Real Madrid in der Champions League:Nah dran an La Décima

Real Madrid vs Bayern Munich

Sein Tor lief in der Endlosschleife: Karim Benzema.

(Foto: dpa)

Endlich ist die schwarze Bestie wieder besiegt: Real Madrid feiert das 1:0 gegen den FC Bayern als großen Schritt in Richtung Finale. Ganz Madrid träumt nun vom zehnten Triumph in der Königsklasse. Lob kommt sogar von denen, die sonst dem Erzrivalen Barcelona nahe stehen.

Von Lisa Sonnabend, Madrid

Die Bayern-Spieler gaben Interviews, die Schultern hingen, in ihren Trainingshemden aus dunklem Samtstoff sahen sie irgendwie aus, als kämen sie aus einer Reha-Klinik. Karim Benzema dagegen sah aus, als wolle er gleich in den Club. Lackschuhe, enge Hose, Jeanshemd, schwarzes Designer-T-Shirt.

Real Madrids Stürmer grinste breit, während er sprach. Ein Reporter klopfte ihm auf die Schultern, ein anderer schoss ein Erinnerungsbild von sich und dem einzigen Torschützen des Spiels.

Benzemas Treffer lief an diesem Donnerstagabend im spanischen Fernsehen in der Endlos-Wiederholung. Die clevere Vorgabe von Cristiano Ronaldo, die genaue Flanke von Fabio Coentrao und der abgezockte Abschluss von Benzema, das Tor war aber auch schön herausgespielt. 1:0 gewann Real Madrid gegen den FC Bayen München - und das war durchaus eine Überraschung. Auch für die Spanier.

La Bestia Negra, der Angstgegner aus Deuschland, war endlich wieder besiegt. Erstmals seit 2007.

Das Ziel von Carlo Ancelottis Team lautete im Estadio de Santiago Bernabeu: Sie wollten den Bayern keine Räume lassen und wenn der Ball schließlich doch einmal erobert war, schnell kontern. Der Plan ging auf. Real kam zwar zu nur wenigen Angriffen, doch die waren alle so gefährlich, dass ein Raunen durch das Stadion ging.

Die Bayern dagegen zogen einen Angriff nach dem anderen auf, doch nur bei einem einzigen Schuss war Reals Torwartlegende Iker Casillas gefordert - und dieser Moment kam erst in der 84. Minute. Dann, wenn Bayern-Spiele für gewöhnlich längst entschieden sind.

Innenverteidiger Sergio Ramos, der gemeinsam mit Pepe erfolgreich die Gefahrenzone abgesichert hatte, zeigte sich nach der Partie zufrieden: "Das ist ein gutes Ergebnis, um nach München zu fahren und das Finale zu erreichen." Benzema meinte: "Es schadet sicher nicht, in München auch zu treffen. Wir fahren dorthin, um zu gewinnen." Und Trainer Ancelotti prophezeite: "Ich weiß nicht, was am Dienstag passieren wird, aber ich bin zuversichtlich."

"Die Bayern sind doch eine irdische Mannschaft"

Seit 2002 wartet ganz Madrid auf La Décima, den zehnten Erfolg in der europäischen Königsklasse. So nah wie in diesem Jahr war man dem Ziel schon lange nicht mehr. Vor zwei Jahren lag Real nach dem Halbfinal-Hinspiel gegen Bayern 1:2 zurück und verlor schließlich im Elfmeterschießen. Vergangene Saison konnten Ronaldo und seine Kollegen einen 1:4-Rückstand gegen Borussia Dortmund nicht mehr aufholen.

Die Euphorie ist entsprechend groß. Das Stadion besang seine Helden. Pepe, Casillas, Mittelfeldregisseur Xabi Alonso und der junge Isco wurden schon während der Partie mit Sprechchören gefeiert. Noch lange nach Schlusspfiff schrien die Madridistas auf den Straßen, schwenkten Fahnen, hüpften, umarmten sich.

Die Madrider Sportzeitungen hatten zwar noch nie den Ruf, objektiv zu sein, doch an diesem Donnerstagmorgen druckten sie ihren Stolz und ihre Genugtuung in besonders großen Lettern. "Enorm", titelte La Marca. In einem der zahlreichen Artikel, die den Erfolg der vergangenen Nacht noch einmal nacherzählen, heißt es: "Das war eine Bestie, die man nicht fürchten musste. Die Bayern sind doch eine irdische Mannschaft." Die Konkurrenz von As schreibt farbenfroh: "Ein goldenes Tor gegen die schwarze Bestie gibt den Weißen grünes Licht fürs Finale."

Selbst die Zeitung El Mundo Deportivo, die eigentlich den FC Barcelona unterstützt und wenig für Real übrig hat, musste zugeben: "Es war ein Duell zweier Fußballstile, zwischen dem Ballbesitz-Fußball Guardiolas und dem Konterfußball Ancelottis. Es gibt Argumente für beide. Aber näher an Lissabon ist im Moment Real."

Wenn Real erneut schnell kontert und hinten dicht steht, könnte es tatsächlich soweit sein. Cristiano Ronaldo dürfte zudem seine Beinverletzung bis kommende Woche völlig kuriert haben, die Magenschmerzen von Gareth Bale werden längst verflogen sein.

In einer Choreographie vor dem Spiel entrollten Real-Anhänger ein riesiges Spruchband im Stadion. "Reyes de Europa" - die Könige von Europa, stand darauf. Es ist nicht mehr nur ein Traum.

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