Mein Deutschland:Urbi et orbi, ganz locker

Mein Deutschland: Papst Franziskus beim traditionellen Segen "Urbi et Orbi" während der Osterfeierlichkeiten am 20. April 2014 vom Petersdom in Rom. Das Christentum feiert am Ostersonntag die Auferstehung Jesu Christi. Es ist der ranghöchste Feiertag im Kirchenjahr.

Papst Franziskus beim traditionellen Segen "Urbi et Orbi" während der Osterfeierlichkeiten am 20. April 2014 vom Petersdom in Rom. Das Christentum feiert am Ostersonntag die Auferstehung Jesu Christi. Es ist der ranghöchste Feiertag im Kirchenjahr.

(Foto: AFP)

Zwei Päpste in den Palästen des Vatikans.

Eine Kolumne von Giovanni Maria Del Re

Rom ist an Touristen- und Pilgeransturm gewöhnt, vor allem zu Ostern. Und doch ist dieses Jahr ganz anders: Statt der "üblichen" fünf Millionen Gäste wird die Ewige Stadt schätzungsweise mehr als acht Millionen zu bewältigen haben. Es heißt, dieser ungewöhnlich große Ansturm sei auf den besonders charismatischen Papst Franziskus zurückzuführen. Das stimmt sicher, aber es ist mehr als nur das: Nie zuvor hat es in den Palästen des Vatikans gleichzeitig zwei Päpste gegeben. Aller Voraussicht nach werden beide Päpste die Heiligsprechung zweier ihrer Vorgänger - Johannes XXIII. und Johannes Paul II. -, geplant für den 27. April, zelebrieren. Die Römer sind begeistert und fasziniert, und viele können freilich nicht umhin, die beiden zu vergleichen.

Unterschiedlicher könnten die beiden eigentlich nicht sein: Der Deutsche ist intellektuell, zurückhaltend und fast ein bisschen schüchtern, während der Italo-Argentinier extrovertiert, energisch und leidenschaftlich ist. Die Römer mögen eigentlich beide sehr, nur dass die Italiener fühlen, dass Franziskus besser zu ihrem Nationalcharakter passt. Sie finden Benedikt sympathisch und bewundern sein perfektes Italienisch (mit dem typischen, ein bisschen harten deutschen Akzent). Als er Papst war, war es aber offensichtlich, wie schwer sich der Deutsche mit der Öffentlichkeit und den Menschenmassen tat. Ganz anders Franziskus, der sichtlich aufblüht, wenn er unter Menschen ist.

Viele Italiener betrachten den deutschen Papst als viel "strenger" als den neuen, der im allgemeinen viel "lockerer" wirkt (obwohl er die Grundprinzipien des katholischen Glaubens genauso verteidigt). Interessanterweise kritisieren manche meiner deutschen Journalistenkollegen genau diese "übertriebene Lockerheit" des neuen Papstes, "er ist zu informell", sagen sie. Man könnte also meinen, im Vatikan wiederhole sich der "Nord-Süd"-Gegensatz, vom dem in den vergangenen Jahren in der EU so viel die Rede war. Die wunderbare, fruchtbare Zusammenarbeit des deutschen Benedikt mit dem Italo-Argentinier Franziskus zeigt uns aber, dass unterschiedliche Kulturen einander ergänzen können, anstatt zu absurden Feindschaften zu führen.

Giovanni Maria Del Re ist Europa-Korrespondent der italienischen Tageszeitung Avvenire.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: