Nahost-Friedensverhandlungen:Abbas verwirrt mit Drohung

Nahost-Friedensverhandlungen: Offenbar frustriert von den Friedensgesprächen: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah.

Offenbar frustriert von den Friedensgesprächen: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah.

(Foto: AFP)

Die Friedensgespräche bleiben festgefahren und schwierig: Palästinenserpräsident Abbas droht nun damit, die Autonomiebehörde aufzulösen. Israel würde ein solcher Schritt in eine prekäre Lage bringen.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Die Uhr tickt und die Wortgefechte werden hitziger: Mitten hinein ins Gerangel um eine Verlängerung der nahöstlichen Friedensverhandlungen über das ursprüngliche Fristende am 29. April hinaus hat Präsident Mahmud Abbas nun mit der Auflösung der Palästinensischen Autonomiebehörde gedroht. "Ihr braucht keine Panzer, schickt nur einen Beamten vorbei, wir geben ihm die Schlüssel", wird er aus einem Treffen mit israelischen Parlamentariern zitiert.

Es folgten sogleich ein paar Dementis und Bekräftigungen, doch unter dem Strich hat dieser verwirrende Warnschuss seine erhoffte Wirkung erzielt. Die US-Regierung hat ihn so ernst genommen, dass Abbas ermahnt wurde, solche "extremen Schritte" zu unterlassen. Ansonsten drohten ernste Folgen für die Beziehungen und die Finanzhilfe.

Eine Auflösung der Autonomiebehörde, die seit den Osloer Verträgen die Selbstverwaltung der Palästinenser regelt, würde die Uhr im Friedensprozess um mehr als 20 Jahre zurückdrehen - und Israel in eine prekäre Lage bringen. Denn der Regierung in Jerusalem würde als Besatzungsmacht wieder die komplette Verantwortung für die mehr als zwei Millionen Bewohner des Westjordanlands zufallen. Sie müsste etwa mit dem Bildungs- und Gesundheitssystem Aufgaben und auch Kosten übernehmen, die bislang von der Führung um Abbas mithilfe von milliardenschwerer internationaler Finanzhilfe bewältigt werden.

Druck und Gegendruck

Die Drohung ist zugleich als Druckmittel wie als Ausdruck tiefer Frustration zu verstehen. Doch das Ende aller Staatsgründungsträume ist gewiss nur die allerletzte Option, zu der sich die Palästinenser durchringen müssten. Parallel dazu wird auch der genau entgegengesetzte Pfad verfolgt mit den Bemühungen um internationale Anerkennung bei den Vereinten Nationen. Als dritte Alternative zu den festgefahrenen Friedensgesprächen mit Israel rückt nun auch wieder eine Aussöhnung in dem seit sieben Jahren tobenden palästinensischen Bruderkrieg in den Vordergrund. Vertreter der im Westjordanland regierunden Fatah verhandeln erneut mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas über ein Versöhnungsabkommen.

Israels Regierung reagierte auf die palästinensischen Drohungen mit einer Mischung aus demonstrativer Gelassenheit und Gegendruck. "Wenn Abbas gehen will, werden wir ihn nicht aufhalten", erklärte Wirtschaftsminister Naftali Bennet, dessen Partei Jüdisches Heim die Gründung eines Palästinenserstaats ohnehin ablehnt.

Transportminister Israel Katz vom Likud warnt, dass die palästinischen Führer nach einer Auflösung der Autonomiebehörde "als Feinde" behandelt würden. Und Premierminister Benjamin Netanjahu gibt den Palästinensern den etwas herablassenden Rat, sich erst einmal selber klar zu werden, was sie nun wollen. "Wenn sie Frieden wollen", sagte er, "sollen sie uns Bescheid geben."

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