Nach jahrelangen Verlusten:Modefirma Strenesse stellt Insolvenzantrag

Nach jahrelangen Verlusten: Luca Strehle, Vorstandsvorsitzender von Strenesse und Sohn des langjährigen Firmenchefs Gerd Strehle, in München 2012.

Luca Strehle, Vorstandsvorsitzender von Strenesse und Sohn des langjährigen Firmenchefs Gerd Strehle, in München 2012.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Das I-Wort taucht in der Pressemitteilung nicht auf. Trotzdem ist nun klar: Strenesse meldet nach vielen Aufs und Abs Insolvenz an - trotz der steten Positivmeldungen von Vorstandschef Luca Strehle. Der Sohn des langjährigen Firmenleiters Gerd Strehle will weiterkämpfen.

Von Elisabeth Dostert

Es wird niemand sagen können, Luca Strehle, 38, der Vorstandschef, hätte nicht für Strenesse gekämpft. Vielleicht zu sehr, zu lange und zu stur. Aber die Modefirma gehört der Familie Strehle. Das macht den Kampf nicht leichter. Beim Kämpfen gab es in den vergangenen Wochen und Monaten kleine Siege und Niederlagen. Den nächsten großen Schlag musste Luca Strehle diese Woche einstecken. Am Mittwoch stellte Strenesse beim Amtsgericht Nördlingen den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.

Luca Strehle bleibt an Bord. Er will weiter versuchen, die Firma zu retten. Aber künftig steht der Mann, der es nicht mag, wenn ihn andere drangsalieren, unter Aufsicht. Zum vorläufigen Sachwalter bestellte das Amtsgericht Jörg Nerlich von der Kölner Kanzlei Görg. Einen Sanierungsspezialisten hat sich Strenesse selbst in den Vorstand geholt: Michael Pluta von der Pluta Rechtsanwalts GmbH, die auf ihrer Homepage auch Filmchen über die richtige Anmeldung von Forderungen verbreitet.

Dabei sah es vor ein paar Wochen noch so aus, als könnte Strehle es packen. Zumindest konnte er die Anleihegläubiger vom Sanierungsplan überzeugen. Sie stimmten am 20. Februar einer Verlängerung der Laufzeit um drei Jahre zu. Eigentlich hätte Strenesse das Papier im Volumen von zwölf Millionen Euro Mitte März zurückzahlen müssen.

Hohe Verluste trotz "wahnsinnig starker Marke"

Noch stärker als der Zinssatz von neun Prozent signalisierte die ursprüngliche Laufzeit von nur einem Jahr, wie prekär die Lage bei Strenesse schon im Frühjahr 2013 war. Und dennoch bezeichnete Strehle die Emission vor wenigen Wochen immer noch als Befreiungsschlag. "Sonst befänden wir uns heute in den Händen eines Treuhänders oder im Klammergriff der Banken", erläuterte Strehle.

Echte Freiheit dauert länger. Immer hat Strehle Hoffnung gemacht. "Strenesse hat Potenzial für viel. Strenesse ist eine wahnsinnig starke Marke", sagte Strehle noch im Frühjahr 2013: "Drei Viertel des Weges haben wir geschafft. Wir stehen vor der Trendumkehr." Der Weg wird offenbar holpriger, je länger Strehle unterwegs ist. Die Kollektion komme "gigantisch gut an", sagt er Anfang Februar: "Da haben wir bereits gedreht." Aber die Drehung reichte offenbar nicht, um auch die finanzielle Lage der Firma mit rund 350 Beschäftigen zu verbessern. Die Erlöse sinken, Strenesse schreibt hohe Verluste.

Mit der Freiheit war es für Strenesse schon vorbei, als Strehle 2012 die Nachfolge seines Vaters Gerd Strehle antrat. Zwar baute der Junior Anfang des Jahrtausends nach dem BWL-Studium das Online-Portal von Strenesse mit auf. Dann ging er. Zuhause werkten Vater und Stiefmutter Gabriele. Luca Strehle kümmerte sich bei der Mercedes-Benz Accessories GmbH um Mode und Lizenzen. Die "brutale Konzentration" und den "Stolz auf eine Marke" habe er bei Daimler gelernt, sagt Strehle.

Das Wort Insolvenz nimmt Luca Strehle nicht in den Mund

Der Vater habe ihn immer mal wieder gefragt, ob er bereit sei für Nördlingen, erzählte Luca Strehle in früheren Gesprächen: "Wir haben viel telefoniert und viel übers Geschäft geredet." Luca will 2009, Vorstandschef wird er 2012. Vater Gerd wechselt in den Aufsichtsrat, die Mehrheit des Kapitals behält er. Wenige Monate später verlässt Designerin Gabriele Strehle, die privat schon länger vom Vater getrennt lebt, die Firma.

Luca Strehle schwadroniert weiter von Wachstumschancen, die man nutzen wolle - auch in der Pressemitteilung vom Mittwoch. Dass das Geld aus der Anleihe dafür nicht ausreicht, ist seit langem klar. Strenesse braucht weitere Millionen. Die Suche nach einem strategischen Partner, von der Strehle immer sprach, blieb bisher offenbar ohne Erfolg. Wie also wachsen? Was macht Strehle anderen und vor allem sich vor?

Das Wort Insolvenz, um die es sich nun einmal handelt, taucht in der jüngsten Pressemitteilung kein einziges Mal auf. Statt dessen sieht Strehle "erste wichtige Signale" und "positive Trends". Die Vorbestellungen für die Kollektion Herbst/Winter entwickle sich erfreulich. Er muss sich warm anziehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: