Korruptionsskandal:Aufräumen auf den Wertstoffhöfen

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Der Wertstoffhof an der Truderinger Straße. (Foto: Claus Schunk)

Vier von zwölf Münchner Wertstoffhöfen bleiben am Osterwochenende zu. Das Gebrauchtwarenhaus "Halle 2" ist bis auf Weiteres geschlossen. Nach einem Hehlerei-Skandal herrscht Personalmangel. Kommunalreferent Markwardt erwägt nun, den Betrieb in fremde Hände zu legen.

Nein, ein "Chaos" drohe nicht am Osterwochenende. "Aber es wird eng werden", prophezeit Axel Markwardt, Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM). Der Frühjahrsputz in Haus und Garten treibt die Menschen Jahr für Jahr in Scharen zu den Wertstoffhöfen der Stadt. Für die Abgabestellen steht derzeit aber so wenig Personal bereit, dass vier von zwölf Höfen geschlossen bleiben.

An den verbleibenden acht dürften die Schlangen lang werden. Schuld daran sei eine "Mischung aus Dummheit und Geldgier", ärgert sich AWM-Chef Markwardt. Gemeint ist der Hehlerei-Skandal, der noch weitreichende Folgen haben wird.

Der Image-Schaden dieses Skandals ist so gewaltig, dass der Werkleiter einen radikalen Schnitt erwägt. Markwardt lässt prüfen, ob die Stadt den Betrieb der Wertstoffhöfe und der "Halle 2" in fremde Hände legen kann. Das Verwertungssystem soll zwar im Kern erhalten bleiben, den Betrieb aber könnte ein soziales Projekt übernehmen.

Namen will Markwardt keine nennen, denkbar wären gemeinnützige Organisationen wie der Weiße Rabe, eine Kleiderkammer oder ein Secondhand-Kaufhaus. Für die Stadt hätte das den Vorteil, dass sie sich nicht länger mit dem Problem der Korruption auf den Höfen herumschlagen müsste. "Mir geht es auch darum, den ganz großen Teil der Mitarbeiter zu schützen, die anständig arbeiten."

Videoüberwachung der Wertstoffhöfe geplant

Entschieden ist noch nichts. "Es gibt eine Reihe von rechtlichen Fragen", betont der AWM-Chef. "Wir müssten vermutlich eine Ausschreibung machen, das alles geht nicht über Nacht." Markwardt hofft, dem Stadtrat im Herbst ein Konzept präsentieren zu können. Dann entscheidet die Politik, ob sich die Stadt tatsächlich aus dem Betrieb der Höfe zurückzieht.

Andere Änderungen sollen deutlich schneller umgesetzt werden. Am 22. Mai will Markwardt dem Kommunalausschuss ein Paket von Maßnahmen vorlegen: Er plant eine flächendeckende Videoüberwachung der Wertstoffhöfe. An den Eingängen sollen elektronische Schließanlagen installiert werden, damit die Arbeiter abends nicht mehr hinein gelangen oder zumindest beim Betreten registriert werden.

Außerdem sollen verdeckte Testlieferungen abschreckend wirken. Auch das Rotationsprinzip soll verschärft werden. Bislang müssen die Mitarbeiter alle drei bis fünf Jahre den Hof wechseln, was die Bildung von kriminellen Strukturen erschweren soll. Künftig will Markwardt noch schneller rotieren lassen.

18 der 100 Mitarbeiter sind "vom Dienst freigestellt". Einige haben Auflösungsverträge unterschrieben, andere beteuern ihre Unschuld. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 32 Personen, 28 sind städtische Angestellte. Zwei Verdächtige, keine Mitarbeiter der Wertstoffhöfe, sitzen noch in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Bandenmäßiger Diebstahl und Hehlerei.

Abfall sollte antizyklisch entsorgt werden

Konkret sollen städtische Mitarbeiter gebrauchte Waren abgezweigt und illegal verhökert haben. Die Masche flog laut Staatsanwaltschaft zufällig auf. Am 13. März rückten 180 Polizisten zu einer Großrazzia an und nahmen acht Verdächtige fest. Nun fügen die Ermittler das Puzzle zusammen.

Seit den Neunzigerjahren gab es immer wieder "Verdachtsmomente", die auf Korruption auf den Wertstoffhöfen hindeuteten, berichtet Markwardt. "Meist waren es anonyme Hinweise, die wir an die Polizei weitergeleitet haben." Die Verfahren seien in der Regel wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Wie lange die Betrüger, die nun erwischt wurden, schon am Werk sind, ist noch unklar.

Um dem österlichen Chaos auf den Wertstoffhöfen zu entgehen, sollte man auf das nächste Ferienwochenende ausweichen, rät Markwardt. Wer das nicht kann, sollte Abfall zumindest antizyklisch anliefern, also nicht samstags zwischen 10 und 13 Uhr.

Der AWM-Chef rät außerdem, den Großmengenwertstoffhof an der Lindberghstaße anzusteuern. Die Höfe in der Truderinger und Lochhausener Straße bleiben bis zum 1. Mai dicht, die in der Arnulf- und Lerchenstraße bis zum 1. September. Die Halle 2 bleibt "bis auf Weiteres" geschlossen. Ab sofort würden keine gebrauchten Gegenstände mehr für die Trödelhallen gesammelt, hatte der AWM bereits am Dienstag mitgeteilt. Vom 22. April an findet dort aber noch ein Abverkauf statt.

© SZ vom 17.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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