Neues Uni-Ranking der EU-Kommission:A wie sehr gut bis E wie schwach

Studium

Schaffen es die Professoren ihre Studenten zu fesseln? Im neuen Ranking der EU-Kommission spielt auch die Qualität der Lehre eine Rolle.

(Foto: Stephan Rumpf)

Um Platzierungen soll es nicht gehen: Die EU-Kommission hat ein neues System zur Bewertung von Hochschulen vorgestellt. Berücksichtigt wird jetzt auch guter Unterricht. Manche deutsche Uni dürfte das nicht freuen.

Von Johann Osel

Vom Prinzip her ähneln Hochschulrankings ein bisschen der Regenbogenpresse. Offiziell hält man sie oft für unseriös. Erscheint aber eine neue Rangliste, stürzen sich Wissenschaftler, Hochschulmanager und Studenten darauf, um den Erfolg oder Misserfolg der eigenen Einrichtung herauszulesen - so wie die Klatschgeschichte in der bunten Presse neugierige Leser findet, die das oft ungern zugeben. Rankings, manche mehr, manche weniger fundiert, erscheinen heute fast im Monatstakt. Die EU-Kommission will jetzt eine Schneise in diesen Ranglisten-Dschungel schlagen: durch ein eigenes Ranking, das besser sein soll als bisherige. Das laut Brüssel "bahnbrechende Konzept" wurde am Dienstag vorgestellt. Es zeigt, dass auch Wissenschaftsgrößen Schwächen haben und vermeintliche Underdogs Stärken.

Konkret geht es den Machern, zu denen das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh gehört, um eine breitere Palette an Kriterien. So will man nicht nur auf Forschung achten, sondern auch auf die Qualität der Lehre, die internationalen Ausrichtung der Hochschule oder ihre Verankerung in der Region sowie den Transfer von Wissen in Wirtschaft und Gesellschaft. "U-Multirank" nennt sich das Projekt, 850 Hochschulen aus 70 Ländern hat man analysiert, zwei Drittel davon aus Europa. Platzierungen gibt es nicht in dem Ranking, das eher den Namen Kompass verdient hätte.

"Damit sollen simple Rangfolgen vermieden werden, die zu irreführenden Vergleichen zwischen Einrichtungen unterschiedlicher Art führen können", heißt es. Auch würden Rankings oft "erhebliche Qualitätsunterschiede" innerhalb einer Hochschule überdecken. Die Beurteilung erfolgt von A wie sehr gut bis E wie schwach. Nutzer können Hochschulen vergleichen und sich mit ein paar Klicks ihre individuelle Rangliste zusammenstellen.

50 Prozent der Erstsemester kommen nicht ans Ziel

Ein paar Beispiele: Gemessen wurde die Erfolgsrate von Bachelorstudenten - was im Umkehrschluss die Abbrecherquoten darstellt. An der Technischen Universität München, in Forschungsrankings zuletzt unter den 100 besten Unis der Welt, kommen den Angaben zufolge fast 50 Prozent der Erstsemester nicht ans Ziel. Zwar ist der Anteil der Scheiternden in Ingenieursfächern stets hoch; doch andere Technik-Universitäten erzielen bessere Werte: hierzulande Dortmund (38 Prozent) oder Karlsruhe (33 Prozent); international die Technischen Unis im finnischen Lappeenranta (14 Prozent) oder im australischen Queensland (39 Prozent). Dagegen steht München in anderen Bereichen exzellent da: so bei den Drittmitteln - Geld aus Fördertöpfen und der Wirtschaft, über die staatliche Finanzierung hinaus.

Mittelgroße Unis, deren Forschungsmeriten überschaubar sind, können im U-Multirank etwa mit gutem Unterricht auf sich aufmerksam machen. Oder Fachhochschulen mit ihrer Rolle für die örtliche Wirtschaft: An der Hochschule Osnabrück ist die Hälfte der Master-Absolventen in der Region beschäftigt.

Zur Orientierung für angehende Studenten kann das Instrument hilfreich sein - zumal viele Hochschulen ihr Marketing in sozialen Netzwerken ausbauen, was flotte Bilder, aber selten Fakten bringt. Vom Dachverband European Student Union gab es am Dienstag Lob für das Projekt - weil die Lehre nicht vergessen wird. Aktuell sind aber nur fünf Fachbereiche einbezogen. Für zahlreiche Standorte liegen nicht alle Daten vor, 850 Hochschulen weltweit ist zudem eine noch überschaubare Zahl. Es ist ein Projekt, das wohl erst wachsen muss.

Hitzige Debatte über Vielfalt

"U-Multirank wird der Vielfalt der Hochschulen weitaus besser gerecht", sagt CHE-Geschäftsführer Frank Ziegele. Eben über diese Vielfalt wird in Deutschland derzeit hitzig debattiert. Es geht dabei ums Geld: 2017 läuft die Exzellenzinitiative von Bund und Ländern aus, durch den Wettbewerb flossen mehrere Milliarden an forschungsstarke Unis. Ein Nachfolger-Modell muss noch gefunden werden. Zudem will sich der Bund laut Koalitionsvertrag direkt an den Budgets der Hochschulen beteiligen, die eigentlich Ländersache sind. Wie und an wen diese Mittel fließen, ist aber offen.

Die Kernfrage: Was macht Leistung aus?

Die Regierungsberater vom Wissenschaftsrat haben daher kürzlich die Hochschullandschaft im Jahr 2025 konstruiert. Alle Standorte sollen Profile entwickeln, auch abseits der Forschung. "Wir tun uns in Deutschland schwer damit, Unterschiede zwischen den Hochschulen, die es unbestritten gibt, auch zu benennen. Dass viele Leute dabei sofort an besser oder schlechter denken, liegt auch an der einseitigen Fokussierung auf Forschung", sagte der Chef des Rates, Wolfgang Marquardt. So könnten "neue Leistungsdimensionen" - guter Unterricht für Studenten oder enge Kooperation mit der Industrie - gezielt gefördert werden.

Noch tun sich die Rektoren schwer mit der Vorstellung, zum Beispiel als eine "Unterrichtsuniversität" zu gelten. Das U-Multirank zeigt aber, auch in den weltweiten Resultaten: 90 Prozent der Hochschulen schneiden zumindest in einer Kategorie sehr gut ab - aber nur zwölf Prozent in der ganzen Breite.

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