Gefallener deutscher Weltkriegssoldat:Klarheit nach fast 100 Jahren

Lesezeit: 2 min

Die Erkennungsmarke des deutschen Soldaten Johannes Templiner (Foto: dpa)

Für Kaiser und deutsches Vaterland kämpfte Johannes Templiner im Ersten Weltkrieg gegen Italien. Seit 1917 galt der Soldat aus dem heutigen Brandenburg als vermisst - bis ein Italiener fündig wurde.

Fast 100 Jahre herrschte Ungewissheit über das Schicksal des deutschen Soldaten Johannes Templiner im Ersten Weltkrieg - ausgerechnet im Jubiläumsjahr des Kriegsausbruchs hat es sich für seine Nachfahren nun endgültig geklärt. Der Soldat hatte für Kaiser, deutsches Vaterland und den österreichisch-ungarischen Verbündeten an der Südfront gekämpft - ob er das freiwillig tat, bleibt offen.

Der Italiener Joris Dell'Asin hatte schon 2006 in Pradis bei den Resten eines Grabkreuzes Templiners Erkennungsmarke gefunden. Darauf stand: Johannes Templiner, geboren am 2.10.1894, wohnhaft in Nassenheide im damaligen Kreis Niederbarnim, sowie die Truppenzugehörigkeit Garde-Reserve-Schützen-Bataillon.

Der Italiener schrieb nach Brandenburg - und machte die Familie des Toten ausfindig.

Marke und Essbesteck

Vor wenigen Tagen folgte der große Moment: Der Italiener Joris Dell'Asin reiste nach Nassenheide in Brandenburg und überreichte den Nachfahren die 2006 gefundene Marke. "Das war ein emotionaler Moment", sagt Manfred Telm. Der Bauamtsleiter der Gemeinde Löwenberger Land, zu der Nassenheide gehört, war maßgeblich an der Spurensuche beteiligt.

Österreichischer Posten in einer Stellung an der Italienfront 1916 (Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Seinen Urlaub in Italien nutzte Telm, um den Ort Clauzetto aufzusuchen, wo Dell'Asin Hinterlassenschaften des Gefallenen entdeckt hatte. "Neben der Marke hat er auch Essbesteck gefunden", berichtet Telm.

Die Funde waren Anlass für weitere Nachforschungen. Telm initiierte ein Projekt, an dem sich Auszubildende der Gemeindeverwaltung und Schüler beteiligten. Sie sichteten Kirchen- und Sterbebücher, in einem alten Ehrenhain suchten sie nach Gedenksteinen für Löwenberger Weltkriegsgefallene.

Ausstellungen zum Ersten Weltkrieg
:Wo der Weltenbrand begreifbar wird

Propaganda, patriotischer Nippes und das Grauen der Front: Facettenreich arbeiten Ausstellungen den Ersten Weltkrieg auf. Eine Auswahl von Wien bis Kansas City in Bildern.

"42 von 46 Steinen haben sie wiedergefunden", berichtet Telm. Die Ergebnisse der Nachforschungen wurden dokumentiert: mit Fotos, Schautafeln, einer Chronik und einer Übersichtskarte. "Das Projekt hat der Geschichte ein Gesicht gegeben", sagt der Initiator.

Die Arbeit beeindruckte die Bundeszentrale für politische Bildung, die nun Fördergeld geben will. Zudem ist eine Ausstellung geplant. Auch das Landesmuseum Braunschweig wurde aufmerksam: "Wir wollen das Projekt übernehmen. Es passt gut in unsere Vorstellung, wie Gedenken pädagogisch gestaltet werden kann", sagt eine Sprecherin.

Ein normaler junger Mann

Dank der Spurensuche haben auch die Nachfahren des 1917 gefallenen Gebirgssoldaten Templiner ein wenig mehr über ihn erfahren. Tischler sei er gewesen, ein normaler junger Mann, sagt die 77 Jahre alte Großnichte bei der feierlichen Übergabe seiner Erkennungsmarke.

23 Jahre war Templiner alt, als er im Grauen des Ersten Weltkrieges verschwunden ist. Bislang fand sich nur am örtlichen Kriegerdenkmal eine weitere Information zu Templiner - sein Todesdatum: 6. November 1917.

Weitere SZ-Texte über den Ersten Weltkrieg:

Erster Weltkrieg in Italien
:Die traurige Geschichte des Major Fiore

Ein kleines Gebäude in der Nähe des Flusses Piave erinnert an den großen Abwehrkampf der Italiener gegen die Truppen von Österreich-Ungarn. Die Soldaten lieferten sich eine schrecklichsten Schlachten des Ersten Weltkrieges. Mittendrin: Major Mario Fiore.

Von Michele Brambilla (La Stampa)
© SZ.de/odg/dpa/Marion van der Kraats - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Massaker an Armeniern im Ersten Weltkrieg
:Erdoğans Mitgefühl mit Einschränkungen

Premier Recep Tayyip Erdoğan thematisiert die in der Türkei bislang tabuisierten Massenmorde an Armeniern im Osmanischen Reich und zeigt Mitgefühl. Dafür heimst Erdoğan Lob aus Washington ein - auch wenn andere Aussagen aus seiner Erklärung für Kritik sorgen.

Von Oliver Das Gupta

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: