen Regionen.

Zweifel, wer in Kiew geschossen hat: Sieben Wochen nach den tödlichen Schüssen von Kiew, die zum Sturz der Regierung Janukowitsch führten, kommen neue Zweifel an der offiziellen Version der Ereignisse auf. Der Generalstaatsanwaltschaft und der Übergangsregierung in Kiew zufolge hatten bei den Unruhen nur Anhänger des alten Regimes geschossen. Laut Recherchen des ARD-Magazins Monitor ist diese Darstellung jedoch strittig. Demnach stellt ein hochrangiges Mitglied des von der ukrainischen Regierung beauftragten Ermittlungsteams die Ereignisse in Frage: "Meine Untersuchungsergebnisse stimmen nicht mit dem überein, was die Staatsanwaltschaft in der Pressekonferenz erklärt hat", sagte er dem Magazin. Monitor liegt zudem ein Mitschnitt des Funkverkehrs von Scharfschützen vor: Darin ist zu hören, wie die Schützen sich fragen, wer gerade geschossen hat - jemand aus ihren Reihen sei es nicht gewesen, versichern sie einander.

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