Angeklagt wegen Mordes:Geknebelt, bis sie tot war

Vor dem Landgericht München II gesteht der 67 Jahre alte Norbert W., vor einem Jahr in Fürstenfeldbruck seine Lebensgefährtin umgebracht zu haben. Zuvor habe sie ihn als "Schlappschwanz" verhöhnt

Von Andreas Salch

Nachdem Norbert W. alles erzählt hat - wie er seiner Partnerin Bettina P. an deren 60. Geburtstag ein Küchenmesser in den Hals gerammt und ihr den Mund solange zugehalten hat, bis sie tot war - sagt er unter Tränen: "Ich will mich nicht verteidigen, ich weiß, dass ich bestraft werden muss." Norbert W., 67, ist Rentner, mittelgroß, und sehr blass. Seit diesem Montag muss sich der ehemalige Schriftsetzer und Vorstand des Männerchors Emmering vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II verantworten. Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen legt ihm die Staatsanwaltschaft zu Last.

Norbert W. hatte Bettina P. über das Internet kennengelernt. Etwa ein Jahr zuvor hatte er sich von seiner Frau getrennt, mit der er zwei Kinder hat. 2006 zogen er und Bettina P. gemeinsam in eine Wohnung eines Mehrfamilienhauses am Geschwister-Scholl-Platz. Doch schon damals, so behauptet der 67-Jährige, habe er sie verdächtigt, dass sie ihn mit seinem Halbbruder betrügt. Dennoch hielt die Beziehung bis zu jenem 13. April vergangenen Jahres. Es war der Tag, an dem Bettina P. ihren 60. Geburtstag feierte. Sie hatte sich Karten für ein Musical gewünscht. "Wenn Du mir was Gutes tun willst, ein Musical wäre schön", habe sie eine Woche zuvor zu ihm gesagt, berichtete Norbert W. Doch er habe die Idee verworfen, da er kaum noch Geld gehabt habe. Doch dann habe er sich an den Computer gesetzt und ein "Programm" für eine Reise nach Stuttgart zum Besuch des Musicals "Mamma Mia" mit zwei Übernachtungen in einem Hotel zusammengestellt.

Am Morgen des 13. April 2013 habe er dieses "Programm" seiner Partnerin überreicht. Dass es das "Programm" aber in Wirklichkeit gar nicht gab und nur ein "Luftschloss" gewesen sei, habe er Bettina P. erst auf der Fahrt nach Stuttgart beibringen wollen. Doch dazu kam es nicht. Er habe Bettina P. schließlich schon bald die Wahrheit gesagt. Daraufhin soll sie sich "hysterisch aufgeführt" haben, ihn als "Schlappschwanz" verhöhnt und angeblich gesagt haben: "Damit Du es weißt, meine große Liebe war schon immer Thilo" - Norbert W.s Halbbruder.

In diesem Augenblick, so der 67-Jährige, sei er in die Küche gelaufen und habe sich dabei gedacht: "Jetzt bring ich sie um."

Bettina P. stand derweil vor einem Spiegel im Schlafzimmer. Norbert W. soll sich ihr mit dem Messer in der Hand von hinten genähert haben. Er habe "ohne jede Vorwarnung" zugestochen, gestand der 67-Jährige. Die Klinge drang in den vorderen Halsbereich von Bettina P. Der Rentner soll zweimal zugestochen haben. Trotzdem habe sich die 60-Jährige noch zu ihm gewandt und angeschrien: "Was soll das, was machst Du?" Dann seien sie beide aufs Bett gefallen. Bettina P. habe noch lauter geschrien. Da habe er ihr den Mund zugehalten. "Dann war alles ruhig. Sie hatte den Mund so weit auf und keinen Mucks mehr gemacht", sagte Norbert W. Den Ermittlungen zufolge soll er seine Partnerin mit einer Herrensocke solange geknebelt haben, bis sie tot war. "Das war alles wie in einem Film", schilderte W. den Todeskampf von Bettina P. "Was hast Du gemacht?", habe er sich gefragt. Seine Kleider, alles sei voller Blut gewesen. Dann habe er die Leiche mit einer Decke zugedeckt. "Ich konnte es nicht mehr ertragen", sagte W. bei seiner Vernehmung.

Bevor der 67-Jährige die Wohnung verließ und mehrere Tage mit seinem Auto und dem Zug kreuz und quer durch Deutschland fuhr, verfasste er ein Schreiben, das er am Tatort zurückließ: "Diese Frau hat mich in den Ruin getrieben und zum Mörder gemacht", hieß es darin.

Norbert W. musste nach einem Schlaganfall früher in Rente. Er besaß zwar 40 000 Euro aus dem Verkauf seines Hauses. Doch das Geld sei schnell weg gewesen. Um "den Lebensstandard halten zu können", habe er einen Kredit über 25 000 Euro aufgenommen und den Großteil der Kosten für das Zusammenleben mit Bettina P. geleistet. Auf der Flucht habe er sich das Leben nehmen wollen, so W. Doch das habe er seinen Angehörigen nicht antun wollen. In Freiburg im Breisgau stellte sich der 67-Jährige nach mehreren Tagen der Flucht der Polizei. Der Prozess dauert an.

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