Ukraine-Krise:Separatisten in Donezk bitten Russland um Aufnahme

Ukraine-Krise: Ein maskierter prorussischer Separatist sitzt auf einem Militärtransporter vor einem besetzten Verwaltungsgebäude in der ostukrainischen Stadt Donetsk

Ein maskierter prorussischer Separatist sitzt auf einem Militärtransporter vor einem besetzten Verwaltungsgebäude in der ostukrainischen Stadt Donetsk

(Foto: AP)

+++ Prorussische Separatisten erklären Donezk zur "souveränen Volksrepublik" +++ Gazprom will Ukraine ab 3. Juni kein Gas mehr liefern +++ EU-Außenminister beschließen Verschärfung der Sanktionen gegen Verantwortliche der Ukraine-Krise +++ Kreml stellt sich hinter Referendum in der Ostukraine +++

  • Nach dem umstrittenen Referendum über eine Abspaltung der Ostukraine bitten Separatisten in Donezk Russland um Aufnahme
  • Russland will ab 3. Juni kein Gas mehr in die Ukraine liefern
  • EU verschärft Sanktionen gegen Verantwortliche der Ukraine-Krise
  • Moskau stellt sich hinter die Volksabstimmung, Westen erkennt Referendum nicht an

Separatisten in Donezk wollen Anschluss an Russland: Einer der Anführer der Separatisten in Donezk, Denis Puschilin, bittet Russland um Aufnahme. Das berichten verschiedene Beobachter vor Ort. Nach Angaben der Organisatoren des Referendums haben dort 89 Prozent der Teilnehmer für die Abspaltung von der Ukraine gestimmt, sagt der Chef der selbsternannten Wahlkommission von Donezk, Roman Ljagin. Die Wahlbeteiligung liege bei knapp 75 Prozent. Die Bewohner der jüngst proklamierten "Volksrepubliken" Donezk und Lugansk waren aufgerufen, über die Unabhängigkeit von Kiew abzustimmen. Noch höher soll die Zustimmung im Gebiet Lugansk sein, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax meldet. Fast 96 Prozent stimmten hier für eine Unabhängigkeit von Kiew, teilte demnach der Vizechef der selbsternannten Wahlkommission, Alexander Malychin, mit. Die Wahlbeteiligung habe bei 81 Prozent gelegen. Da es keine Wahlbeobachter gab, war eine unabhängige Bestätigung nicht möglich.

Gas nur noch gegen Vorkasse: Russland hat der nahezu bankrotten Ukraine ultimativ mit einem Stopp der Gaslieferungen vom 3. Juni an gedroht. "Falls keine Vorauszahlung eintrifft, dann wird die Ukraine im Juni auch null Kubikmeter Gas erhalten", sagt der Chef des Staatskonzerns Gazprom, Alexej Miller bei einem Treffen mit Ministerpräsident Dimitrij Medwedew. Russland werde an diesem Dienstag die Rechnung für Juni schicken. Stichtag sei der 3. Juni um 10.00 Uhr, sagt Miller der Agentur Interfax zufolge. Russland zufolge habe die Ukraine Schulden in Höhe von 3,508 Milliarden US-Dollar (2,55 Milliarden Euro) für Gaslieferungen und verlangt deshalb neuerdings Vorkasse.

EU verschärft Sanktionen: Als Reaktion auf die Ukraine-Krise und die Destabilisierung des Landes verhängt die Europäische Union neue Sanktionen gegen verantwortliche Personen und Unternehmen. Dies beschlossen die EU-Außenminister am Montag bei einem Treffen in Brüssel. Nach Angaben von EU-Diplomaten werden 13 weitere Verantwortliche mit Einreiseverboten und Kontosperren in der EU belegt sowie die Vermögen von zwei Unternehmen eingefroren, die von der Annexion der ukrainischen Krim durch Russland profitiert haben sollen. Bei den nun mit Sanktionen belegten Verantwortlichen handelt es sich mit einer Ausnahme um Ukrainer, wie Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn dem Deutschlandfunk sagte. Der Beschluss sei noch eine Reaktion auf die "Abtrennung und Annexion der Krim", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Bereits zuvor hatten auf der EU-Sanktionsliste die Namen von 48 Ukrainern und Russen gestanden. Die EU will den Ablauf der Präsidentenwahl in der Ukraine am 25. Mai genau beobachten, bevor sie über weitere Sanktionschritte gegen Russland entscheidet.

Kreml fordert Kiew auf, Ergebnisse umzusetzen: Nach dem umstrittenen Referendum in der Ostukraine sieht der Kreml die Führung in Kiew in der Pflicht. Moskau fordert die ukrainische Übergangsregierung auf, die Ergebnisse politisch umzusetzen. "Moskau achtet den Willen der Bevölkerung der Gebiete Donezk und Lugansk und geht davon aus, dass die praktische Umsetzung der Ergebnisse des Referendums auf zivilisiertem Wege erfolgt - ohne irgendwelche Gewalt, mittels eines Dialogs zwischen den Vertretern aus Kiew, Donezk und Lugansk", teilt der Kreml Nachrichtenagenturen zufolge mit. Präsident Wladimir Putin hatte vergangene Woche vergeblich eine Verschiebung erbeten. Bei der umstrittenen Befragung am Sonntag hatten sich die Menschen angeblich mehrheitlich für eine Eigenständigkeit der "Volksrepubliken" ausgesprochen.

Kiew meldet Gefechte in Slawjansk: In der ostukrainischen Stadt Slawjansk haben sich Regierungstruppen erneut Gefechte mit prorussischen Kräften geliefert. Die Separatisten hätten den Fernsehturm sowie Soldaten mit Granatwerfern beschossen, teilte Innenminister Arsen Awakow via Facebook mit. Es gebe keine Verletzten. Awakow warf den Kämpfern vor, sich in Wohnungen von Zivilisten zu verschanzen. Die russische Staatsagentur Ria Nowosti meldete, die Regierungseinheiten hätten Kontrollpunkte der Separatisten am Stadteingang angegriffen. Das Mobilfunknetz sei gestört. Die Stadt mit 125.000 Einwohnern wird weitestgehend von den Separatisten beherrscht und ist vom Militär umstellt, das mit einem "Anti-Terror-Einsatz" die Macht in der Region zurückgewinnen will.

OSZE bezeichnet Referendum als "nicht verfassungskonfrom": Der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter, stuft das umstrittene Abspaltungs-Referendum in Teilen der Ostukraine als rechtswidrig ein. "Das Referendum gehört zu jenen Aktionen, die die Dinge eher erschweren könnten", sagte er. "Es ist sehr wichtig, dass keine Provokationen mehr kommen." Die OSZE wird am Mittwoch den früheren deutschen Diplomaten Wolfgang Ischinger nach Kiew schicken, um an einem runden Tisch teilzunehmen. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte in Brüssel, das Referendum sei illegal und könne nicht ernst genommen werden. Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton erklärt, die Europäische Union erkenne die "angeblichen Referenden" nicht an. Die Organisatoren der Abstimmungen seien nicht demokratisch legitimiert, die Abhaltung der Befragungen widerspreche den Zielen der "gemeinsamen Genfer Erklärung" zur Deeskalation in der Ukraine. Auch die USA erkennen die Abstimmung nicht an.

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