Kaiserslautern im DFB-Pokal-Halbfinale:Ach, Toppmöller

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Kopfballtor von Klaus Toppmöller beim legendären 7:4 gegen die Bayern 1973. (Foto: imago sportfotodienst)

Seinen größten Sieg feierte der 1. FC Kaiserslautern gegen Beckenbauer und Müller, an der größten Niederlage war Pep Guardiola beteiligt. Der Hang zur Nostalgie ist stets groß beim FCK. Vor dem Pokal-Halbfinale beim FC Bayern sind jedoch auch die konkreten Zukunftssorgen gewaltig.

Von Tobias Schächter, Kaiserslautern

Erinnerungen. Beim 1. FC Kaiserslautern kommen sie immer hoch, wenn der erste Klub der Pfalz vor einem großen Spiel mal wieder im bundesweiten Fokus steht. So oft kommt das ja nicht mehr vor. Und so viel haben sie beim FCK ja gerade nicht, an dem sie sich erfreuen können. Diesen Mittwoch spielen die Lauterer beim FC Bayern München, im Halbfinale des DFB-Pokals.

Es ist, anders als früher, kein Duell auf Augenhöhe. Der Vierte der zweiten Liga reist zum Meister und Champions-League-Sieger. FCK-Trainer Kosta Runjaic sagt zwar, seine Mannschaft fahre nicht nur zum Trikottauschen nach München. Aber Runjaic weiß auch: "Es gibt nur eine Mannschaft, die die Bayern schlagen kann - das sind die Bayern selbst." Früher konnten das auch Männer wie Ernst Diehl, Josef Pirrung oder Klaus Toppmöller. Ach, Toppmöller. Lange her.

Im SWR lief am Sonntag eine Dokumentation über jenes legendäre 7:4 der Lauterer (nach 1:4-Rückstand) gegen die Beckenbauer-und-Müller-Bayern von 1973. Für FCK-Fans zum Weinen schön. Und es kommt vor dem Duell der Guardiola-Bayern auch die Erinnerung an die wohl größte Niederlage in der Klub-Geschichte hoch. Mit 3:0 führten die Lauterer im November 1991 gegen den FC Barcelona mit dem heutigen Bayern-Trainer auf dem Platz - bis kurz vor Abpfiff der kleine Bakero das Tor für die Katalanen köpfte, das das Aus für die Pfälzer bedeutete. Stefan Kuntz war damals als Spieler dabei, heute ist er Vorstandschef des Fritz-Walter-Klubs und sagt mit einem Schmunzeln: "Ich weiß nicht, ob sich der Pep noch daran erinnert."

Kuntz hat aber eigentlich ganz andere Probleme derzeit. Bis zur siebten Minute der Nachspielzeit vergangenen Freitag beim FC St. Pauli fühlte sich diese Spielzeit wie eine verlorene an. Dann aber traf Ruben Jenssen zum 3:2-Sieg - und die Aufstiegshoffnung keimt wieder in Lautern. Wenigstens ein bisschen. Fünf Punkte beträgt vier Runden vor Ende der Rückstand auf den Tabellendritten Paderborn, sechs Zähler der auf den Zweiten Fürth. Da Fürth und Paderborn an Ostern gegeneinander spielen, könnte der FCK das Aufstiegsrennen noch mal spannend machen.

Mit einem weiteren Jahr in der zweiten Liga würden die Probleme nicht kleiner werden. Mit 1,5 Millionen Euro Saison-Minus war ohnehin geplant worden, es werden wohl 2,5 werden. Trotz der rund 1,8 Millionen Euro Zusatzeinnahmen durch die Halbfinalteilnahme. Bei den Einnahmen aus Sponsoring, Hospitality und Zuschaueraufkommen gab es Einbußen. Fast genau sechs Jahre ist Kuntz nun Vorstandsvorsitzender beim FCK. Er ist das Gesicht des Vereins. Im Erfolg, wie zu Beginn seiner Zeit, als der Klub gerade noch den Abstieg in die dritte Liga vermeiden konnte und später in die Bundesliga aufstieg. Und im Misserfolg.

Seit dem Abstieg vor zwei Jahren steht Kuntz unter Rechtfertigungsdruck. Der damals als Königstransfer getätigte Einkauf des israelischen Stürmers Itay Shechter erwies sich ebenso als Flop wie die Installation von Krassimir Balakov als vermeintlicher Retter im Abstiegskampf. Die Fluktuation im Kader ist zu groß. Und auch Runjaic, der nach Sasic, Kurz, Balakov und Foda fünfte Cheftrainer in der Ära Kuntz, arbeitet mit einem wenig ausbalancierten Kader. Runjaic hat nach einer Anfangseuphorie den Newcomerbonus eingebüßt. Aber Kuntz sagt: "Der Trainer bleibt unabhängig von der Ligazugehörigkeit."

Vor einem erneuten Umbruch, sagt Kuntz, sei ihm nicht bange. In Simon Zoller und Chris Löwe stehen zwei Leistungsträger schon bei Erstligisten im Fokus, die bei einem Verkauf für Einnahmen sorgen könnten. Vielleicht, so Kuntz, müsse in Liga zwei aber auch der Druck aus dem Kessel genommen werden. Zu viele Spieler kommen auf dem Betzenberg nicht mit den großen Ambitionen des Umfelds zurecht.

Schon lange kann die sportliche Realität nicht mehr mit der Erwartungshaltung Schritt halten. Kuntz selbst, das steht fest, wird Kompetenz abgeben, ein Sportdirektor wird kommen. Kuntz hat viele andere Baustellen, um die er sich kümmern muss, die Vergangenheit holt den FCK immer wieder ein. Nicht nur in Erinnerungen an Spiele wie jenes 7:4, bei dem damals Diehl und Toppmöller je einmal trafen, Pirrung sogar dreimal.

Die Baustellen. Jüngst bezeichnete René Quante, der Geschäftsführer des Bundes der Steuerzahler Rheinland-Pfalz, den FCK als "Subventionsfass ohne Boden", 100 Millionen Euro, so behauptete Quante, seien als indirekte Beihilfen vom Staat an den Klub geflossen. Gerade hatte der FCK eine Staffelmiete für das WM-Stadion erreicht, statt 3,2 Millionen Euro pro Jahr ligaunabhängig soll der Klub künftig 2,4 Millionen Euro in Liga zwei und 3,6 Millionen Euro in Liga eins an die städtische Betreibergesellschaft zahlen, plus Erfolgsprämien. Auch das Nachwuchsleistungszentrum will der FCK für 2,6 Millionen Euro von der Stadt zurückkaufen; Verkaufspreis einst: sechs Millionen Euro.

Die von Quante losgetretene Diskussion kam für den Klub zur Unzeit. Der FCK ist auf der Suche nach einem neuen Hauptsponsor, auch der Vermarkter-Vertrag läuft aus. Kuntz sagt: "Herr Quante hätte sich vorher bei uns informieren müssen. Der FCK wurde wie eine Sau durchs Dorf getrieben. Und das nur aus Profilierungssucht." Dass bei der Pacht und auch beim Rückkauf des NLZ geprüft werde, ob EU-Regelungen eingehalten werden, sei selbstverständlich, sagt Kuntz: "Dafür brauchen wir Herrn Quante nicht." Kuntz sagt, die EU-Anwälte der Stadt und des Klubs seien sicher, es werde keine Probleme geben.

All das spielt mit, wenn der FCK mal wieder ein großes Spiel bei den Bayern bestreitet. Am Mittwoch wollen Klub, Team und Fans die große Bühne genießen - richtig ernst wird es ohnehin früh genug wieder für den FCK.

© SZ vom 16. April - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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