Nahost-Konflikt:Israel reagiert gereizt auf Palästinenser-Einigung

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Azzam Al-Ahmed, Fatah-Vertreter, mit den Hamas-Führern Ismail Haniyya und Moussa Abu Marzouq in Gaza (v.l.n.r.). (Foto: REUTERS)

Die Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen streben die Bildung einer Einheitsregierung an, die gemäßigte Fatah will sich mit der radikalislamischen Hamas versöhnen. Israel sagt prompt ein Friedensgespräch ab - und fliegt einen Angriff auf den Gazastreifen.

Die rivalisierenden Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah haben sich trotz aller Warnungen auf die Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung und Neuwahlen geeinigt. Dies bestätigte der Hamas-Führer Ismail Haniyya bei einer Pressekonferenz mit Azzam Al-Ahmed, dem Leiter der Delegation der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO).

Demnach soll innerhalb von fünf Wochen eine neue Regierung gebildet werden. Präsidenten- und Parlamentswahlen sollen laut Planung binnen sechs Monaten abgehalten werden. Nach Medienberichten ist die Bildung einer Regierung unabhängiger Experten geplant. Die Vereinbarung sieht auch die Aufnahme der Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad sowie mehrerer Splittergruppen in die PLO vor.

Ähnliche Vereinbarungen zwischen der radikal-islamischen Hamas und der als gemäßigt geltenden Fatah in den Jahren 2011 und 2012 wurden nie umgesetzt. Während in Gaza tausende Menschen mit Jubel auf die Versöhnung der beiden Palästinenserorganisationen reagierten, griff die israelische Luftwaffe Ziele im Norden des Gazastreifens an.

Starke Belastung für Nahost-Friedensgespräche

Die Einigung auf die Bildung einer Einheitsregierung könnte den Friedensgesprächen zwischen den Palästinensern und Israel weiter schaden. Am Mittwochabend sagte Israel eine geplante Sitzung der Friedensgespräche mit den Palästinensern ab. Das für den Abend vorgesehene Treffen finde nicht statt, erklärte das Amt von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ohne nähere Einzelheiten zu nennen.

In Gaza und anderen Städten sowie in Flüchtlingslagern des Gazastreifens feierten Tausende die Einigung auf die Bildung einer Einheitsregierung. Sie schwenkten Fahnen und riefen immer wieder: "Palästinensische Einheit!" (Foto: AFP)

Zuvor hatte Netanjahu dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas (Fatah) bereits ein Ultimatum gestellt. "Er muss sich entscheiden, will er eine Versöhnung mit der Hamas oder einen Frieden mit Israel? Er kann nur eines von beiden erreichen", sagte er während eines Treffens mit dem österreichischen Außenminister Sebastian Kurz.

Drohungen von beiden Seiten

Das Fatah-Zentralkomitee will am Samstag in Ramallah tagen und dann entscheiden, wie es mit den Friedensgesprächen weitergeht. Abbas sieht die Versöhnung seiner Fatah mit der radikal-islamischen Hamas nicht als Hindernis für Friedensgespräche mit Israel. Die Palästinenser seien "ausdrücklich weiter einer gerechten Friedensregelung verpflichtet, die auf einer Zwei-Staaten-Lösung basiert", sagte Abbas nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa. Israels Chefunterhändlerin Zipi Livni wertete die innerpalästinensische Einigung hingegen als "sehr problematische Entwicklung, die den Friedensbemühungen schadet". Angesichts der neuen Lage müsse Israel seine Schritte neu überdenken.

Israel, die Vereinigten Staaten und andere Länder betrachten die Hamas wegen ihrer Anschläge auf Israelis als Terrororganisation. Hamas lehnt die Friedensgespräche mit Israel ab. Die Palästinensische Autonomiebehörde unter Leitung von Abbas regiert nur im Westjordanland. Im Gazastreifen hat die Hamas nach einem blutigen Bruderkrieg mit der Fatah 2007 die alleinige Kontrolle übernommen.

Am Sonntag hatten die Palästinenser wiederholt mit der Auflösung der von Abbas geleiteten Autonomiebehörde gedroht, um die Verantwortung für das Westjordanland wieder an Israel zu übertragen. Die mit dem Abkommen von Oslo aus dem Jahr 1993 ins Leben gerufene Autonomiebehörde kämpft seit ihrer Gründung mit finanziellen Problemen und ist auf ausländische Unterstützung angewiesen. Sollte die Drohung wahr gemacht werden, würde dies für Israel erhebliche Probleme und Kosten etwa im Polizei-, Bildungs- und Gesundheitsbereich sowie bei der Wasserversorgung mit sich bringen.

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