Maria Scharapowa in Stuttgart:Plackerei hinter glänzender Fassade

Tennis WTA-Turnier in Stuttgart

Maria Scharapowa: Mit viel Arbeit zurück im Geschäft

(Foto: dpa)

Maria Scharapowa ist modelnde Tennisspielerin, bestbezahlte Sportlerin der Welt - und eine Besessene, die über ihre körperlichen Grenzen geht. Beim WTA-Turnier in Stuttgart könnte sie ihren 30. Titel auf der Tour holen. Eine Überraschung, vor allem für ihre Ärzte.

Von Matthias Schmid, Stuttgart

Maria Scharapowa wird in Stuttgart regelmäßig mit Füßen getreten. Im Eingangsfoyer der Arena im Neckarpark, wo in dieser Woche der Porsche-Grand-Prix ausgespielt wird, sind pinkfarbene Tennisbälle in Handballgröße auf den Boden geklebt, beschriftet mit den Namen aller Siegerinnen der 36-jährigen Turnierhistorie. Das Who is Who des Welttennis wird dabei beschmutzt, Martina Navratilova und Justine Henin ebenso wie Martina Hingis.

Scharapowa ist die Gewinnerin der vergangenen beiden Jahre, die Russin mag die besondere Konstellation im Württembergischen, nirgendwo sonst wird auf der Profitour in der Halle auf Sand gespielt - sie hat noch kein Match hier verloren. Am Dienstagabend feierte sie ihren neunten Sieg nacheinander, es war eng, es war aufregend, sie war nur zwei Punkte von der vorzeitigen Abreise entfernt. Doch nach drei Stunden und 23 Minuten verwandelte sie schließlich ihren vierten Matchball zum 7:6 (7:5), 6:7 (5:7) und 7:6 (7:2) gegen die Tschechin Lucie Safarova.

"Beim ersten Match auf Sand musst du immer bis zum letzten Punkt kämpfen", stellte Scharapowa hinterher erleichtert fest: "In der Schlussphase eines solchen Matches gibt es keinen Plan mehr, da zählt nur noch der Instinkt." Eine frühe Niederlage hätte nicht nur ihr, sondern auch Markus Günthardt sehr weh getan. Für den Schweizer Turnierdirektor ist Scharapowa das Gesicht des Turniers, ein Zugpferd, die auch Zuschauer anlockt, die mit dem Tennissport nicht allzu viel zu tun haben. Sie kennen Scharapowa eher als Model aus den Hochglanzmagazinen oder als Inhaberin eines eigenen Süßwarenprodukts mit dem schmucken Namen "Sugarpova".

Auch in Stuttgart gingen viele Bilder abseits des Platzes um die Welt. Sie feierte ihren 27. Geburtstag am vergangenen Samstag im grauen Dirndl mit weißen Blüschen und rosa Schleife auf dem Cannstatter Frühlingsfest oder posierte im kurzen schwarzen Abendkleid im Boliden des schwäbischen Autobauers, dessen Markenbotschafterin sie ist.

Zehn Monate Zwangspause

Scharapowa ist im Moment die bestbezahlte Sportlerin des Planeten. Laut Forbes-Liste hat sie im vergangenen Jahr 23 Millionen Dollar durch Sponsorenverträge eingenommen. Doch anders als ihre Landsfrau Anna Kournikova hat sie sich ihr Talent nie abkaufen lassen, sie hat dem Training auf dem Platz immer genügend Zeit eingeräumt. Kournikova dagegen ist immer das tennisspielende Model geblieben, sie hat nicht ein Turnier in ihrer Kariere gewinnen können, Scharapowa kann in Stuttgart nun ihren 30. Titel auf der Tour holen, als eine von nur wenigen Spielerinnen hat sie alle vier Grand-Slam-Turniere schon einmal gewinnen können.

Hinter der glänzenden Fassade der modelnden Tennisspielerin ist der Schweiß und die Plackerei nicht zu erkennen. Nur die wenigsten wissen, dass sie eine unglaubliche Arbeiterin ist, eine Besessene, die über ihre körperlichen Grenzen gehen kann und stundenlang an ihrem Spiel und an ihrer Fitness feilt. Leute, die sie näher kennen, beschreiben sie als große Wettkämpferin. Sie selbst sagt, dass sie es liebt zu gewinnen. "Deshalb will ich mich stetig verbessern."

Wie grenzenlos ihre Liebe zum Tennis sein muss, zeigt sich gerade am Tiefpunkt ihrer Karriere. Fast zehn Monate musste Scharapowa zwischen August 2008 und Mai 2009 pausieren, weil sie an der Schulter operiert wurde. Keiner der Ärzte konnte ihr damals seriös voraussagen, ob sie jemals wieder wird Tennis spielen können. "Das war beängstigend", sagt sie heute.

Für Tennisspieler sind Schulterverletzungen die schlimmsten aller Verletzungen, das Spiel funktioniert nicht ohne Aufschlag. "Ich konnte mir niemanden zum Vorbild nehmen, der so etwas durchgestanden hatte, danach ein Grand-Slam-Turnier gewann und die Nummer eins wurde", sagt sie im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Scharapowa hat genau das geschafft. Vor zwei Jahren triumphierte sie in Paris und stieg abermals zur besten Spielerin der Welt auf.

Mittlerweile ist sie in der Weltrangliste auf Platz neun zurückgefallen. Im vergangenen Jahr plagte sie wieder ihre Schulter, sie musste die Tour verlassen, vier Monate lang bestritt sie kein Turnier. Die Schmerzen sind inzwischen verschwunden, die Angst vor erneuten Problemen ist allerdings geblieben. "Ich weiß, dass sie wieder Probleme machen kann", sagt Scharapowa. Sie will die Zeit auf dem Platz genießen, noch einige Turniere gewinnen. Vielleicht klappt es sogar mit einem zweiten Wimbledontitel. Im Sommer jährt sich ihr Triumph zum zehnten Mal. Als Siebzehnjährige hatte sie sich 2004 auf dem Rasen mit einem Schlag aus dem Nichts ins Rampenlicht gespielt.

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