Haftstrafe für Raser:Verfolgungsjagd mit 18 Streifenwagen

Ein angetrunkener 24-Jähriger flüchtet mit einem geklauten Auto vor einer Polizeikontrolle - und liefert sich eine wilde Verfolgungsjagd mit 18 Streifenwagen und einem Hubschrauber quer durch München. Jetzt muss er ins Gefängnis.

Von Christian Rost

Erst als ein Polizist seine Dienstwaffe an die Seitenscheibe des Zivilfahrzeugs hielt und dem Autofahrer Patrick S. damit den Ernst der Lage signalisierte, steuerte der Raser auf den Pannenstreifen der A 8 und ließ sich festnehmen. Zuvor hatte sich der junge Österreicher mit einem geklauten Mazda fast eine Stunde lang eine wilde Verfolgungsjagd mit der Münchner Polizei geliefert.

18 Streifenwagen und ein Hubschrauber jagten S. auf einer Strecke von insgesamt 87 Kilometern durch München und um die Stadt herum. Ein Schöffengericht des Münchner Amtsgerichts quittierte den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr am Mittwoch mit einer harten Strafe: zweieinhalb Jahre Haft.

Patrick S. ist ein nicht unsympathischer Bursche, der es allerdings in seiner Heimat schon zu einem stattlich gefüllten Vorstrafenregister gebracht hat. Wegen etlicher Diebstähle und einer Sachbeschädigung saß er acht Monate in Haft. 2012 kam er frei, und nur ein Jahr später, in der Nacht zum 13. Oktober 2013, war ihm schon wieder alles egal: In einer Innsbrucker Tiefgarage knackte er mit zwei Freunden einen alten Mazda und ging mit dem gestohlenen Wagen auf Spritztour.

Am Steuer saß der 24-jährige S., der nie einen Führerschein gemacht und auch sonst in seinem Leben wenig zustande gebracht hatte. Eine Lehre zum Karosseriebauer brach er ab, er wohnte noch bei seiner Mama.

"Es tut mir leid"

Die Spritztour führte das Trio zuerst nach Kufstein in eine Kneipe. Bis in der Früh zechten die jungen Männer. Als S. mit seinen Kumpels wieder ins Auto stieg, hatte er mindestens 0,73 Promille. Das hielt ihn freilich nicht von einer Tour nach München ab, gegen 6.30 Uhr am Sonntagmorgen kamen sie bei Dunkelheit und Regen in der Leopoldstraße an. Gelegenheit zum Aussteigen hatten die jungen Männer nicht, weil bereits eine Polizeistreife auf sie aufmerksam geworden war und sie für eine Routinekontrolle zum Anhalten aufgefordert hatte.

Zunächst blieb S. auch stehen, als sich jedoch Polizeihauptmeister Roland B. dem Wagen näherte, gab der Österreicher Vollgas. Seine Freunde hätten ihn angefeuert, erklärte Verteidiger Peter Schneider das Verhalten seines Mandanten. "Fahr zua, hau ab", hätten sie gerufen, auch deshalb sei S. panisch geflüchtet.

Der deutlich besser motorisierte BMW-Streifenwagen nahm die Verfolgung auf. Mit bis zu 140 Stundenkilometern ging es stadtauswärts Richtung Oberschleißheim, wobei S. drei rote Ampeln an Kreuzungen ignorierte. Aufgrund der waghalsigen Fahrweise des Angeklagten konnte Polizist B. nicht überholen. Als er einmal seinen Wagen neben den Mazda gesetzt hatte, zog S. sofort auf die andere Straßenseite, um das Polizeifahrzeug zu rammen. "Wenn ich nicht eine Vollbremsung hingelegt hätte, hätte es gekracht", so Roland B. Der 30-Jährige blieb aber dran an dem Flüchtenden und wartete auf Verstärkung.

Mehr als 12 000 Euro Schaden

Nach und nach hängten sich weitere Polizeifahrzeuge an den Mazda, der auf dem äußeren Autobahnring wild links und rechts überholend zunächst Richtung Lindauer Autobahn fuhr und dann vom Münchner Westen aus auf der A 96 wieder die Stadt ansteuerte. Dann ging es in südlicher Richtung einmal um den Mittleren Ring herum bis zum Beginn der Salzburger Autobahn, wobei S. in Höhe der Balanstraße auf einem Gehsteig fuhr. Die Polizei verfolgte mittlerweile in Kompaniestärke mit 18 Fahrzeugen und einem Hubschrauber das Fluchtfahrzeug. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagte Streifenpolizist Roland B.

Bei immer stärkerem Regen raste S. weiter Richtung Salzburg. In Höhe Hofoldinger Forst konnten endlich drei Polizeifahrzeuge den Mazda in die Zange nehmen. Eingekeilt von drei Wagen - je einer vorne, hinten und rechts - wollte S. zunächst auf dem Grünstreifen an der Leitplanke entlang durchstarten. Weil das nicht gelang, rammte er den Polizei-BMW von Roland B., der scharf gegenlenken musste. Es krachte mächtig: Mehr als 12 000 Euro Schaden entstand am Polizeiauto.

Patrick S. versuchte noch weitere irre Manöver, sah dann aber den Polizisten mit der Waffe in der Hand und steuerte rechts ran. Er ließ sich widerstandslos festnehmen und legte ein Geständnis ab: "Es tut mir leid." Richterin Sabine Kehl sagte, es sei reiner Zufall, dass es keine Toten gegeben habe.

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