Eishockey-Meister Ingolstadt:Tatsächlich ganz oben

Koelner Haie v ERC Ingolstadt - 2014 DEL Playoffs Game 7

Christoph Gawlik und Patrick Hager (rechts) feiern das erste Ingolstädter Tor im Finalspiel gegen die Kölner Haie.

(Foto: Simon Hofmann/Getty)

Als Neunter ging der ERC Ingolstadt in die Playoffs, nun feiert der Klub im 50. Jahr seines Bestehens seinen ersten Meistertitel. Das 2:0 im entscheidenden siebten Finalspiel gegen die Kölner Haie war ein kompromissloser Kampf - nun lockt der Ingolstädter Rathausbalkon.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Mehr als sieben Monate hat die Saison gedauert, 32 Wochen lang wurde in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ein Meister gesucht. 228 Tage hat sich der Wettbewerb hingezogen. Am Dienstagabend aber, in der finalen Phase des finalen Finalspiels haben es die Kölner Haie und der ERC Ingolstadt mit der Spannung auf die Spitze getrieben.

Als wären die 409 Saisonspiele zuvor seit Mitte September bloß Makulatur gewesen, hat sich die Meisterschaft vor 18 500 Zuschauern in der Kölnarena wirklich erst im definitiv letzten Spieldrittel einer langen Saison entschieden, als John Laliberte 28 Sekunden nach der zweiten Pause das wegweisende Tor zum 2:0 (0:0, 1:0, 1:0) für den ERC Ingolstadt erzielte.

Im 50. Jahr seines Bestehens und im zwölften seiner DEL-Zugehörigkeit feierte der Eishockey- und Rollschuhclub Ingolstadt seinen ersten Meistertitel. "Das ist einfach unglaublich nach all der Scheiße, durch die wir in dieser Saison gegangen sind", brüllte Patrick Hager noch auf dem Eis ins TV-Mikrofon.

Die Kölner Haie verloren zum vierten Mal seit 2003 eine Endspielserie. Insgesamt war es ihre sechste Finalniederlage in der DEL. "Wir hatten zwei Jahre nacheinander die Titelchance und haben es zwei Mal nicht geschafft - das ist nicht einfach jetzt", sagte Kölns Kapitän John Tripp. Zumal die Entscheidung in diesem siebten Duell der Finalserie auch noch auf Kölner Eis fiel.

Die Pointe einer ganzen Saison wurde dabei hinausgezögert in das letzte Drittel. 2305 Tore waren im Laufe der Saison gefallen bis zu diesem siebten Finalspiel. Am Ende entschieden das 2306. und das 2307. Tor der Saison durch die Ingolstädter Christoph Gawlik und John Laliberte.

Mit dem Reiz solcher Playoffs, für die sich zehn der 14 Teams qualifizieren, wurde in der DEL freilich die Hauptrunde als dramaturgischer Schwachpunkt entlarvt. Die 52 Spieltage sind nur ein langes, zähes Vorspiel. Meister Ingolstadt war als Tabellenneunter in die Playoffs gegangen, Köln als Fünfter. Für Köln war die siebte Finalpartie das 69., für Ingolstadt das 73. Saisonspiel.

Kompromissloser Kampf ohne Strafzeiten

"Du brauchst nicht im Dezember oder im Januar in Topform zu sein", hatte Ingolstadts Trainer Niklas Sundblad jüngst gesagt, "sondern erst im Frühjahr." Blöd, wer sich schon im Winter verausgabt hatte: Die vier Topplatzierten Hamburg, Krefeld, Nürnberg und Mannheim zum Beispiel. Die drei Letztgenannten schafften es nicht einmal ins Halbfinale.

Dass die Kölner so weit gekommen waren, hatten sie unter anderem ihrem Topscorer Robert Collins zu verdanken, doch ausgerechnet im siebten Finalspiel war der Kanadier gesperrt, weil er Ingolstadts Ziga Jeglic unmittelbar nach der Schlusssirene des sechsten Spiels mit seinem Stock gehauen haben soll.

Vermutlich, um gar nicht erst auf den Gedanken zu kommen, Collins zu vermissen, hatten die Kölner am Dienstag mit einem Tempo begonnen, als müsse dieses Spiel bereits im ersten Drittel entschieden werden. Als den Ingolstädtern klar wurde, mit welch scharf geschliffener Kufe die Gastgeber unterwegs waren, hielten sie dagegen und beteiligten sich an einem so intensiven und schnellen Spiel, dass die Zuschauer auf der Gegentribüne erst nach neun Minuten merkten, dass sie immer noch standen.

Es war erstaunlich, wie kompromisslos die Teams sich bekämpften, ohne nennenswerte Strafzeiten zu provozieren, aber auch: ohne Tore zu schießen. 36 Minuten und 15 Sekunden lang jagten die Spieler den Puck über Eis, ehe Ingolstadts Christoph Gawlik ihn erstmals ins Kölner Tor schieben konnte. Als die Gastgeber zu Beginn des letzten Drittels ihren Mut zusammennahmen, um den Ausgleich zu erzielen, schoss Laliberte sie ins Tal der Tränen.

Zum zwölften Mal im deutschen Eishockey fiel die Titelentscheidung in einem ultimativen Finalspiel. Zum achten Mal waren die Kölner Haie beteiligt. Vier Mal gewannen sie, vier Mal unterlagen sie. Doch zum ersten Mal war in dieser Saison eine Endspielserie auf vier Siege ausgerichtet, und sogleich reizten die beiden Finalisten dies bis zum Äußersten aus.

Um 15.30 Uhr werden sich die Ingolstädter am kommenden Samstag auf dem Rathausbalkon präsentieren. Das war bereits vor dem Spiel beschlossen, genau wie ihr Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Um 14 Uhr sollen sie mit einem Konvoi im Stadtzentrum eintreffen. Bis dahin werden sie ihre Freude sicher zu konservieren wissen.

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