Italiens Ex-Premier im Altenheim:Ein Samariter namens Berlusconi

Silvio Berlusconi

Berlusconi verbringt künftig vier Stunden pro Woche in einem Altenheim.

(Foto: dpa)

Ist die Strafe zu milde? Einen Tag pro Woche muss Italiens ehemaliger Regierungschef Berlusconi für vier Stunden in einem Altenheim arbeiten. Man mag das für eine Farce halten. Doch das Urteil hat ihn politisch ins Aus gestellt und nimmt seinen Kettenhunden einen Vorwand, um sich Reformen zu verweigern.

Ein Kommentar von Andrea Bachstein, Rom

Für eine Politkomödie hätte man keinen besseren Plot erfinden können: Einer der reichsten und bis vor Kurzem mächtigsten Männer des Landes, berüchtigt für ausschweifende Feste mit sehr jungen Frauen, muss Buße tun mit Dienst an alten, bedürftigen Menschen. Genau das steht dem italienischen Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi nach dem Beschluss eines Gerichts in Mailand jetzt bevor. Statt der Haftstrafe, die er als verurteilter Steuerbetrüger eigentlich hätte absitzen müssen, soll er Sozialarbeit im kirchlichen Altenheim "Sacra Famiglia" in Cesano Boscone leisten.

Berlusconi ist gut weggekommen, allen seinen Ängsten vor der Justiz zum Trotz, von der er sich politisch verfolgt fühlt. Nur einmal in der Woche muss er sich von seiner Residenz in Arcore aus in das 40 Kilometer entfernte Seniorenheim begeben und vier Stunden den Bewohnern widmen. Sogar am Europawahlkampf wird er wohl irgendwie teilnehmen können. Er darf zwar im Prinzip die Region Lombardei nicht verlassen - aber zugleich ist ihm gestattet, von Dienstag bis Donnerstag in seiner Wohnung in Rom zu sein.

Überfüllte Gefängnisse

Man mag diese Strafe für eine Farce halten. Doch es war klar, dass Berlusconi nicht ins Gefängnis muss. Mit einer Verurteilung zu einem Jahr Haft und einem Alter von 77 Jahren wird niemand mehr in einen der überfüllten Knäste Italiens gesteckt, der keine unmittelbare Gefahr für andere darstellt. Das ist Gesetzeslage und nicht etwa Gefälligkeit für den früheren Premier.

Was jenseits der Buchstaben des Gesetzes wichtig war am Urteil im Mediaset-Prozess und ihm am meisten wehtut, ist bereits passiert: Berlusconi, der sich jahrzehntelang aus allen Verfahren herauswinden konnte, wurde definitiv verurteilt. Dies ist ein Signal von großer Symbolik für viele Bürger, die nicht mehr glaubten, dass die Justiz auch die Reichen und Mächtigen erreicht. Die wahre Strafe für den Forza-Italia-Chef ist, dass ihn das Urteil politisch so gut wie ins Aus gestellt hat - durch den Ausschluss aus dem Senat und das sechsjährige Verbot, für ein Amt zu kandidieren.

Resozialisierung im Altenheim

Auch wenn es das nicht im Sinn hatte - das Tribunal für den Strafvollzug hat nun dem politischen Frieden im Land einen weiteren Gefallen getan. Berlusconis Anhänger haben keinen Grund für melodramatische Demonstrationen, und die Milde des Sozialdienstes nimmt Berlusconi und seinen Kettenhunden der Forza Italia den Vorwand, um sich den anstehenden Verfassungsreformen zu verweigern. Genau dies hatten sie für den Fall angedroht, dass dem Parteiführer jede Bewegungsfreiheit genommen würde.

Wahrscheinlich werden die Menschen im Altenheim ihren Spaß haben mit Berlusconi. Entertainer war er immer, nicht nur in der Politik. Einst hat er als junger Mann auf Kreuzfahrtschiffen Geld verdient. Er selber wird sich künftig als Samariter schmücken. Aber wer weiß, ob Berlusconi im Umgang mit den Alten nicht endlich begreift, dass er seinen Lebensabend besser weit weg von aller Politik verbringen sollte. Das wäre mal eine Resozialisierung.

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