Konflikt in der Ukraine:Nato wirft Moskau "zündelnde Rhetorik" vor

Russlands Außenminister Sergej Lawrow

Der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz in Moskau.

(Foto: REUTERS)

+++ Nato kritisiert russische Drohungen an Kiew +++ Russlands Außenminister Lawrow warnt vor möglicher Invasion in der Ostukraine +++ Bundesaußenminister Steinmeier ruft zur Deeskalation auf +++ US-Regierung verlegt 600 Infanteriesoldaten nach Osteuropa +++

Die Entwicklungen im Newsblog.

  • Knapp eine Woche nach der Einigung von Genf ist von einer Entspannung der Situation keine Spur mehr. Russland und die USA machen sich gegenseitig für die neuen Eskalationen in der Ostukraine verantwortlich.
  • Nato kritisiert russische Drohungen
  • Russischer Außenminister kündigt mögliche Invasion in der Ostukraine an
  • Russland startet mehrere Militärmanöver
  • Außenminister Steinmeier ruft zur Deeskalation auf
  • USA verlegen Hunderte Infanteriesoldaten nach Polen und in die baltischen Staaten

Nato kritisiert Drohungen aus Moskau: "Ich bin besorgt über die russischen Erklärungen, die der Ukraine mit einer Militäraktion drohen", sagte am Mittwochabend NATO-Vize-Generalsekretär Alexander Vershbow. "Russland hat die Verantwortung, die Situation zu beruhigen statt sich einer zündelnden Rhetorik zu bedienen." Vershbow reagierte damit auf Äußerungen des russischen Außenministers Sergej Lawrow, der im Falle einer Verletzung russischer Interessen in der Ukraine mit einer "Antwort" gedroht hatte. Sollten "unsere legitimen Interessen, die Interessen von Russen" direkt angegriffen werden, sehe er keine andere Möglichkeit als entsprechend dem Völkerrecht darauf zu reagieren, zitierte das russische Staatsfernsehen RT Lawrow. Der Außenminister verwies dabei auf Süd-Ossetien: Nachdem die Region sich von Georgien losgesagt hatte, maschierten im August 2008 russische Truppen ein, um die Separatisten zu unterstützen. Lawrow machte für die Vorgänge in der Ukraine zudem die USA verantwortlich. Er habe keine Zweifel, dass die Amerikaner "die Show dirigieren". Es sei auffällig, dass die ukrainische Regierung immer gerade dann das Militär gegen die protestierende eigene Bevölkerung im Osten des Landes einsetze, wenn gerade ein US-Funktionär in Kiew gewesen sei. Die USA wiesen die Kritik Lawrows zurück: Die Beschuldigung, die USA steuerten die Handlungen der Regierung in Kiew, sei "lächerlich", sagte eine Sprecherin des US-Außenamts. "Diese Rhetorik ist kontraproduktiv und aufrührerisch."

Moskau fordert Rückzug des ukrainischen Militärs: Die russische Regierung fordert einen Rückzug ukrainischer Truppen aus dem Osten des Landes. Russland bestehe "erneut auf der sofortigen Deeskalation der Lage im Südosten der Ukraine" und "dem Rückzug von Einheiten der ukrainischen Armee", erklärte das Außenministerium in Moskau. Zudem müsse es "einen wirklichen innerukrainischen Dialog" geben, "der alle Regionen und politischen Gruppierungen des Landes einbezieht".

Kiew meldet Erfolg beim "Anti-Terror-Einsatz": In der Ostukraine haben ukrainische Regierungseinheiten nach eigenen Angaben den Ort Swjatogorsk von prorussischen Separatisten zurückerobert. Die moskautreuen Aktivisten seien vertrieben worden, teilt das Innenministerium in Kiew mit. Es habe keine Opfer gegeben. Sicherheitskräfte patrouillierten in der Stadt mit etwa 4500 Einwohnern. Die Separatisten kontrollieren weiterhin die 30 Kilometer südlich gelegene Stadt Slawjansk. Bisher bekommt die prowestliche Zentralregierung die Lage in der russisch geprägten Gegend nicht in den Griff.

Außenminister Steinmeier ruft zur Deeskalation auf: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ruft sowohl Russland als auch die Ukraine zu einer Deeskalation auf. Jeden Tag, an dem die Vereinbarungen der "Genfer Erklärung" nicht umgesetzt würden, werde eine Lösung für die Ukraine schwieriger, sagte er bei einem Besuch in der moldawischen Hauptstadt Chisinau. Gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius hat Steinmeier die ehemalige Sowjetrepublik Moldau bereist. Die Annexion der Krim hat dort Befürchtungen geweckt, es könnte ein ähnliches Szenario in Transnistrien geben, einer abtrünnigen, prorussischen Region im Osten des Landes. Die beiden Außenminister haben Moldau nun eine weitere Annäherung an die Europäische Union zugesichert. "Ich bin sicher, es wird gelingen bis zum Sommer die letzten Hindernisse aus dem Weg zu räumen", so Steinmeier im Hinblick auf ein Assoziierungsabkommen. Zu einer EU-Beitrittsperspektive äußert sich Steinmeier jedoch zurückhaltend: "Die Antwort auf diese Frage liegt nicht in den Hauptstädten der Europäischen Union." Moldau müsse sich selbst entscheiden, welchen Weg es gehen wolle, sagt der Außenminister mit Blick auf russische Interessen in der Region. In der Nacht zum Donnerstag ist der Weiterflug in die georgische Hauptstadt Tiflis geplant.

EU lädt zu Energie-Gespräch: Im drohenden Gaskonflikt mit Moskau dringt die EU-Kommission auf Drei-Seiten-Gespräche mit Russland und der Ukraine. Energiekommissar Günther Oettinger habe ein Einladungsschreiben an den russischen Energieminister Alexander Nowak und den ukrainischen Energieminister Juri Prodan geschickt, teilt Oettingers Büro mit. Ort und Zeit der "trilateralen Beratungen" seien jedoch noch nicht festgelegt. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte vor kurzem die EU-Länder vor Engpässen bei der Energieversorgung als Folge des Ukraine-Konflikts gewarnt. Putin droht damit, der Ukraine nur Gas gegen Vorkasse zu liefern - was Auswirkungen auf Europas Versorgung haben könnte. Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für Gas aus Russland. Wegen unbezahlter Rechnungen hatte Russland der Ukraine 2009 das Gas zeitweilig abgedreht, was zu Engpässen auch in der EU führte.

Russland startet mehrere Militärmanöver: Die russischen Streitkräfte halten in der Region Rostow an der Grenze zur Ukraine ein Manöver ab. Einzelheiten dazu wollte ein Sprecher des Militärbezirks Süd nicht nennen. Auf Bildern von Reuters TV sind unter anderem gepanzerte Mannschaftswagen, Jeeps und Raketenwerfer auf einem Luftwaffenstützpunkt zu sehen. Russland hat die Zahl seiner Militärmanöver seit Beginn der Ukraine-Krise erhöht. Erst am Mittwoch Morgen hat die Nachrichtenagentur Interfax gemeldet, dass ein siebentägiges Manöver begonnen habe, an dem auch die Marine im Kaspischen Meer beteiligt sei. Nach Schätzungen der Nato hat Russland seit Beginn der Ukraine-Krise etwa 40 000 Soldaten an der Grenze zum Nachbarland zusammengezogen.

USA schicken mehrere Hundert Infanteriesoldaten nach Polen und ins Baltikum: Das US-Verteidigungsministerium verlegt etwa 600 Infanteriesoldaten nach Polen und in die baltischen Staaten. Die Einheiten würden in den kommenden Tagen an Militärübungen mit den Nato-Verbündeten teilnehmen, sagte Pentagonsprecher John Kirby in Washington. Den Angaben zufolge sollen 150 Soldaten einer in Italien stationierten Luftlandebrigade am Mittwoch in Polen eintreffen. Weitere 450 Soldaten würden in den kommenden Tagen nach Estland, Litauen und Lettland geflogen. Die Verlegung von Truppen sei ein "sehr greifbares" Bekenntnis der USA zu den Sicherheitsverpflichtungen in Europa. Der Schritt sende eine "Botschaft" an Moskau, dass Washington diese Verpflichtungen "sehr ernst" nehme.

EU fordert von Russland Ende der Tötungen in Ostukraine: Die Europäische Union fordert Russland auf, sich für ein sofortiges Ende von Entführungen und Tötungen im Osten der Ukraine einzusetzen. Die Regierung in Moskau solle ihren Einfluss dort geltend machen, sagt ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Die EU sei besorgt über Berichte, denen zufolge ein Politiker der Batkiwschtschyna-Partei, der auch Übergangspräsident Alexander Turtschinow angehört, gefoltert und getötet worden sein.

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