Karriere von Bernie Ecclestone:"Ich habe das alles nur für mich getan"

Bernie Ecclestone hat sich mit der Formel 1 ein Motorsport-Imperium errichtet - jetzt muss er als Geschäftsführer aufhören. Stationen eines Lebens zwischen Provokation und Boxengasse.

Von Lisa Sonnabend und Jonas Beckenkamp

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(Foto: Getty Images)

Bernie Ecclestone ist oft vor dem Ende von Autorennen abgedampft. Ab zum Flughafen, zum nächsten Termin, ins Ferienparadies - dieser Mann war gerne auf der Überholspur. Doch seine Zeit in der Formel 1 ist nun endgültig vorbei. Der Geschäftsführer des Rennzirkus wurde vom neuen F1-Eigentümer Liberty Media in Rente geschickt. Der Brite Ecclestone kam am 28. Oktober 1930 in Ipswich zur Welt und wuchs in dem Londoner Vorort Bexleyheath auf. Schon in der Schule zeigte der kleine Bernie Geschäftssinn: So habe er oft in der Früh alle Backwaren in der Nähe der Schule aufgekauft, berichtet er, um sie als Monopolist teuer weiterzuverkaufen. Seit seiner Jugend begeisterte sich Ecclestone für den Motorsport. 1950 sah er erstmals ein Formel-1-Rennen live, Ecclestone war in Silverstone als Fahrer eines Schau-Rennens gemeldet.

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Der nicht einmal 1,60 Meter große Ecclestone verdiente sein Geld zunächst mit Immobilien und Gebrauchtwagen. Er häufte damit so viel Vermögen an, dass er sich 1957 den kleinen britischen Rennstall Connaught kaufte. Damals hatte Ecclestone noch den Traum, selbst Formel-1-Fahrer zu werden. 1958 war er mit Connaught für den Grand Prix in Silverstone und Monte Carlo gemeldet, allerdings reichten seine Rundenzeiten nicht, um sich für das Rennen zu qualifizieren. Ecclestone musste einsehen, dass seine Stärken abseits der Rennstrecke liegen. Er wurde Manager des britischen Rennfahrers Stuart Lewis-Evans. Als der 1958 in Casablanca tödlich verunglückte, zog sich Ecclestone vorübergehend aus der Formel 1 zurück. Im Bild: Ecclestone in den Siebzigern

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Mitte der Sechziger kehrte Ecclestone an die Rennstrecken der Welt zurück. 1966 wurde er Manager des Österreichers Jochen Rindt, ein enger Freund Ecclestones. 1970 - beim Training zum Großen Preis von Monza - starb Rindt. Ecclestone rannte zur Unfallstelle, er versuchte Rindt aus dem Auto zu ziehen. Vergebens. Mit Rindts blutverschmiertem Helm in der Hand ging Ecclestone zur Tribüne zurück, den Kopf gesenkt. Ecclestone bezeichnete den tödlichen Unfall später als "härtesten Schlag in meinem Leben". Rindt wurde postum Formel-1-Weltmeister. Im Bild: Ecclestone bei einem Rennen 1979 im Gespräch mit Niki Lauda (rechts)

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Anfang der Siebziger kaufte Ecclestone den Brabham-Rennstall und investierte verstärkt in die Vermarktung der Formel 1, die damals ein recht chaotischer Haufen war. Der Geschäftsmann gründete die Foca, die Formula One Constructors Association, in der sich alle Teams zusammenschlossen, um einheitliche Regeln aufzustellen. 1977, als dieses Bild entstand, erwarb der Brite zudem die Werberechte auf den Grand-Prix-Strecken, 1978 sicherte er sich die weltweiten Fernsehrechte und kaufte Rennstrecken. Ecclestone begründete eine neue Ära im Motorsport - und der gewiefte Taktiker war derjenige, der diese Ära von nun an gestalten sollte.

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1993 half Ecclestone, seinen Freund Max Mosley (rechts) zum Präsidenten des Welt-Automobilverbands Fia zu machen. Ecclestone musste nun keine Gegenangriffe mehr fürchten, Widersacher hielt er klein. Erst 2008, nach 40 gemeinsamen Jahren im Motorsport, ging Ecclestone auf Distanz zu Mosley, der durch Sex-Aufnahmen in Verruf geraten war. Nebenbei baute Ecclestone seine Macht weiter aus. Er erschloss neue Märkte und Unterstützerkreise, indem er Rennen nach China, Bahrain oder Russland vergab. Seine Position blieb unangefochten.

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Der langjährige Formel-1-Vermarkter gilt als einer der reichsten Briten, sein Vermögen wird auf mehrere Milliarden Pfund geschätzt. Auch außerhalb der Formel 1 machte Ecclestone Geschäfte: 2006 kaufte er mit einem Partner das Skigebiet Les Diablerets, 2007 stieg er mit dem damaligen Renault-Teamchef Flavio Briatore beim Londoner Fußballverein Queens Park Rangers ein. 2011 verkaufte er die Anteile an dem Verein an einen malaysischen Geschäftsmann - natürlich gewinnbringend. Als die Queen ihn zum Ritter schlagen wollte, lehnte Ecclestone ab. Er habe für das Land nichts geleistet, sagte er dem Spiegel in einem Interview, "ich habe das alles nur für mich getan".

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Bei den Formel-1-Rennen parkte Ecclestone sein imposantes Motorhome stets am Anfang der Boxengasse. Die Schönen und Reichen gingen ein und aus, was drinnen passierte, war wegen der verdunkelten Fenster nicht zu erkennen, Bodyguards standen vor dem Eingang. Privat ist Ecclestone zum dritten Mal verheiratet (hier im Bild mit seiner zweiten Ehefrau Slavica), er hat drei Töchter und ist Urgroßvater. Doch in den Ruhestand zu gehen, daran dachte er bis zuletzt nicht.

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(Foto: dpa)

Auch nicht, als Ecclestone in das Visier der Münchner Staatsanwaltschaft geriet. Im Jahr 2000 hatte Ecclestone Teile seines Imperiums an den Münchner Medienkonzert EM.TV verkauft. Später übernahm die Kirch-Gruppe die Anteile. Nach deren Insolvenz fiel das Geld als Sicherheit der Bayerischen Landesbank zu. Bayern-LB-Risikovorstand Gerhard Gribkowsky und Ecclestone standen bald in engem Kontakt - und Gribkowsky wollte mitmischen in der Welt der Formel 1. Ecclestone gefiel das gar nicht. Er habe, so die Münchner Staatsanwaltschaft, einen genehmen Eigentümer ausfindig gemacht, den britischen Investor CVC. Der Bayern-LB-Vorstand stimmte 2005 Ecclestones Vorschlag zu. Gribkowsky soll dafür in den zwei Jahren danach 44 Millionen Euro erhalten haben - Bestechungsgelder vermutet die Staatsanwaltschaft. Schon beim Prozess gegen Gribkowsky, der 2011 zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, musste Ecclestone als Zeuge vor Gericht aussagen. Vom 24. April 2014 an wurde ihm der Prozess gemacht - er war angeklagt wegen Bestechung und Beihilfe zur Untreue. Für Ecclestone stand viel auf dem Spiel: sein Lebenswerk. Im Bild: Ecclestone im Gribkowsky-Prozess

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Und es wurde teuer für den größten Zocker des Rennsports: Aus dem weltweit beachteten Prozess in München kam Ecclestone letztlich um 100 Millionen Dollar erleichtert raus - verurteilt wurde er nicht. Das Verfahren gegen ihn war gegen Zahlung dieser Rekordsumme eingestellt worden. "Der Richter hat einen ziemlich guten Job gemacht, dass ich so viel zahlen musste", kommentierte er damals - typisch Ecclestones Humor. Nach dem zähen Prozess konnte er sich wieder dem Big Business widmen - und vieles lief weiter wie bisher. Ecclestone inszenierte sich als Ermöglicher großer Erfolge, er sorgte dafür, dass neue Rennstandorte ihre Chance bekamen (u. a. in Mexiko). In der vergangenen Saison fanden erstmals 21 Rennen statt - für den Macher ein erfreulicher Anlass, 21 Mal abzukassieren. Marketingmäßig gab es aber auch Rückschläge, wie den Rückzug frei empfangbarer Sender aus der F1. In Großbritannien verzichtete etwa die BBC auf eine alleinige Übertragung. Durch solche Entwicklungen verlor der Rennzirkus an Aufmerksamkeit. Sportlich wurde es eintönig: Die Dominanz von Mercedes konnte niemand durchbrechen, weshalb mancherorts von der "Formel Gähn" zu lesen war. In den vergangenen beiden Jahren wollte Ecclestone die kriselnde Formel 1 wieder rentabler machen. Er versuchte, das Spektakel am Leben zu halten, die Motoren sollten wieder richtig lärmen, Nachhaltigkeit war Ecclestone egal. Er wollte Geld verdienen und tat das zuletzt in erster Linie über die Vermarktung, hinzu kamen die Gebühren von den Rennstreckenbetreibern.

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Hängen geblieben sind aber immer wieder Zitate von Ecclestone, über die man sich wundern muss. Adolf Hitler etwa habe viele Menschen zu führen vermocht, "und war fähig, Dinge zu erledigen", sagte er einmal. Wurde sein eigener autokratischer Führungsstil in der Formel 1 kritisiert, entgegnet der überzeugte Nichtwähler auch schon mal: "Demokratie ist Zeitverschwendung." 2016 geriet dann die Entführung seiner Schwiegermutter Aparecida Schunck Flosi Palmeira zum Schlagzeilenfall. Sie war von bewaffneten Männern entführt worden, die sich - als Lieferanten getarnt - Zutritt zu ihrem Haus nahe São Paulo verschafft hatten. Eine Lösegeldforderung von angeblich 30 Millionen Euro lehnte Ecclestone ab. Letztlich konnte eine Spezialeinheit der Polizei die Frau befreien. Im Bild: Ecclestone im Jahr 2007 mit seinen Töchtern Petra (links) und Tamara (rechts) und seiner damaligen Ehefrau Slavica beim GP Monaco.

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Abgesehen davon war es im vergangenen Jahr verhältnismäßig ruhig um "Mr. Formel 1" geworden. Mit der Entlassung als Geschäftsführer ist seine Karriere aber noch nicht ganz zu Ende - er wird den Sport weiter verfolgen. Der mittlerweile 86-Jährige soll sein Wissen und seine Kontakte zumindest noch als Ehrenpräsident einbringen dürfen. Die Reaktionen auf seine Demission fallen indes unterschiedlich aus. "Bernie, mega Job! Aber ein Wandel war überfällig", schrieb zum Beispiel Weltmeister Nico Rosberg (im Bild mit Ecclestone) bei Twitter und wünschte Ecclestones nominellem Nachfolger Glück. "Mr. Carey, nur das Beste dabei, unseren Sport wieder fantastisch zu machen." McLaren-Geschäftsführer Zak Brown erinnerte an das Vermächtnis Ecclestones: "Wir sollten heute alle einem beachtlichen Unternehmer Tribut zollen. Man wird ihm nur schwer nachfolgen können."

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