Homo-Ehe in Malta:Eine Insel mit zwei Vätern

Schwule und lesbische Paare dürfen in Malta künftig Kinder adoptieren. Der Inselstaat scheint sich zunehmend von der katholischen Kirche zu lösen - das Ende des "konservativen Bollwerks" im Mittelmeer?

Von Marc Zimmer

Frauen küssen sich und tauschen Trauringe aus, zwei Männer schneiden eine Hochzeitstorte an: Hunderte Aktivisten feierten am Montagabend in Malta die Entscheidung des Parlaments, die Homo-Ehe auf der Insel zu legalisieren. Auch Premierminister Joseph Muscat lobt das Gesetz. Es mache Malta zu einem liberaleren und europäischeren Land.

Die Entscheidung ist bemerkenswert in einem Land, das den Katholizismus als Staatsreligion in der Verfassung verankert hat. 98 Prozent der Malteser sind römisch-katholisch. Maltas Politik fühlte sich lange Zeit der katholischen Kirche verpflichtet. So sind in Malta Schwangerschaftsabbrüche strafbar, Pornografie und Nacktbaden verboten.

Ein Bruch mit der Kirche

Dass die Malteser viele Positionen der Kirche nicht mehr für zeitgemäß halten, war bereits 2011 zu erkennen: In einem Referendum erkämpften sie sich gegen den Widerstand der Kirche und ohne die Hilfe der politischen Entscheidungsträger das Recht auf Scheidung - als eines der letzten Länder der Welt.

Der Volksentscheid gilt als erster offener Bruch mit der katholischen Tradition der Insel. Er habe gezeigt, dass Maltas Bürger heute in vielen Belangen liberaler als sind als ihre Politiker, sagt der Anwalt Neil Falcson, der sich für die Rechte von Homosexuellen engagiert, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.

Ist das Gesetz zur Homo-Ehe nun ein weiterer Schritt in der Emanzipation der Insel vom Katholizismus? Zumindest zeige es, dass der Einfluss der Kirche auf Malta schwindet, sagt Kurt Sansone von der Tageszeitung Times of Malta: "Unser Land ist nicht mehr das konservative Bollwerk, das es einmal war."

Richtungsweisender Regierungswechsel

2013 wurde auch die konservative Partit Nazzjonalista (PN), die seit fünfzehn Jahren die Regierung in Valletta gestellt hatte, abgewählt: 55 Prozent der Malteser stimmten für die sozialistische Arbeiterpartei MLP und machten deren Spitzenkandidaten Joseph Muscat, der zum Zeitpunkt der Wahl erst 38 Jahre alt war, zu ihrem jüngsten Ministerpräsidenten seit der Unabhängigkeit.

Die MLP war es auch, die den Gesetzentwurf zur Homo-Ehe, die sogenannte "Civil Union Bill", vergangenes Jahr ins Parlament einbrachte. Sie reagierte damit auf einen deutlichen Wandel in der öffentlichen Meinung. Befürworteten 2006 nur 18 Prozent der Malteser die Homo-Ehe, waren es 2013 bereits mehr als zwei Drittel - genug, dass sich selbst die konservative PN die Homo-Ehe zum Ziel machte. Sogar die Kirche schien sich mit Volkes Willen abgefunden zu haben.

Von der breiten Zustimmung beflügelt, ergänzte die Regierung Muscat das Gesetz um einen Passus, der homosexuellen Partnern ein gemeinsames Adoptionsrecht zugesteht.

Homo-Ehe ja, Adoptionsrecht nein

Das geht vielen Maltesern dann doch einen Schritt zu weit: Zwar befürwortet die Mehrheit die Homo-Ehe, Kinder aufziehen sollen Schwule und Lesben aber dann doch lieber nicht. Mehr als 80 Prozent lehnen Umfragen zufolge ein solches Adoptionsrecht ab, etwa 10 000 Malteser unterschrieben eine Petition gegen das Gesetz.

In dieser Angelegenheit entspricht der Standpunkt der Kirche also wieder der Mehrheitsmeinung. Maltas Weihbischoff Charles Scicluna, der jüngst noch mit verständnisvollen Worten an die homosexuelle Gemeinde überrascht hatte, befand, dass das "Geschenk der Elternschaft" heterosexuellen Paaren vorbehalten bleiben müsse.

Der Vorsitzende der PN, Simon Busuttil, sagte, seine Partei sei zwar für die gleichgeschlechtliche Partnerschaft, ein Adoptionsrecht für Schwule und Lesben gehe aber zu weit. Sein Land sei noch nicht bereit für eine solche Maßnahme. Die konservative Opposition um Busuttil enthielt sich geschlossen der Abstimmung, konnte das Gesetz jedoch nicht mehr aufhalten.

Wirkungsvollen Widerstand gegen das ungewollte Gesetz hält Kurt Sansone von der Times of Malta ohnehin für unwahrscheinlich. Die katholische Kirche sei nach dem Debakel im Scheidungsreferendum zu verunsichert, um starken Protest zu mobilisieren. Zwar habe ein Pastor einer kleinen evangelischen Glaubensgemeinschaft gedroht, ein Referendum einzuberufen, doch bisher gebe es keinerlei Anzeichen für solche Schritte.

"Der Widerstand wird mit der Zeit im Sande verlaufen", versichert Sansone. Die "Civil Union Bill" mitsamt des darin verankerten Adoptionsrechts liegt derweil auf dem Schreibtisch von Staatspräsidentin Marie-Louise Coleiro Preca, mit deren Signatur sie auch formal zum Gesetz wird. Dass sie unterzeichnen wird, daran besteht kaum ein Zweifel.

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