Kinderkrippen der Bundeswehr:Die Küken-Offensive

Von der Leyen eröffnet erste Kinderkrippe der Bundeswehr

Verteidigungsministerin Von der Leyen eröffnet die erste Kinderkrippe der Truppe an der Münchner Bundeswehr-Uni in Neubiberg, im Bild neben Oberleutnant Patrick Schumitz (re.) und seinem Sohn Oskar (2.v.r.).

(Foto: dpa)

Auch Soldaten wünschen sich eine Familie - deshalb eröffnet Verteidigungsminsterin Ursula von der Leyen persönlich die erste Kinderkrippe der Bundeswehr in Neubiberg. Wenn es nach ihr geht, werden viele andere Standorte folgen.

Von Stefan Mühleisen

Schau mal, da oben, sagt die Verteidigungsministerin zu dem Mädchen. Luftballons steigen in den Himmel, doch das Kind hat sich wieder dem Journalisten-Pulk zugewandt. Es klickt und rattert aus gut zwei Dutzend Fotoapparaten. Ein Blitzlichtgewitter prasselt auf die fünf Kinder nieder, die zur Eröffnung der ersten Kinderkrippe der Bundeswehr jetzt einen Ringelreihen vor der Objektiv-Armada tanzen. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) blickt dennoch kurz den entschwebenden Luftballons hinterher. Nach oben - es gilt als sicher, dass von der Leyen für ihre Karriere diese Richtung im Sinn hat. Doch vielleicht sinniert die Ex-Familienministerin und siebenfache Mutter beim Blick in den Himmel auf dem Campus der Bundeswehr-Uni in Neubiberg auch über ihre hochfliegenden Pläne für die Truppe.

Die Vereinbarkeit von Familie und Armee - das soll nach ihrem Willen bald bei der Bundeswehr ebenso normal sein wie in anderen Betrieben auch. "Die Förderung von Krippenplätzen ist kein Nice-to-have-Thema, sondern ein Signal dafür, dass die Bundeswehr Eltern für die Erziehung ihrer Kinder den Rücken frei hält", sagt sie. Mit der Neuausrichtung der Streitkräfte zu einer Armee der Freiwilligen wird die Bundeswehr zum Arbeitgeber. Doch auch Berufssoldaten wollen eine Familie - allerdings gibt es bisher nur wenige Kinderbetreuungseinrichtungen in den Kasernen. Von der Leyen hat den Streitkräften deshalb eine Attraktivitätsoffensive verordnet, die sie im September in Gesetzesform gießen will. 22,7 Millionen Euro sind dafür im Verteidigungsetat reserviert. Das Primat liegt derzeit auf dem Erwerb von Belegungsrechten. Laut einer Ministeriumssprecherin muss der genaue Bedarf an den Standorten noch eruiert werden. "Die Eröffnung ist ein Signal, dass die Bundeswehr sich der Familien bewusst ist und diese stärken will", sagt von der Leyen bei der Pressekonferenz vor dem Neubau, der den Namen "Campus-Küken" trägt.

2,4 Millionen Euro für 36 Plätze

Ein Signal ist bereits ihr Auftritt mit Uni-Präsidentin Merith Niehuss: Da treten zwei Frauen als Macherinnen in einer Männerdomäne vor die Kameras und präsentieren selbstbewusst, wie sie die Bundeswehr familienfreundlich gestalten wollen. "Für mich ist das ein Symbol dafür, dass Frauen und Familie bei der Bundeswehr zunehmend Bedeutung erhalten werden", sagt Niehuss später in einem der Betreuungszimmer. Die Horde Journalisten ist der Ministerin in den hellen, lichtdurchfluteten Neubau gefolgt, sie trippeln über orangenfarbene Böden, vorbei an holzvertäfelten Wänden. Der 2,4 Millionen Euro teure Bau hält 36 Plätze für Kinder bis zu drei Jahren bereit und steht inmitten des 140 Hektar großen Uni-Geländes, auf dem - ebenso wie in der Schwesteruni in Hamburg - rund 3000 Studenten leben, die meisten sind Offiziersanwärter. Die Studienzeit ist ein Ruhepol im soldatischen Nomadenleben - beste Zeit, um eine Familie zu gründen. Gut zehn Prozent der Studenten haben zusammen etwa 250 Kinder.

Zwei von ihnen lassen sich von Ursula von der Leyen in einem Gruppenraum herzen; Logan, acht Monate, und Oskar, 24 Monate, zeigen ziemliches Zutrauen zur Ministerin - und erstaunlichen Gleichmut angesichts der emsigen Fotografen rings um sie herum. Allgemeines Gelächter, als Oskar mit einem empörten "Meins!" sein Bilderbuch zurückhaben will, das ihm von der Leyen aus der Hand genommen hat.

Wenn Einrichtungen eröffnen, steige der Bedarf rasant

Meins!, das wird wohl auch Logans Mutter, Leutnant Yvonne Serafin, innerlich ausgerufen haben, als sie einen Kita-Platz in der neuen Einrichtung bekam. "Das war für unsere Entlastung dringen nötig. Jetzt können wir wieder beruhigt unseren Dienst tun", sagt sie. Ihr Mann ist ebenfalls Soldat und lebt mit ihr auf dem Campus. Sie haben sich bei der Grundausbildung kennengelernt. Die 24-Jährige spricht davon, wie schwierig es für sie beide gewesen sei, das Studium, den Dienst und die Betreuung von Logan unter einen Hut zu bringen. Die blonde Frau rückt ihr Barett auf dem Kopf zurecht und artikuliert ihre Zukunftssorgen: In anderthalb Jahren wird sie fertig sein mit ihrem Studium, dann steht die Versetzung an. Logan wird dann wieder einen Krippenplatz brauchen. "Es wird schwierig, weil ich erst kurz vorher erfahre, wo ich hinkomme", sagt Serafin. "Massiv", so empfiehlt sie, sollte das Kita-Angebot innerhalb der Bundeswehr ausgebaut werden. Doch damit ist es nach Ansicht der jungen Frau nicht getan - auch Teilzeitmodelle in der Truppe hält sie für dringend geboten. "Wenn ich oder mein Mann auf einen Auslandseinsatz gehen, muss der andere ja irgendwie mit Logan zurechtkommen." Sie blickt hinüber zu von der Leyen, die geduldig mit Oskar das Bilderbuch durchblättert. "Vielleicht kommt's ja mit der Ministerin."

Die weiß zumindest, dass Krippenplätze heiß begehrt sind. Wenn Einrichtungen mal eröffnet seien, steige der Bedarf rasant, sagt sie. Präsidentin Niehuss sicherte sie "die volle Unterstützung" zu, wenn diese die "Campus-Küken" erweitern wolle - und dass dies "nicht wieder Jahre dauern" werde. Niehuss wird es mit Genugtuung registriert haben. Sie hatte bereits 2006, kurz nach ihrem Amtsantritt, einen Antrag für das Projekt gestellt. Schon jetzt weiß sie: Der Bedarf an Kita-Plätzen auf dem Uni-Gelände ist mehr als doppelt so hoch.

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