Türkei:Verfassungsgericht kippt Erdoğans Justizreform

Recep Tayyip Erdoğan

Unter Druck: der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdoğan

(Foto: REUTERS)

Erst die Twitter-Blockade, jetzt die Justizreform: Das türkische Verfassungsgericht hat erneut eingegriffen und Pläne von Regierungschef Erdoğan zumindest in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Vor allem der Machtzuwachs des Justizministers stand in der Kritik.

Das türkische Verfassungsgericht hat die umstrittene Justizreform der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Die Richter hätten wesentliche Punkte der Gesetzesänderung annulliert, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu. Insbesondere sei der Machtzuwachs des Justizministers, der damit weitreichende Kontrolle über Ernennung von Richtern und Staatsanwälten gehabt hätte, revidiert worden.

Die Regierung hatte sich im Februar mehr Kontrolle über die Justiz verschafft. Dazu war das Gesetz über den Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte (HSYK) geändert worden. Der Rat ist für die Disziplinarkontrolle sowie die Ernennung und Beförderung von Richtern und Staatsanwälten zuständig. Das Gesetz übertrug wesentliche Befugnisse auf den Justizminister, was Kritiker als Eingriff in die Gewaltenteilung anprangerten.

Nach dem Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung im Dezember hatte Ministerpräsident Erdoğan die Reform des HSYK vorangetrieben, um gegen mutmaßliche Regierungsgegner im Justizapparat vorgehen zu können. In einer ebenfalls am Freitag bekannt gegebenen Entscheidung revidierte das Gericht auch die Vollmachten der Kommunikationsbehörde BTK bei der Sicherung und Geheimhaltung privater Daten.

Die Justiz in der Türkei hatte zuletzt mehrere Regierungsbeschlüsse kritisiert. So sorgte das Verfassungsgericht beispielsweise dafür, dass der Online-Kurznachrichtendienst Twitter wieder freigeschaltet wurde. Die von der Regierung angeordnete Blockade erklärte das Gericht für nicht rechtens. Auch die Sperrung des Google-Videodienstes Youtube verstieß einem Gericht zufolge gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: