Daten-Gleichbehandlung im Internet:US-Aufsicht bestreitet Abkehr von Netzneutralität

Aufregung um die geplante US-Neuregelung zur Netzneutralität: Firmen sollen gegen Geld die Möglichkeit bekommen, ihre Inhalte schneller durchs Netz zu schicken. Netzaktivisten fürchten ein Zwei-Klassen-Internet, die Aufsichtsbehörde FCC versucht zu beschwichtigen.

Die US-Telekommunikationsaufsicht FCC hat ihre Pläne verteidigt, eine bevorzugte Behandlung einzelner Internetdienste und damit ein Internet der zwei Geschwindigkeiten zu erlauben. Dem Verbraucher werde kein Schaden entstehen, erklärte der FCC-Vorsitzende Tom Wheeler in einem Blog-Posting. Die "grundlegenden Ziele der Transparenz" blieben unangetastet. Zudem würden die Behörden die Internet-Anbieter bestrafen, die "in unangemessener Weise" Websites benachteiligten.

Die am Donnerstag vorgestellten Pläne sehen vor, dass sich Konzerne wie der Streaming-Dienst Netflix oder der Suchmaschinen-Gigant Google gegen Bezahlung eine Art digitale Überholspur sichern können - solange die Vereinbarungen "kommerziell angemessen" seien, heißt es. Insidern zufolge hat die Behörde noch keine klare Definition für diesen Begriff erarbeitet, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Kurz erklärt
Was ist Netzneutralität?

Alle Datenpakete sind gleich: Dieser Leitsatz steckt hinter der Idee der Netzneutralität. Internet-Provider dürfen demnach nicht in den Datenverkehr eingreifen, um beispielsweise bestimmte Online-Dienste zu bremsen oder andere schneller an ihre Kunden auszuliefern (und für diese Bevorzugung Geld oder Marktmacht zu erhalten). Das Thema wird seit Jahren heiß debattiert, hat aber durch den Siegeszug datenstarker Dienste wie Video-Streaming jüngst neue Aktualität erhalten. Das Europaparlament machte Anfang April den Weg für eine gesetzlichen Festschreibung der Netzneutralität in der Europäischen Union frei.

Verbraucherschützer befürchten, dass die Pläne zu einem "Internet der zwei Geschwindigkeiten" führen. Netzaktivisten sehen außerdem die Gefahr, dass Provider bestimmte Angebote blockieren oder die Datenübermittlung bewusst bremsen könnten. Internet-Anbieter fordern dagegen die Möglichkeit, verschiedene Preismodelle anzubieten.

Die FCC hatte für die Netzneutralität im Jahr 2010 drei Regeln aufgestellt: Die Provider müssen die Verwaltung des Datenverkehrs transparent gestalten, dürfen keine legalen Webinhalte blockieren und Datenpakete nicht "unangemessen" diskriminieren. Wheeler betonte, dass sich an diesen grundlegenden Zielen nichts ändern werde. Auch die Neufassung der Regeln werde "schädigendes Verhalten" von Internetanbietern für Verbraucher und den Wettbewerb durch eine Einschränkung von Datentransfers nicht erlauben.

Die FCC stand unter Zugzwang, nachdem US-Bundesgerichte die Vorschriften der Behörde für ein offenes Internet nach Klagen von Internetanbietern in Frage gestellt hatten. Die Verabschiedung der Neuregelung durch die Aufsichtsbehörde ist für den 15. Mai geplant, anschließend kann die Öffentlichkeit noch Stellung nehmen.

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